Mist!?
Hallo.
Das ist die zwölfte Ausgabe von „Newsgierig“, dem Newsletter zur Arbeit von Journalistinnen und Journalisten (kurz: Journos). In kleinen Häppchen bekommst Du bis Ende August 2024 direkten Einblick in die Welt der Medien.
➡️ Das heißt, wir sind auf den letzten Metern. Was möchtest Du noch zur Arbeit von Journos wissen? Antworte mir auf diese E-Mail.
Die Frage heute lautet: Was tun, wenn Journos 💩 gebaut haben?
Es muss nicht gleich so ein Medienskandal sein wie zum Beispiel Ende 2018 um Claas Relotius (Öffnet in neuem Fenster), der große Teile seiner vielen Reportagen frei erfunden hatte (offenbar aufgrund gesundheitlicher Probleme (Öffnet in neuem Fenster)). Aufgedeckt hat das übrigens sein Kollege Juan Moreno. Es geht auch eine Nummer kleiner: Journos, die bei ein, zwei Fernsehbeiträgen gepfuscht oder bei der Recherche (Öffnet in neuem Fenster) die Gegenseite außer Acht gelassen haben.
Inzwischen bist Du ja ziemlich gut informiert, was Journos dürfen und was nicht. Wenn Du also den Verdacht hast, dass in der Berichterstattung geschlampt worden ist, dann ist es sinnvoll, zunächst nach dem Ausmaß der Mängel zu schauen.
Folgende Fragen können Dir dabei helfen: Hat der Autor etwas zu stark verallgemeinert? Eine wichtige Information unterschlagen – nämlich welche? Sind es Rechtschreibfehler? Hat die Reporterin nicht kritisch genug nachgefragt? Erschien sie Dir voreingenommen und wieso? Warum ist das eine irreführende Zahl? Ist der Name eines Interviewpartners falsch ausgesprochen worden? Drückt die Moderatorin sich zu umständlich aus?
Journos machen solche Fehler, aus Zeitdruck (Öffnet in neuem Fenster), wegen schlechter Ausbildung (Öffnet in neuem Fenster)… Auch gestandene Journos (Öffnet in neuem Fenster)verwechseln manchmal Information und Werturteil. Und das ist schlimm, weil es ja ihre Aufgaben (Öffnet in neuem Fenster) sind, verlässlich zu informieren und zu prüfen.
Super (Achtung, Meinung (Öffnet in neuem Fenster)!) ist natürlich, wenn ihnen selbst auffällt, dass etwas schiefgegangen ist. Du kannst das bei Online-Magazinen daran erkennen, dass unter dem Beitrag so etwas steht wie: „In einer vorherigen Fassung stand….; das haben wir korrigiert“.
Da Menschen (auch in anderen Berufen) Fehler machen und es nicht immer sofort kapieren, ist es wichtig, dass sie Rückmeldung bekommen: Begründete Kritik im besten Fall.
Entscheidend ist außerdem die Schwere des Fehlers. Wenn Du einen grammatikalischen Schnitzer entdeckst, kannst Du die Journos darauf aufmerksam machen. Vermutlich hast Du dafür keine Zeit übrig, aber in der Theorie ginge es. Wenn Du jedoch einen Verstoß gegen journalistische Grundsätze (wie zum Beispiel einen Recherche-Mangel (Öffnet in neuem Fenster) oder das Verschweigen von Hintergründen (Öffnet in neuem Fenster)) entdeckst, dann bitte-bitte sage was! Rufe in der Redaktion an oder schreibe eine Mail, damit so etwas möglichst nicht noch einmal passiert.
Darüber hinaus kannst Du (ja, Du! (Öffnet in neuem Fenster)) Dich
bei den Rundfunkräten (Öffnet in neuem Fenster) der ARD,
beim Fernsehrat (Öffnet in neuem Fenster) des ZDF,
bei den Landesmedienanstalten (Öffnet in neuem Fenster), wenn es um den privaten Rundfunk (Öffnet in neuem Fenster) (also das Gegenteil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Öffnet in neuem Fenster)) und seine Online- und Social-Media-Angeboten geht,
beschweren. Die zuständige Medienanstalt Berlin Brandenburg prüft zum Beispiel mehrere Beschwerden gegen das Nachrichtenportal „Nius“ (Öffnet in neuem Fenster) wegen Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht.
Und was soll das bringen?
Folgen einer erfolgreichen Beschwerde können sein, dass ein Beitrag widerrufen oder gesperrt (Öffnet in neuem Fenster) werden muss. Dass kritisch über den Fall und das Medium berichtet wird. (Öffnet in neuem Fenster) Dass Journos von Verlagen abgemahnt oder vor Gericht zur Rechenschaft gezogen werden.
❗Falls Du persönlich betroffen und eine falsche Information (also das Gegenteil von Meinung (Öffnet in neuem Fenster)) über Dich gestreut sein sollte, kannst Du eine Gegendarstellung (Öffnet in neuem Fenster) von dem Medium verlangen — auch mit anwaltlicher Unterstützung. Solltest Du wenig Geld haben, kommt Beratungshilfe (Öffnet in neuem Fenster) in Betracht. Unter Umständen könnt Ihr gemeinsam Schadenersatz (Öffnet in neuem Fenster) erkämpfen.
Aber so weit muss es gar nicht kommen.
Wenn ein Gespräch zwischen Journos und Dir für Dich unangenehm verläuft, hast Du die Möglichkeit, direkt anzusprechen, dass Du Dich zum Beispiel verhört oder nicht ernstgenommen fühlst.
Wenn Dir im Nachgang eines Treffens auffällt, dass etwas missverständlich sein könnte, melde Dich nochmal bei den Journos.
Wenn Dich Journos anrufen oder Du Dich an Journos wenden willst, klopfe einmal ab, wie seriös sie sind. Du kennst jetzt ja viele Rechte und Pflichten (Öffnet in neuem Fenster). Wenn die Redaktion nachvollziehbar erklärt, wie sie vorgehen will, bist Du höchstwahrscheinlich auf der sicheren Seite.
Es gibt noch zwei besondere Fälle.
Du hast Angst, nach dem Gespräch mit Journos Deinen Job zu verlieren.
Abgesehen davon, dass professionell arbeitende Journos Dich davor schützen (Öffnet in neuem Fenster), kannst Du selbst vorsorgen. Hier (Öffnet in neuem Fenster) gibt es eine ausführliche Anleitung.
Du hast einmal schlechte Erfahrungen mit Journos gemacht und sagst: Nee, nie wieder.
Wenn Du als Kind häufig Abwertendes gehört hast, ist das noch lange nicht wahr oder gar allgemeingültig. Nicht jedes Erlebnis ist auf jede Situation übertragbar. Gib Journos eine zweite Chance. Sie können Dir eine Menge abnehmen.
Noch Fragen? Melde Dich!
Bis nächste Woche!
Viele Grüße von Insa
Wer hier schreibt?
Ich bin Insa van den Berg (Öffnet in neuem Fenster).
Journalistin, Seminarleiterin, Moderatorin, Sachbuch-Autorin.
Neugierig, stur, streng, aber zumeist freundlich im Ton.
Ich arbeite seit mehr als 20 Jahren für verschiedene Medien und Medienkanäle, bin bei Zeitungen groß geworden, schreibe für Online-Magazine. Ich kenne eine Menge schwarzer Schafe in diesem Beruf und etliche brillante Kolleginnen und Kollegen.