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WeinLetter #38: Das große Rheingau-Wein-Special

Liebe Wein-Freund*in,

Du liest den WeinLetter #38. Heute gibt's: Das fulminanteste, ehrlichste  Rheingau-Special der Welt! Mit zwölf Weinen von elf Weingütern (eines musste dringend nachsitzen!), Best Buys, Best Buys unter 10 Euro - und zwei echten No Buys von großen Weingütern. Ja, ich schreibe von zwei echten Flops, obwohl ich das bisher immer vermieden habe. Was soll ich Dich mit Weinen quälen, die nicht schmecken? Eben. Hier habe ich mir selbst ein Bein gestellt. Ich arbeite seit 1. Mai in Wiesbaden bei der Schufa, es ist ein Ort, der näher am Weinanbau liegt als es Berlin, mein Heimatort, jemals tun könnte. Ich finde Regionalität ein absolutes Qualitätskriterium für die Ernährung respektive Kulinaristik. Also widme ich mich dieser Region und beschlossen, über die ersten zwölf Weine aus dem Rheingau zu schreiben, die ich seitdem getrunken habe. Es geht hier nicht um eine Rheingau-Bestenliste. In diesem Rheingau-Special kommt's in der Reihnfolge, wie ich's getrunken habe. Die beiden Flops erzählen übrigens strukturell etwas über zwei neue Entwicklungen in der Weinwirtschaft: die Orange/Natural-Bewegung und die entalkoholisierten Weinen. Die Bilanz ist aber sehr positiv: Es ist nicht das größte Weinanbaugebiet in Deutschland, aber ein großes Weinanbaugebiet. Genug der Regieanweisung: Lies und trink' es selbst!  +++ Empfehlt (und shared) diesen WeinLetter bitte weiter. Unterstützt den WeinLetter gerne auch finanziell und werdet aktives Mitglied! (Öffnet in neuem Fenster) Aber vor allem:

Trinkt friedlich!

Euer Thilo Knott

Hoch über Rüdesheim und den wunderschönen Weinbergen salutiert das Niederwalddenkmal: Es erinnert an die Einigung Deutschlands 1871. Nett. Besser: Hier gibt's echt guten Riesling! FOTO: DEUTSCHES WEININSTITUT

Das sind meine ersten zwölf Rheingau-Weine

Von Lorch über Rüdesheim nach Eltville - und dann zur Schufa nach Wiesbaden: Hier liegt der Rheingau - direkt in, ähem, freundschaftlicher Nachbarschaft zu Rheinhessen KARTE: DEUTSCHES WEININSTITUT

von Thilo Knott

Warning! Dies ist eine höchst persönliche Liste an Rheingauer Weingütern und Weinen. Es gilt das Prinzip: Die ersten zwölf Rheingauer Weine, die ich getrunken habe, seit ich in Wiesbaden arbeite. Warning! Es ist keine Bestenliste, keine Rangfolge, keine Hitparade. Doing! Mein Geschmack muss nicht Dein Geschmack sein. Also: Probiert es aus - und habt Spaß dabei! Und jetzt kommen die Weingüter. 

1. Weingut Kaufmann, Hattenheim

Das ist auf keinen Fall Käse, was Urban Kaufmann hier serviert FOTO: THILO KNOTT

Der Wein: Pinot Noir++, Barrique, 2020, 13,5 vol. %, 20 Euro ab Hof.

Nach Riesling, Riesling und Riesling ist Spätburgunder die Rebsorte, die im Rheingau am zweitmeisten angebaut wird. Genauer: Roundabout 80 Prozent Riesling, 12 Prozent  Spätburgunder. Das Weingut Kaufmann produziert eine Reihe sehr guter Spätburgunder. Der Pinot Noir++ reifte im Barrique, er wurde ohne Schönung und Filtration abgefüllt. Beim Barrique-Einsatz setzt sich mehr und mehr die Zurückhaltung durch gegen die Holz-Vanille-Geschmacks-Apologeten. Gott sei dank: Ich trinke ja auch keine Möbel. So unterstützt das Barrique fast ausschließlich die Reifung und verleiht den Spätburgundern ein zurückhaltendes Tannin-Gerüst allenfalls mit einer Würzigkeit, die die Fruchtnoten (Himbeere, Cassis) ergänzen. Das gelingt hier sehr gut.

Urban Kaufmann hat das Weingut 2013 gekauft, bis dahin hat der Schweizer in seiner Heimat eine Käserei betrieben. Schon 2017 hat er sein Weingut biodynamisch vom Demeter-Verband zertifizieren lassen. Er sagt: „Ich bin davon überzeugt, dass biodynamisch erzeugte Weine eine größere Komplexität am Gaumen bieten und mehr Trinkfreude bereiten.“ Der Pinot Noir++ aus der Premium-Lage Hattenheimer Hassel ist ein sehr gutes Beispiel für diese Überzeugung. Fazit: Best Buy!

2. Weingut Georg Breuer, Rüdesheim

Der macht einfach Spaß! FOTO: THILO KNOTT

Der Sekt: Riesling Brut, 2019, 12,5 Vol %, 15 Euro ab Hof.

Der erste Blubberer in meinen ersten Wochen im Rheingau war ein Riesling-Sekt von Theresa Breuer. Mir erschloss sich in den ersten Wochen recht schnell, dass das dritte Standbein der Weinerzeugung im Rheingau nicht eine dritte Rebsorte ist – nach Riesling und Spätburgunder –, sondern Cuvées in Form von erstklassigen Winzersekten. Hier im Rheingau hat sich das Handwerk des Sektmachens nicht nur mit hochdekorierten Spezialisten wie dem Wein- und Sektgut Barth in Hattenheim, der Sektmanufaktur Bardong in Geisenheim oder der Sektmanufaktur Schloss Vaux in Eltville am Rhein etabliert. Hier hat jede Winzer*in zwei bis fünf unterschiedliche Sekte im Portfolio.

Dieser hier von Theresa Breuer besteht zu 100 Prozent aus Riesling-Trauben, die aus verschiedenen Rüdesheimer Lagen stammen. Hier fließen Bodenbeschaffenheiten von Quarzit- und Schieferböden ein genauso wie lehmiger Kies. Zitrus, feine Säure, mineralisch – ohne großes Tamtam. Ein Spaßsekt, der die Kehle runterläuft wie das Wasser den Rhein, das ich bei der Verkostung in der Schiersteiner Bucht erblickte (keine Angst, Sprachkleriker, ich verwende dieses Bild mit dem Rhein nur einmal, versprochen!). Ich mag so eine Klarheit. Es sollte nicht mein letzter Rheingau-Sekt bleiben. Das Fazit: Buy!

Mehr lesen von Theresa Breuer? In WeinLetter #3 habe ich mit ihr über die Gründe für den großen Erfolg von Winzerinnen gesprochen! (Öffnet in neuem Fenster)

3. Weingut Leitz, Rüdesheim

Entalkoholisierter Wein? Eins, zwei, nicht meins! FOTO: THILO KNOTT

Der Wein: Eins Zwei Zero, 0 Vol %, trocken, 7,90 Euro ab Hof.

Warum schreibe ich über Weine, die ich nicht empfehle? Ich schreibe darüber, weil es hier um ein strukturelles Thema geht: Schmeckt entalkoholisierter Wein? Ich war gespannt auf dieses Exemplar des Weinguts Leitz. Immerhin stammt es aus einem der Rheingauer Top-Weingüter mit hohen Bewertungen in den einschlägigen Geschmacksorganen (Gault & Millau etc.). Aber ich bleibe dabei: Entalkoholisierter Wein hat es wirklich schwer. Vielleicht sind die Sekte mit der Kohlensäure hier schon weiter, weil sie die Frucht eher intensiviert. Jedenfalls: Handwerklich bin ich nicht überzeugt. Er geht in Richtung Rhabarbersaftschorle. 

Und ich überlege, ob ich einen Denkfehler mache: Muss man entalkoholisierte Weine immer an Wein messen – oder ist es schlicht ein eigenes Getränk? Muss diese Vergleichbarkeit immer der Anspruch sein? Die Bierbranche zumindest hat das sehr gut hinbekommen. Kommt das entalkoholisierte Weizenbier dem Original nahe? Ja, in fast allen Fällen! Bei entalkoholisierten Weinen komme ich gerne wieder – in drei bis fünf Jahren, mit mehr handwerklicher Erfahrung. Fazit: No Buy!

PS: Schickt oder empfehlt mir gerne sehr gute entalkoholisierte Weine - vielleicht lasse ich mich von euch früher als geplant überzeugen!

4. Weingut Laquai, Lorch

Die rosa Mutation im Glas FOTO: THILO KNOTT

Der Wein: Chardonnay Rosa, trocken, 12 Vol. %, 11,50 Euro ab Hof.

Chardonnay Rosa ist eine natürliche Mutation des Chardonnay – es sind rote Beeren, die hier verarbeitet werden, und einen tiefgelben bis roten Schimmer ins Glas zaubern. Ich habe den Chardonnay Rosa des Weinguts Laquai schon im WeinLetter #37 (Öffnet in neuem Fenster) vorgestellt. Nur so viel: Er ist wuchtiger als „normaler“ Chardonnay. Fazit: Buy!

Mehr zu deutschen Chardonnays - und warum sie No. 2 hinter Riesling werden können -, gibt's im WeinLetter #37! (Öffnet in neuem Fenster)

5. Weingut Allendorf, Oestrich-Winkel

Recht viel Rheingau im Großen Gewächs FOTO: THILO KNOTT

Der Wein: Riesling Jesuitengarten, Großes Gewächs, 2018, 12,5 % vol., 27,50 Euro ab Hof.

Spätburgunder, Sekt, alkoholfreier Wein, Chardonnay: Wie jetzt, immer noch kein Riesling? Das geht doch nicht im Rheingau! Ich ging schnurstracks in den Wiesbadener Karstadt. Im Untergeschoss gibt es eine erkleckliche Auswahl an Rheingau-Weingütern. Kloster Eberbach, Schloss Johannisberg, Spreitzer. Ich blickte auf das Große Gewächs des Weinguts Allendorf aus Oestrich-Winkel, das auch noch unter der 30-Euro-Grenze liegt. Mit 75 Hektar ist das Weingut von Ulrich Allendorf und Christine Schönleber nach eigenen Angaben „der größte familiengeführte Weinbaubetrieb im Rheingau“. Das finde ich spannend: Einerseits schon große Massen zu bewegen, andererseits in der Große-Gewächs-Liga mitspielen zu wollen.

Dieser Riesling des VDP-Weinguts stammt aus der Lage Jesuitengarten (nicht zu verwechseln mit dem Jesuitengarten bei Lorch in der Pfalz). Es ist tiefgründiger kalkhaltiger Lössboden, der hervorragend Wärme speichern kann. Die Lage gilt als eine der wärmsten im Rheingau. Das Große Gewächs wurde im Edelstahltank und im Holzfass ausgebaut. Er hat Anflüge von Petrol-und herben Noten. Er wirkt mit seinen vier Jahren fast noch ein wenig verschlossen – was für sein Potenzial spricht. Ich finde: Für ein Großes Gewächs bekommt man für den Preis schon recht viel Rheingau. Fazit: Buy!

6. Weingut Höhn, Wiesbaden

Barrique aus Wiesbaden FOTO: THILO KNOTT

Der Wein: Spätburgunder, Frauensteiner Herrenberg, trocken, Barrique, 2013, 12,50 Euro ab Hof.

Den Spätburgunder Jahrgang 2013 habe ich mit dem Allendorf-Riesling gleich mitgenommen. Er lag ein bisschen versteckt eher im Untergeschoss der Kaufhaus-Auslage. Mich hat dann doch der Jahrgang interessiert: 9 Jahre alt! Das wollte ich probieren. Und dann stand da Wiesbaden drauf. Die Familie Höhn - ein traditioneller, landwirtschaftlicher Betrieb - ist erst wieder 1979 ins Weinmachen eingestiegen. Die Wiesbadener Hauptflächen bewirtschaftet die Familie in Dotzheim, Schierstein - und im Falle dieses Spätburgunders liegt der Frauensteiner Herrnberg westlich des Wiesbadener Stadtteils Freudenberg. Der Phylittschiefer-Boden sorgt für eine ausgeprägte Mineralik, die Barrique-Fässer für eine kraftvolle Tanninstruktur. Er muss aber atmen, lange atmen, bis die leichte Holznote verflogen ist. Dunkle Beeren runden das Geschmacksbild ab. Fazit: Buy! 

7. Weingut Balthasar Ress, Eltville

Wo führt der Orange hin? FOTO: THILO KNOTT

Der Wein: Orange, Weißburgunder, Landwein, 12 % vol., trocken, 25 Euro ab Hof.

Ich arbeite in Wiesbaden, bin zwei Tage vor Ort. Weil es auch mal Feierabend gibt, gehe ich manchmal abends in die Mauergasse. Hier gibt es Wein-Concept-Stores, die die Kollektion des betreibenden Weinguts im Ausschank hat. Ein Prinzip, das ich bisher nicht kannte. In der Mauergasse gibt es diese Weinbars von Laquai - und von Balthasar Ress. Der erste Balthasar Ress, den ich getrunken habe, war der „Orange“. Es ist ein Orange Wine, steht ja drauf, der wie ein Rotwein auf der Maische vergoren wird. Ich finde die Orange- und Natural-Bewegung (Orange sind ja nur die Weißweine) aus zwei Gründen interessant – sie hat aber eine Fehlentwicklung. Der erste Grund: Im Idealfall bricht die radikale Naturüberlassung mit unserer Geschmacksvorstellung und zwingt einen in die Reflexion über populäre Geschmacksbilder und warum Innovationen häufig von den Rändern kommt. Der WeinLetter hat hier einmal den „Bergwerk“ des Österreichischen Weinguts von Georg Schmelzer vorgestelt – der schaffte es, Cabernet-Sauvignon ziemlich neu zu bearbeiten (Öffnet in neuem Fenster). Der zweite Grund ist: Durch die „Orange/Nature“-Richtung bekommen Rebsorten eine neue Verwendung, die mittlerweile eher verpönt sind. Dies gilt zum Beispiel für Lambrusco in Italien, dies gilt hierzulande für Müller-Thurgau.

Die Fehlentwicklung: Es gibt halt auch Marketing-Weine, die einen Trend abbilden, bei denen man sich aber fragt: Wohin soll das führen? Der „Orange“ von Balthasar Ress ist für mich so ein Wein, der geschmacklich schlicht eine Art Cidre ist (Nase: ein Hauch von Berentzen Apfel) – aber 25 Euro kostet. Ich habe mir nochmal eine Flasche gekauft, pur getrunken, auch als Gespritzten. Kam nix. Selten hat man von einem Weißburgunder so wenig übriggelassen. Das Fazit: No Buy!

8. Weingut Balthasar Ress, Eltville

RESSpekt, Digger, der ist fast so dick wie Likör, Digger! FOTO: THILO KNOTT

Der Wein: RESSpekt, Riesling, 2019, 12,5 Vol. %, trocken, 65 Euro ab Hof.

PS: Ich habe das Weingut quasi nochmal zum Nachsitzen geschickt! Versöhnt hat mich bei Balthasar Ress etwas später in meiner Versuchsreihe „Die ersten zwölf Rheingau-Weine…“ der: „RESSpekt“ - ein Natural. Es ist eine Riesling-Cuvée: Hier wurden beste Trauben aus verschiedenen Top-Lagen zusammengeschmiedet. Ein Prinzip, das leider in Deutschland viel zu selten praktiziert wird. Er ist naturvergoren, ungefiltert und ungeschönt. Dieser Riesling vereint Steinobst, reife Noten, er hat Länge. Er hat einen Schmelz oder Viskosität fast wie ein Likör, weil die Säure kaum merkbar ist. Das ist dann die Irritation, die ein naturnaher Wein eben im besten Sinne auslösen kann. Der Preis? Gut. Ich würde ihn nicht mit meinem Favoriten im Keller, dem Riesling GC Gaisböhl von Bürklin-Wolf eintauschen, der auch 65 Euro die Flasche kostet. Aber sie sind nur im Preis vergleichbar, sie prägt eine andere Stilistik. Deshalb: immer ausprobieren! Fazit: Buy!

9. Weingut Oetinger, Eltville-Erbach

Konkurrenz für den "Feldmarschall"? Jedenfalls ein sehr guter Müller-Thurgau FOTO: THILO KNOTT

Der Wein: Jott Alte Reben, Müller-Thurgau, 12,5 % vol., 17 Euro (in Online-Shops).

Beim Müller-Thurgau ist es wirklich schwierig für deutsche Erzeuger. Es gibt für mich eine Benchmark für diese Rebsorte – das ist der „Feldmarschall von Fenner“ vom Weingut Tiefenbrunner in Entiklar, Südtirol. Und daran muss sich für mich jeder Müller-Thurgau messen lassen. Sorry, manchmal bin ich ein Minimalist, um nicht Dickkopf sagen zu müssen. Hoch droben, quasi über Bozen, auf 1.000 Metern über dem Meeresspiegel, gedeihen die Rebstöcke für den „Feldmarschall“. Ich war dort. Es herrscht ein phänomenales Klima, das ihm eine einzigartige Mineralität beschert, die auch dann noch sehr lange gegeben ist, wenn er reift. Diesen in eine Riesling-Verkostung zu schmuggeln, macht einen großen Spaß.

Jetzt aber zum Weingut Oetinger aus Eltville am Rhein. Nein, der Müller von Achim von Oetinger kommt nicht ran an den „Feldmarschall“. Das kann ja gar nicht sein. Aber er ist so gut, so fein, mineralisch, mit grünen Früchten wie Stachelbeere, kräuterig. Der spielt um die deutsche Müller-Thurgau-Meisterschaft! Da darf der „Feldmarschall“ ja nicht mitspielen. Fazit: Best Buy!

10. J. B. Becker, Walluf

Spärburgunder-Legende aus dem Rheingau - hier als Kabinett FOTO: THILO KNOTT

Der Wein: Spätburgunder, Kabinett, 2014, trocken, 19 Euro ab Hof.

Der Assmannshäuser Höllenberg ist immer noch so etwas wie die Top-Lage für Spätburgunder im Rheingau. Die steilen Schieferwände sind ideal für hochwertige Pinots. Die Domäne Assmannshausen zum Beispiel ist hier ansässig, sie ist so etwas wie die Rotweinabteilung des staatlichen Klosters Eberbach. Das Weingut August Kessler ist der Inbegriff für Pinot-Qualität. Hier in Assmannshausen wird, so die Überlieferung, seit 1507 Spätburgunder angebaut. Doch auch links und rechts entlang des Rheins wird mehr und mehr Spätburgunder angebaut. In Walluf kurz vor Wiesbaden zum Beispiel.

Jean Baptist Becker gründete 1893 das Weingut J. B. Becker mit dem roten Walluf-Wappen auf dem Etikett. Er pflanzte in den besten Wallufer Lagen (Walkenberg) überwiegend Riesling und Spätburgunder. Johann Josef Becker betreibt es gerade und entwickelte es entscheidend weiter, indem er auf biologischen Anbau und Verarbeitung umstieg. Der Spätburgunder Kabinett ist der Einsteiger, den ich mir besorgt habe. Der aktuell angebotene Jahrgang ist der 2014er. Und er ist richtig gut. Er hat ein spannungsvolles Tannin- und Säuregerüst, er wirkt aber noch unglaublich frisch. Er hat eine Würzigkeit fast wie ein Syrah – und dann ist da ein Hauch Rosen in der Nase, der erst völlig irritiert, aber harmoniert. Die Becker-Pinots sind wirklich ein – mein Fazit: Best Buy!

11. Weingut Meine Freiheit, Oestrich-Winkel

Es gibt ganz wenig Pinot Meunier im Rheingau: Für diesen Brut Nature muss sich das ändern! FOTO: THILO KNOTT

Der Sekt: Brut Nature, 50 % Chardonnay/50 % Pinot Meunier, 2013, 12,5 Vol. %, 23 Euro ab Hof.

Das ist wirklich bester Champagner. Nee, schon klar. Champagner ist ein geschützter Herkunftsbegriff – alles rund um die Champagne heißt gefälligst anders. Aber die handwerklichen Herangehensweisen haben sich dem Vorbild doch angeglichen. Wie auch die Rebsorten. Bei diesem Brut Nature aus dem jungen, von Ex-Investmentbanker Sascha Magsamen finanzierten Weingut Meine Freiheit sind es 50 % Chardonnay und 50 % Pinot Meunier. 72 Monate auf der Hefe, 2020 degorgiert, null Dosage, mit 0,8 % Restzucker knochentrocken. Der Brut Nature von Kellermeisterin Sabrina Schach hat eine Stoffigkeit, geschmacklich intensiv bei warmen Brioches, gelbes Steinobst, Würzigkeit. Mehr! Das einzige Problem: Er ist ausverkauft. Es gibt derzeit Chardonnay-Sekt only und Pinot-Meunier-Sekt only – aber nicht mehr zusammen. Das Fazit: Best Buy – wer ihn in einigen Weinläden noch findet (Gerne PN!)!

12. Weingut Speicher-Schuth, Kiedrich

Aus dieser Sandgrube solltest Du trinken! FOTO: THILO KNOTT

Der Wein: Riesling, Kiedricher Sandgrub, trocken, 12 % vol., 7 Euro ab Hof.

Das ist wirklich ein Schnapper zum Abschluss. Ich mag ja Einstiegsweine, seien es die Literflaschen, seien es die Gutsweine. Hier lässt sich ein ganzes Weingut lesen. Es ist das Spaghetti Aglio e Olio der Winzer*innen. Wer das kann, kann auch mehr. Dieser Riesling von Ralf Schuth für gerade mal 7 Euro wächst in der Kiedricher Sandgrub. Diese Weinlage ist mehr als 120 Hektar groß, 44 Hektar davon sind bestockt. Hier wurde ursprünglich Sand abgebaut. Es ist ein Löss-Lehm-Kiesel-Sand-Boden. Und verursacht eine schmelzige Länge, die in dem Preissegment eher selten ist. Klar, er hat Säure, aber diese ist hervorragend eingebunden. Geschmacklich ist er bei Zitrone und Honigmelone. Es ist das beste Preis-Genuss-Verhältnis, das ich unter meinen ersten 12 Rheingau-Weinen und -Sekten entdeckt habe. Das Fazit deshalb: Best Buy unter 10 Euro!

Lies auch: 15 Anbaugebiete, 15 Weingüter: Die große-WeinLetter-Riesling-Tour durch Deutschland! (Öffnet in neuem Fenster)

Die Weinberge bei Eltville: Hier residieren die Weingüter Oetinger oder Balthasar-Ress FOTO: DEUTSCHES WEININSTITUT

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