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Ins Glas geschaut: Bacchus-Cuvée von Artur Steinmann im Test

80 Prozent Bacchus, 20 Prozent Sauvignon Blanc: Die Cuvée "New World" des Weinguts Artur Steinmann aus Sommerhausen. Wichtig: Der Bacchus dafür stammt aus Winterhausen! FOTO: THILO KNOTT

In der Rubrik „Ins Glas geschaut“ stellen Weinexperten, Weinliebhaber, Prominente ihren Wein der Woche vor. Heute gibt's: Weißweincuvée des Fränkischen Weinbaupräsidenten Artur Steinmann. Der "Mehrheitseigner" Bacchus kommt aus Winterhausen - und nicht aus Sommerhausen. Das ist wichtig!

von Thilo Knott

Der Wein: Weingut Artur Steinmann, New World Edition 21, trocken, Bacchus & Sauvignon Blanc, 11,5 % vol., Restsüße 3,4 g/Säure 6,1 g./Liter, 7.50 Euro ab Hof.

Der Grund: In Deutschland sind Weißweincuvées noch nahezu unbeachtet. Das liegt nicht daran, dass namhafte Qualitätsweingüter sich nicht um die Assemblage von zwei oder mehreren Rebsorten kümmern würden. Es gibt einfach auch keine große Tradition – anders als in Frankreich. Hier sind Cuvées geradezu markenbildend. Im Bordelaise mit seinen Cabernet-Merlot-Klassikern sowieso. Oder aber in der südlichen Rhône beispielsweise mit den berühmten Châteauneuf-du-Papes, die bis zu 13 unterschiedliche Rebsorten in der Flasche haben.

Die erste Weißweincuvée, von der ich begeistert war, kam von dem Pfälzer Matthias Gaul aus Grünstadt-Asselheim. Beim Arthur F. Burns Dinner im Deutsche Bank Forum in Berlin, einer Zusammenkunft der Alumnis des gleichnamigen Fellowships, werden immer ein Weißer aus Deutschland (meist Riesling, logisch) und ein Roter (meist Cabernet Sauvignon, logisch) ausgeschenkt. Einmal durfte Matthias Gaul aus Grünstadt für die deutsche Seite ran – es war für mich, es muss Ende der 00er Jahre gewesen sein, wirklich ein schöner Abend. Auch wegen seines „Pas de Deux“ (8,90 Euro ab Hof).

Das Kiwi-Monster ist das Logo dieser Cuvée. Die Zahlen, hier 14 und 21, stehen für Jahrgang und Edition der Weißweincuvée "New World". Das Etikett wird jedes Jahr von dem Berliner Graffiti-Künstler Gris gestaltet. 21 für Corona. FOTOS: WEINGTUT STEINMANN (2); THILO KNOTT (1)

Mit den Rebsorten Chardonnay und Weißburgunder ist gleichzeitig die gängige Zusammensetzung der deutschen Weißweincuvées beschrieben: Chardonnay und Weißburgunder. Die eine Rebsorte bringt Struktur, die andere eher Aromen, wenn man so will. In dieser Zusammensetzung ist zum Beispiel die Cuvée „Chardonnay & Weißburgunder“ vom Weingut Knipser, ebenfalls aus der Pfalz, für 10,80 Euro ein empfehlenswerter Vertreter. Wirklich toll ist die umgedrehte Variante „Weißer Burgunder & Chardonnay“ von Klaus-Peter Keller, dem Ausnahmewinzer aus Rheinhessen, die aber schon in Richtung 20 Euro marschiert.

Artur Steinmann und der Austritt der Franken aus dem Deutschen Weinbauverband: Das ganze Drama gibt's in WeinLetter #19! (Öffnet in neuem Fenster)

Es gibt also würdige Vertreter*innen des "Verschnitts". Doch spielen diese keine allzu große Rolle, sind manchmal Gag oder auch Versuchskaninchen. Lediglich acht Prozent an der Gesamtproduktion machen die Cuvées in Deutschland aus, hat die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) im vergangenen Jahr errechnet. Der Rotwein-Bereich liegt noch weit vor den weißen Cuvées, so die DLG-Einschätzung. Allein schon die Württemberg-Cuvée „Trollinger mit Lemberger“!

Winzer, Präsident des Fränkischen Weinbauverbands: Artur Steinmann aus Sommerhausen FOTO: WEINGUT STEINMANN

Also, Weißweincuvée testen! Und da ich mich gerade ohnehin mit dem Franken-"Rebellen" Artur Steinmann und der Spaltung der deutschen Weinbranche beschäftige: Wie schmeckt denn Wein von einem echten Verbandspräsidenten? Artur Steinmanns Portfolio umfasst, klar, ein voluminöses Silvaner-Programm. Doch er hat auch ein gehöriges Angebot an aromatischen Bukettrebsorten. Scheurebe, Bacchus, Traminer, Muskateller, Sauvignon Blanc. Es gibt sie allesamt straight. Doch eine Cuvée mit dem Namen „New World“ verbindet auf sehr eigene Weise gleich zwei Bukettrebsorten: Bacchus und Sauvignon Blanc. Ist das nicht der Aromen-Overkill? Wie kam es dazu? Das ist eine Frage von Sommerhausen und Winterhausen.

Artur Steinmanns Tochter Steffi hat in Geisenheim Internationale Weinwirtschaft studiert, schmeißt jetzt Vertrieb und alles Buchhalterische im Familien-Weingut. Sie war längere Zeit in Australien – und fand die Liebe zur Rebsorte Sauvignon Blanc. Aus Neuseeland. Das war ihr Wunsch: ein kleines Stück Neuseeland, also „New World“ nach Sommerhausen zu holen, dem Sitz des Steinmann-Weinguts. Doch das geht nicht ohne Winterhausen, gleich nebenan. Wieso das denn?´

Das Pastoriushaus ist der Sitz des Weinguts von Artur Steinmann. Es war die Geburtsstätte des ersten deutschen Amerika-Auswanderers Franz Daniel Pastorius. Es ging für ihn nach Philadelphia. Der Großvater Kalr Steinmann gründete 1916 das jetzige Weingut FOTO: WEINGUT STEINMANN

Sagen wir es so: Das klassische Aromenbild vom Bacchus sind weiße Blüten. Wenn er in Sommerhausen angebaut wird, sagt Artur Steinmann. Weiße Blüten und dann noch Sauvignon Blanc? Hm, einer Biene käme das vermutlich entgegen. „In Winterhausen haben wir aber ein ganz anderes Klima und ganz andere Böden“, sagt Steinmann. Hier sind die Lagen kühler, liegen mitunter im Osten, und die Rebstöcke wachsen in Lösslehmboden und nicht im Sandboden von Sommerhausen.

Trinkt man die Cuvée mit einem Anteil von 80 Prozent Winterhausen-Bacchus, geht das Geschmacksbild deshalb Richtung grüne Aromen. Die Cuvée schmeckt nach Apfel, nach Paprika. Hier liefert der Sauvignon Blanc lediglich wieder Gerüst und Struktur. Ich habe mich Bukettrebsorten erst in den vergangenen zwei Jahren gewidmet. Ich bin der Riesling- und Burgunder-Typ, trocken, große Salzigkeit. Das ändert sich gerade. Ein bisschen. Steinmanns „New World“-Cuvée ist für die 7,50 Euro und die Leichtigkeit (11,5 % vol.) ein formidabler Terrassenwein.

Großlage "Ölspiel" bei Sommerhausen: Hier wachsen die Reben für die Ortsweine und teilweise auch die Gutsweine der Steinmanns FOTO: WEINGUT STEINMANN

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