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WeinLetter #51: Die Rückkehr des verlorenen Weinguts Karsten Peter 

Liebe Wein-Freund*in,

Du liest den WeinLetter #51. Heute: Die Rückkehr des Spitzenwinzers Karsten Peter in die Pfalz. Als hätte der WeinLetter eine besondere Ader auch für die Verwerfungen in der Weinbranche, gräbt er immer die Ich-wurde-bei-den-Eltern-nicht-glücklich-Winzer:innen aus. Zuletzt war das beim Aufsteiger-Weingut lichti & astroh (Opens in a new window) der Fall. Warum soll es in dieser Branche auch anders sein? Bei Karsten Peter ist es so: Nach dem Auszug aus der Pfalz hat er Top-Betriebe geführt - und zwar wieder zurück in die Erste Lage bzw. Liga. Gut Hermannsberg z. Bsp. Deutsche Top-Rieslinge. Auszeichnungen. Was hat er jetzt in Bad Dürkheim vor? Was ist der Plan? WeinLetter-Autor Philipp Bohn hat mit ihm gesprochen - über seine Philosophie, Weinbergs-Tauschgeschäfte und, igitt, PiWi +++ In der Rubrik "Ins Glas geschaut" testet er nicht einen von Karsten Peters Rieslingen - sondern den "Charme"-Spätburgunder +++ Empfehlt (und shared) diesen WeinLetter bitte weiter. Unterstützt den WeinLetter gerne auch finanziell und werdet aktives Mitglied Und: Du kannst den WeinLetter jetzt auch verschenken! (Opens in a new window) Aber vor allem:

Trinkt friedlich!

Euer Thilo

"Diese absolute Qualität und dieser eindeutige Lagencharakter": Karsten Peter im Keller seines Weinguts in Bad Dürkheim FOTO: INES JUNG

Der Pfälzer Comeback-König

Der Pfälzer Winzer Karsten Peter ist der Entwicklungshelfer der deutschen Winzerelite. Nachdem er das elterlichen Weingut verließ, hat er dümpelnde Traditionsbetriebe wieder auf höchstes Niveau gebracht - zuletzt das Gut Hermannsberg. Nun geht es zurück in die Heimat. Was ist der Plan? 

von Philipp Bohn

Es war ein Riesling, natürlich: Der Kallstädter Saumagen Auslese, Jahrgang 1991 vom Weingut Köhler-Ruprecht. Eine Legende wie sein Macher Bernd Philippi. Karsten Peter schwärmt heute von diesem Riesling, als wäre es sein Erweckungserlebnis. „Diese absolute Qualität und dieser eindeutige Lagencharakter wollte ich als Winzer auch. Aber auf die Strategie konnten mein Vater und ich uns nicht einigen“, sagt der Winzer.

Das Weingut der Eltern war das Castel Peter in Bad Dürkheim, Mittelhaardt. Die regionale Kundschaft wurde mit 30 Weinen aus 25 Rebsorten bedient. „Das war zu der Zeit üblich, aber ich hatte ganz andere Vorstellungen“, sagt Karsten Peter. „Zwei Dickköpfe sind aneinandergeraten und ich bin ausgestiegen.“ Auch die Eltern wollten raus und haben ihr Weingut verpachtet. 

Karsten Peter verlässt das Elternhaus, er geht auf Wanderschaft. Schäfer-Fröhlich, Schloss Westerhaus, Gut Hermannsberg – und kehrt doch wieder nach Hause. Jetzt macht er Bad Dürkheimer Weine unter eigenem Namen. Wie verlief diese Reise?

Der Start erfolgte 2005 an der Nahe, im VDP-Weingut Schäfer-Fröhlich in Bockenau. Tim Fröhlich ist bekannt für eine puristische Qualitätsbesessenheit in den steilsten Lagen und gehört so zu den Wegbereitern der Wiedergeburt der Region. Das ebenfalls im VDP organisierte Weingut Schloss Westerhaus – das größte Hofweingut in Rheinhessen – war die nächste Station für Karsten Peter. In der historischen Rotweinregion Ingelheim hatten Ivonne und Johannes von Schönburg das Gut gerade übernommen und brauchten einen Winzer für den qualitätsorientierten Relaunch. Wie überall hatte man auch in dieser Region jahrzehntlang auf Masse statt Klasse gesetzt. Nun also Handlese und Bio statt Vollernter.

Karsten Peter und der Wiederaufstieg von Gut Hermannsberg

Von dort ging es 2009 zurück an die Nahe zur bislang prominentesten und längsten Station: Karsten Peter steigt als Betriebsleiter bei Gut Hermannsberg in Niederhausen ein. Dort waren ebenfalls neue Eigentümer mit frischem Kapital und großen Ideen am Start, die für den Relaunch einen erfahrenen Betriebsleiter mit Ambitionen suchten. „Natürlich haben wir gerade am Anfang viel experimentiert und ausprobiert. Aber hier konnte ich mich auf allerhöchstem Niveau darauf konzentrieren, was mir wichtig sind: Qualität und Fokus. In diesem Fall 100 Prozent Riesling und 100 Prozent Große Lagen“, sagt Karsten Peter.

"Meine Frau Anne und ich mussten entscheiden, ob wir übernehmen": Die Familie von Karsten Peter im Weinberg FOTO: INES JUNG

Steillagen wie die Kupfergrube oder die namensgebende Monopollage Hermannsberg zählen zu den Top-Rieslinglagen weltweit. So steigt Gut Hermannsberg mit seinem Betriebsleiter zu einem der besten Riesling-Weingüter Deutschlands auf. Der Gault-Millau machte ihn zum Aufsteiger-Winzer des Jahres (2013), die Frankfurter Allgemeinen Zeitung zum Winzer des Jahres 2016 und Der Feinschmecker prämierte ihn im vergangenen Jahr für die „Kollektion des Jahres“.

Hermannsberger Sekt von den elterlichen Lagen in der Pfalz?

Und die Pfalz? Zuhause lief die Pacht weiter. Karsten Peter hat da immer auch hingeschielt von der Nahe aus. „Natürlich hatte ich das elterliche Castel Peter nie vergessen“, betont Karsten Peter. Erste konkrete Überlegungen eines Wiedereinstiegs gab es mit dem geplanten Einstieg von Gut Hermannsberg in die Sektproduktion. „Dazu wären die überwiegend flachen Lagen eines Zulieferbetriebs Castel Peter viel besser geeignet als die Steillagen an der Nahe.“ Aber die Pächter wollten nicht frühzeitig raus. „Dann haben wir den Gedanken wieder verworfen. Die Zeit war noch nicht reif für die Übernahme“, sagt Karsten Peter.

Karsten Peters Credo: Lage, Lage, Lage

2019 haben die Pächter entschieden, den Vertrag wie geplant 2021 auslaufen zu lassen. „Jetzt wurde es auf einmal ganz konkret. Meine Frau Anne und ich mussten entscheiden, ob wir übernehmen und unser eigenes Weingut aufbauen wollen“, sagt Karsten Peter. Comeback-Erfahrung auf Grundlage von Qualität und Fokus hatte er an der Nahe und in Rheinhessen ausgiebig gesammelt.

Mit Unterstützung der Familie war die Entscheidung schnell getroffen - für die Übernahme. Und für den ersten Wein unter eigenem Namen in der Pfälzer Heimat. Damit standen auch strategische Entscheidungen an: Welche Sorten? Welche Lagen? Welche Stilistik?

Die Auswahl der Sorten war so einfach wie persönlich: „Meine Frau und ich haben unseren Weinkühlschrank aufgemacht und geschaut, was wir am liebsten trinken. Eindeutig Riesling, Chardonnay und Spätburgunder.“ Also in der Pfalz heimische traditionelle Sorten und damit die beste Grundlage für die gewünschte regionale Typizität.

Karsten Peters Tauschgeschäft 

Etwas komplizierter war es mit den Lagen: „Wir haben ganz viel mit anderen Winzern getauscht, vor allem Flach- gegen Hanglagen. Flachlagen sind einfacher zu bewirtschaften. Aber die Hanglagen haben das richtige, kühlere Mikroklima für unsere Sorten und Qualitätsansprüche. Wer nur Trauben anbaut, erntet und abliefert, ist mit den pflegeleichten flachen Lagen viel besser bedient.“ Also gab es viele Tauschgeschäfte.

Hier schließt sich auch der Kreis zu Karsten Peters Erweckungserlebnis: Denn das junge Weingut sicherte sich eine Parzelle im Kallstädter Saumagen und baut dort aus dem Stand einen Riesling auf GG-Niveau an. Durch die kühlere Ostlage der Parzelle ist der Petersche Saumagen mineralisch, straff, salzig. Seine Typizität verbindet so das Beste vom Nahe-Wein und den kühleren Pfälzer Lagen.

Karsten Peter arbeitet mit dem Klimawandel

Riesling, Chardonnay und Spätburgunder sind als Rebsorten gesetzt. Aber was ist mit resistenten PiWi-Züchtungen, warum setzt er nur auf Klassiker? „Ich bin überzeugt, dass wir nur aus klassischen Rebsorten erstklassigen Wein herstellen können“, sagt Karsten Peter. „Nur sie haben das Potenzial und wir als Winzer jahrzehntelange Erfahrung.“

Lesen Sie hier das großes VDP-Interview zu Nachhaltigkeit in der Weinwelt (Opens in a new window)!

Trotzdem, was ist mit dem Klimawandel, den steigenden Temperaturen, dem Extremregen, der immer seltener und dann umso stärker fällt? „Das kompensieren wir durch unsere Lagen. Ich habe beim Tausch auf kühlere Hanglagen geachtet. Dort sind die Reben vor starker Sonneneinstrahlung und Extremtemperaturen auch mit dem Pfälzer Wald im Rücken auf natürliche Art gut geschützt“, sagt der Winzer.

Und wie geht’s weiter? „Wir sind jetzt perfekt aufgestellt. Ein Hektar kommt noch dazu, dann sind wir bei insgesamt sieben Hektar. Perfekt für unsere Qualitätsansprüche. Mehr Fläche und Volumen sind auch gar nicht möglich“, sagt Karsten Peter. Und war’s das dann mit Gut Hermannsberg? Nein, nein, sagt Karsten Peter: „Die Arbeit bei Gut Hermannsberg läuft parallel und mit denselben Ansprüchen weiter.“

Noch mehr Pfalz im WeinLetter?

1. Das Comeback der Scheureben-Chefin Stefanie Weegmüller-Scherr. (Opens in a new window)

2. Der Knipser-Mythos Blauer Spätburgunder. (Opens in a new window)

3. Das Pop-up-Weingut von Adriane Moll. (Opens in a new window)

4. Und in der Rubrik WeinLetter Classics: Alles über die Lage "Kirchenstück" und das Weingut Bürklin-Wolf. (Opens in a new window)

Ins Glas geschaut: Charmanter Spätburgunder vom kühlen Riesling-Macher Karsten Peter

Der "Charme" ist Karsten Peters Top-Spätburgunder FOTO: PHILIPP BOHN

In der Rubrik „Ins Glas geschaut“ stellen Weinexpert*innen und Weinliebhaber*innen ihren Wein der Woche vor. Heute: Philipp Bohn testet Spätburgunder - vom Riesling-Spezialisten Karsten Peter.

von Philipp Bohn 

Der Wein: Karsten Peter, Spätburgunder Charme, 2020, 12,5 % Vol., 22 Euro ab Hof.

Der Grund: Mit der Erfahrung von Karsten Peter und seiner Frau Anne, ihren erstklassigen Lagen mit höchsten Qualitätsansprüchen bin ich sicher, dass sich das Weingut rasch und dauerhaft an der Pfälzer Spitze etablieren wird. Es steht definitiv auf meiner persönlichen Watchlist für die nächsten Jahre. Sie produzieren: Riesling, Spätburgunder und Chardonnay.

Ich habe mich für Recherche und Genuss durch Weine aller drei Sorten probiert: Von der „Ancestral“-Basis über den Spätburgunder „Charme" bis zum Saumagen. Der besondere Riesling RDF „Reserve der Familie“ 2021 verdient mehr Reife.

Trotz meiner Vorliebe für Weißwein bin ich beim Probieren beim Spätburgunder Charme 2020 hängengeblieben. Der Rote bringt trotz seines jungen Alters eine erstaunliche, feine Reife und zügigen Trinkfluss mit. Er ist mit einem Geschmack von Cassis und roten Waldbeeren sehr fruchbetont, durch Ausbau in alten burgundischen Barriques auch luftig, vielschichtig und fein. Es ist ein Wein zum Liegenlassen - oder sofort Aufmachen.

Philipp Bohn ist Chief Marketing Officer beim globalen  Digitalisierungsspezialisten Atos in Deutschland. Er lebt mit Frau und zwei Kindern im Prenzlauer Berg. Seine Weinheimat  ist die Pfalz, sein Lieblingsort dort die Mußbacher Weinstube „Eselsburg". Für den WeinLetter hat Philipp bereits über die Nachhaltigkeitsstrategie des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) (Opens in a new window)  sowie die Zusammenarbeit des historischen Weinguts Eltz mit der Rheingauer Topwinzerin Eva Fricke (Opens in a new window) geschrieben. FOTO: THILO KNOTT

Bisher in der Rubrik "Ins Glas geschaut" 2022 erschienen: WeinLetter-Chef Thilo Knott testet die Scheureben von Stefanie Weegmüller-Scherr (Opens in a new window) +++ Thilo Knott testet Mutanten-Chadonnay vom Weingut Laquai aus dem Rheingau (Opens in a new window) +++ Rainer Schönfeld empfiehlt drei Weine zu Asia-Gerichten (Opens in a new window) +++ Franz Untersteller testet PiWi Cabernet Blanc vom Stuttgarter Wein-Projekt "Steiler Zucker" (Opens in a new window) +++  Thilo Knott testet Gamaret der neuen Vinissima-Chefin Stefanie Herbst (Opens in a new window) +++ Thilo Knott testet Newcomer-Spätburgunder für 50 Euro von Peter Wagner (Opens in a new window) +++ Philipp Bohn testet Eltz-Riesling, den es seit 1976 eigentlich nicht mehr gibt (Opens in a new window) +++ Andrej Marko testet die PiWi-Rebsorte Cabernet Blanc vom Weingut Hoflößnitz aus Radebeul (Opens in a new window) +++ Anja Zimmer testet Doctor Riesling vom Weingut Wwe. Dr. H. Thanisch - Erben Thanisch (Opens in a new window) +++ Die Test-Highlights aus 2021 liest du übrigens hier! (Opens in a new window)

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