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Ins Glas geschaut: Mutanten-Chardonnay gegen die extreme Hitze

0,5 von 24 Hektar: Chardonnay Rosa vom Weingut Laquai in Lorch, Rheingau FOTOS: THILO KNOTT/WENGUT LAQUAI

In der Rubrik „Ins Glas geschaut“ stellen Weinexpert*innen und Weinliebhaber*innen ihren Wein der Woche vor. Heute: Chardonnay. Aber die Mutation davon - Chardonnay Rosa vom Weingut Laquai.

von Thilo Knott

Der Wein: Weingut Laquai, Chardonnay Rosa, trocken, 12 % vol., Lorch, 11,50 Euro ab Hof.

Der Grund: Gilbert Laquai macht ein Rechenbeispiel, um zu verdeutlichen, wie ernst es ist mit dem Klimawandel und dem unablässigen Klimadruck in den Weinbergen. Die Jahre 2017 bis 2020 waren extrem trocken, sagt er, im Rheingau wie in den anderen Weinanbaugebieten. Nur 2021 lag bei den Niederschlagsmengen im Durchschnitt. „Aus den vergangenen fünf Jahren fehlt uns ein komplettes Jahr an Niederschlägen“, sagt er. Die Wasserdefizite im Unterboden seien ein „existentielles Thema“ für die Winzer*innen.

Wir wollten eigentlich über die besondere Form des Chardonnays reden, die das Weingut Laquai erzeugt. Und landeten bei den extremen klimatischen Bedingungen. Beides hängt miteinander zusammen. Gilbert Laquai führt das Weingut in Lorch mit seinem Bruder Gundolf und seinen Söhnen Henrik und André. Es geht um: Chardonnay Rosa.

Henrik, Gilbert, André, Gundolf Laquai FOTO: WEINGUT LAQUAI

Diese rotbeerige Pflanze ist eine natürliche Mutation des Chardonnays – vergleichbar mit der Sonderform des Roten Rieslings. Die Rebsorte hat eine sehr feste Beerenschale. Entsprechend lassen sich mehr Inhaltsstoffe und Mineralien im Gärprozess extrahieren. Dieser Chardonnay ist ein kraftvoller Chardonnay mit eher exotischen Aromen, eine angenehme Säurestruktur macht ihn nicht zu fett. Die 12 Volumenprozent Alkohol unterstützen die Eleganz.

Warum bauen sie also einen halben Hektar Chardonnay Rosa an? Und so kamen wir im Gespräch auch auf den Klimawandel. Grundsätzlich habe sich die Ernte von einst Oktober und November in den September vorverlegt. Auch die Zeitfenster der Ernte würden immer knapper. Vorher einfach zu ernten, um auf Nummer sicher zu gehen, funktioniert aber nicht: „Die Trauben müssen ausgereift sein“, sagt Gilbert Laquai. Für den Chardonnay Rosa kein Problem. „Der Chardonnay Rosa verträgt wegen der festen Beerenschalen extreme Hitze – und kann dadurch entspannt in die Reifung gehen.“

Chardonnay Rosa wurde 2020 überhaupt erst saatgutrechtlich zugelassen für die Herstellung von Qualitätsweinen. Zur Hitzeresistenz kommt noch hinzu, dass der „Rosa“ fäulnisfester ist als der „normale“ Chardonnay. Ist der Chardonnay Rosa wegen der Klimaverschiebung also eine echte Alternative – zum Beispiel zum Riesling? Ja, der Riesling steht vor dem Problem, dass er Säure verlieren werde, je trockener und heißer die Bedingungen in Deutschland werden. Gilbert Laquai sagt dann: „Wenn es wegen des Klimawandels keinen Riesling mehr gibt, dann haben wir ein anderes Problem - als dass es keinen Riesling mehr gibt.“

"Chardonnay Rosa verträgt extreme Hitze": Die Rheingau-Weinberge rund um Lorch FOTO: WEINGUT LAQUAI

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