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Mein Wein 2022: Spätburgunder "Henkenberg" von Peter Wagner

Es ist ein "Ins Glas geschaut"-Special zum Jahresende: Was war mein Wein des Jahres 2022? Es ist der Spätburgunder "Henkenberg" von Peter Wagner. Denn er beantwortet die entscheidende Zukunftsfrage.

Henkenberg Oberrotweil 2019 und Alte Reben 2019: Hier stehen die Top-Spätburgunder von Peter Wagner auf dem Tresen des Wine Damager FOTO: THILO KNOTT

von Thilo Knott 

Der Wein: Weingut Peter Wagner, Spätburgunder Oberrotweil Henkenberg, 2019, trocken, Baden, 13% vol., 50 Euro ab Hof.

Der Grund: Ich habe diesen Spätburgunder schon früh in diesem Jahr im WeinLetter besprochen. Der Wine Damager in der Brunnenstraße, Berlin, hat mir den Tipp gegeben. Der Rapper Tony D von Aggro Berlin hat hier einen Pop-up-Wein-Store eröffnet. Dieser Spätburgunder hat mich über das Jahr hinweg beschäftigt. Ich habe ihn mehrfahr verkostet. Er stammt vom Weingut Peter Wagner aus Oberrotweil (Opens in a new window). Die Lage ist der „Henkenberg“, es ist die für den Kaiserstuhl typische Terrassen-Lage. Warum beschäftigt?

Ich wusste schon damals, dass kaum ein Spätburgunder wird heranreichen können in diesem Jahr. Obwohl noch so jung, bringt er so viel mit – an Handwerk, Philosophie, Trinkgenuss. Jetzt, am Jahresende, küre ich ihn zu meinem Wein des Jahres. Ich kann das in fünf Punkten benennen. Punkt 1 ist wichtig für den Genuss. Punkt 5 ist wichtig für die Zukunft.

1. Der Geschmack von Peter Wagners "Henkenberg" 

Sauerkirsche, Kräuter, leichte, angenehme Bitternote, null Holztöne. Trotz seiner Jugend ist er überhaupt nicht verschlossen. Knochentrocken ist er, denn kein Wein von Peter Wagner - weder Rot noch Weiß - hat Restzucker von mehr als 1,0 g/l. Die Säure macht ihn extrem elegant, er ist unglaublich salzig mit langem Abgang. Ich habe auch zum ersten Mal richtig verstanden, was Umami im Geschmack bedeutet. Er hat eine Fleischigkeit, die mit der Finesse das Geschmacksbild unglaublich erweitert.

2. Das Selbstbewusstsein von Peter Wagners "Henkenberg"

50 Euro für den "Henkenberg" verlangt Peter Wagner (der „Henkenberg“ des etablierten Salway lag dieses Jahr bei 30 Euro). Das finde ich sehr gut. Und absolut gerechtfertigt. Es sagt aus: Dieses Produkt ist die Benchmark.

Peter Wagner bei der Arbeit im Weinberg FOTO: WEINGUT PETER WAGNER

3. Die Geduld von Peter Wagner

Als Peter Wagner das elterliche Weingut in 6. Generation übernommen hat, war er zunächst vertraglich komplett an die Genossenschaft gebunden – die Eltern hatten die Trauben noch abgeliefert. Sukzessive entfesselte er sich, Hektar um Hektar, um diesen Change zwischen gesichertem Einkommen und klarer Innovation auszubalancieren. Diese Slow-Hand-Transformation ist mutig, nicht das hasardierende.

4. Die Verwissenschaftlichung des Weinmachens

Peter Wagner war lange Jahre Kellermeister bei Ex-DFB-Präsident Fritz Keller im Weingut Franz Keller (Opens in a new window). Sie hatten eine klare Oechsle-Vorstellung, die Aromen und Säure in Einklang bringen. Wenn ein Zulieferbetrieb seine Grauburgunder-Trauben nicht zwischen 88 und 92 Oechsle ablieferte, dem wurde der Ertrag gekürzt. Dieses methodische Vorgehen führt zu einem eigenem, sehr konsequentem Qualitätsbegriff und sehr geradlinigem Stilbild.

5. Die Zukunftsfrage und die Antwort "Henkenberg"

Welche Rebsorten pflege ich? Welche Böden finde ich vor? Mit welchen klimatischen Bedingungen muss ich auskommen - jetzt und in der Zukunft? Wenn ich drei Antworten auf diese drei Fragen finde, dann ergibt das den Dreiklang der Zukunft. Peter Wagner hat einen klassischen badischen Rebsortenspiegel. Konzentriert auf Spätburgunder, Chardonnay und Grauburgunder (plus bissele Müller-Thurgu). Er findet Vulkanfelsgestein mit sehr guter Wasserhaltekraft vor und eine Löss-Bodenschicht obenauf. Die klimatischen Bedingungen für diese südwestliche Kaiserstuhllage? Viel Sonne, keinerlei Abschattung der Rebstöcke. Der Klimawandel bringt Druck auf den Berg.

Peter Wagner hat seine Antwort auf die drei Fragen gefunden. Er erntet früher als alle anderen in der Gegend. Der Henkenberg-Spätburgunder hat zarte 13 Volumenprozent Alkohol. Würde er die Trauben voll ausreifen lassen, hätte er ein Geschmacksbild, das er mit „Pflaume“ beschreibt. So aber ist der Henkenberg wahnsinnig mineralisch und elegant durch die verbliebene Säure – aber ohne die Kraft des Bodens zu verlieren und damit die Aromatik. Ich glaube, der „Henkenberg“ ist zumindest mal eine Antwort auf die entscheidende Zukunftsfrage.

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