Ins Glas geschaut - heute: Die Weine der Weinkönigin Sina Erdrich im Test
Grauburgunder, Klingelberger (Riesling) und Spätburgunder der Durbacher Winzergenossenschaft FOTO: THILO KNOTT
In der Rubrik „Ins Glas geschaut“ stellen Weinexperten, Weinliebhaber, Prominente ihren Wein der Woche vor. Heute gibt's: Weine der Durbacher Winzergenossenschaft. Denn dort liefert die Familie der neuen Deutschen Weinkönigin Sina Erdrich ihre Trauben ab.
von Thilo Knott
Die drei Weine der Durbacher Winzergenossenschaft im Test:
Grauburgunder, Durbacher Kochberg, Kabinett trocken, 2020, 13,5 Vol. %, 7,40
Klingelberger (Riesling), Durbacher Plauelrein, Spätlese trocken, 2019, 12,5 Vol. %, 8,50 Euro.
Spätburgunder, Durbacher Kochberg, Spätlese trocken, 2018, 13,5 Vol. %, 9,90 Euro.
Der Grund: Sina Erdrich, die neue Deutsche Weinkönigin, stammt aus dem badischen Durbach (Ortenaukreis). Ich war in Neustadt an der Weinstraße als Jurymitglied bei ihrem Wahlsieg und all dem Drama dabei (Öffnet in neuem Fenster). Als ich zurück fuhr nach Berlin, dachte ich mir: Du musst Durbacher Weine testen! Und da Sina Erdrichs Eltern Nebenwerwerbswinzer*innen sind und an die Durbacher Winzergenossenschaft abliefern, bin ich schnurstracks ins Badische Weinhaus im Naumannpark gegangen – und habe mir drei Genossenschaftsweine gekauft. Zwei klassische badische Rebsorten, Grauburgunder und Spätburgunder, und Riesling, der wiederum für die Ortenau typisch ist. Die Ortenau ist eines von neun Anbaugebieten in Baden.
Durbach feiert mit: Sina Erdrich, Deutsche Weinkönigin, nach ihrem Sieg in Neustadt an der Weinstraße FOTO: DEUTSCHES WEININSTITUT
Also: Die Durbacher Winzergenossenschaft ist eine der besten in Deutschland (u. a. zwei Trauben im Gault & Millau). Genossenschaften sind in der Regel Produzent*innen von – ich nenne sie – Konsensweinen. Eingängig, populär, ohne Experimente. Das finde ich okay, weil hier Qualität und Betriebswirtschaft zwangsläufig ein anderes Verhältnis eingehen. Es sind schlicht andere Volumina, die hier berücksichtigt werden müssen. Die Durbacher bewirtschaften 330 Hektar, produzieren drei Millionen Flaschen, von den 241 Mitglieds-Familien sind 140 aktiv. Zu 80 Prozent als Vollerwerbswinzer*innen, zu 20 Prozent als Nebenerwerbswinzer*innen. Sie machen einen Umsatz von 12,5 Millionen Euro.
Stephan Danner ist Geschäftsführender Vorstand der Durbacher Winzergenossenschaft und hat im Prinzip drei Erklärungen für die Qualität seiner Weine. Der eine Grund ist das Geschäftsmodell: „Wir produzieren null für den Discounter und sind ansonsten breit aufgestellt.“ Er produziert zu einem Drittel für den Lebensmitteleinzelhandel (Edeka, Rewe, Kaufland), zu einem Drittel für den Fachhandel (z. B. Getränkemärkte), 10 Prozent gehen in die Gastronomie und der Rest ist freier Verkauf. Der zweite Grund ist das Qualitätsmanagement. Er sagt, der Vorstand, der Kellermeister und die Mitarbeiter*innen müssten sich darum gar nicht so sehr kümmern. Denn: „Die Winzer*innen leben den Qualitätsgedanken im Dorf, weil jeder nach dem anderen schaut – da gibt’s keine Ausreißer nach unten.“ Der dritte Grund: „Wir haben keine Großlagen“, sagt er. Heißt: Es gibt vier Einzellagen, die das Qualitätssegment und das entsprechende Marketing bestimmen: Das sind die Lagen Ölberg (6 Hektar), Steinberg (4 Hektar), Plauelrein (30 Hektar) und Kochberg (30 Hektar). Der Rest der Rebfläche wird als „Durbacher“ gekennzeichnet. Nur zum Vergleich: Die Kaiserstuhl-Großlage mit dem Namen Vulkanfelsen, der dann auch auf die Etiketten geschrieben wird, umfasst 4.300 Hektar.
"Null für den Discounter": Stephan Danner, Geschäftsführender Vorstand der Durbacher Genoss*innen FOTOS: DURBACHER WINZERGENOSSENSCHAFT
Aus diesen Durbacher Lagen sind auch die Weine, die ich mir aus dem Badischen Weinhaus in Berlin besorgt habe. Der Grauburgunder aus dem Kochberg (Kabinett), der Riesling aus der Lage Plauelrein (Spätlese), der Spätburgunder ebenfalls aus dem Kochberg (Spätlese). Alle drei trocken, obwohl die Durbacher auch im edelsüßen Bereich ein prämiertes Sortiment vorzuweisen haben. Alle drei sind sehr klassisch ausgebaut, sie weisen das typische Aromen-Rebsorten-Bild auf. Der Grauburgunder geht in Birnen-Richtung, der Riesling in Grapefruit-Richtung mit leicht herber Note, der Spätburgunder in Richtung Kirsche mit Dörrpflaumennote. Was mir fehlt, ist eine Spur mehr Mineralität, gerade beim Spätburgunder. Aber alle sind gute Essensbegleiter und, klar, sie haben ein hervorragendes Preis-Genuss-Verhältnis.
Es sind die Steillagen, aber auch die Arbeiten im Weinberg in den Durbacher Top-Lagen, die die Qualität dieser Genossenschaftsweine ausmachen und anheben. Stephan Danner erzählt, wie sie in diesen Top-Lagen den Abstand der Rebzeilen auf 1,80 bis zwei Meter vergrößert haben. „Da verlieren wir in einer Toplage wie dem Steinberg mal kurz 50 Prozent“, sagt er. Ertrag reduzieren, Qualität erhöhen. Aber nicht überall, darüber herrscht eben auch Konsens: „Das machen wir aber nur in den Highendlagen – sonst gäbe es ein Loch in der Kasse.“
Durbach im Ortenaukreis: 330 Hektar umfasst die Winzergenossenschaft FOTO: DURBACHER WINZERGENOSSENSCHAFT
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