Ins Glas geschaut: Ulrich Mell testet die Scheurebe vom Weingut Weegmüller
Star in einer beeindruckenden Weißwein-Kollektion: Weingut Weegmüller, Scheurebe, trocken, 2020, 12,5 Vol. %, 9 Euro ab Hof. FOTO: WEINLETTER
In der Rubrik „Ins Glas geschaut“ geht es heute um die Scheurebe von Stefanie Weegmüller-Scherr. Sie hat ihren Betrieb zum 1. Juli verkauft. Ulrich Mell, Geschäftsführer des Pfälzer Spitzenweinguts Bassermann-Jordan, testet die große Leistung seiner langjährigen Weinbegleiterin.
von Ulrich Mell
Der Wein: Weingut Weegmüller, Scheurebe, trocken, 2020, 12,5 Vol. %, 9 Euro ab Hof.
Der Grund: Steffi Weegmüller habe ich 1980 das erste Mal flüchtig kennengelernt, als sie die Weinbauschule in Weinsberg besuchte und zur Weintechnikerin ausgebildet wurde - damals als einzige Frau. Richtig kennengelernt haben wir uns dann später, als ich in der Pfalz meine beruflichen Wanderjahre begann. Sie war bodenständig, ausgestattet mit einem Willen und einer Zielstrebigkeit, um in dieser bis dahin von Männern dominierten Weinwelt zu bestehen.
Sie ist eine der ersten Frauen, die bis heute immer eigenständig ihre Weine im tiefen historischen Weinkeller vinifiziert hat, ohne Wenn und Aber! Ihr Wissen um den Wein, das Rüstzeug und ein Sprungbrett in die Weinszene hat sie an mehr als 50 Auszubildende weitergegeben (Hälfte Frauen, Hälfte Männer). Aber nicht nur das: Sie war und ist für die junge Generation stets ein Haus der Offenheit und Gastfreundschaft.
Das vorneweg, bevor wir zu ihrer Scheurebe kommen.
Die Scheurebe ist Steffis Antwort auf Sauvignon Blanc - und das schon seit zig Jahren. Anderswo ist die Scheu verschwunden oder wurde ausgetauscht. Im Weingut Weegmüller wurde sie gepflegt und gehegt und immer zu etwas Besonderem ausgebaut. Ob trocken oder edelsüß.
"So ist der Weiberladen in der Weinszene"
Ihre Scheurebe? Leichtes Strohgelb. Sie prickelt dezent. Sofort ist sie in der Nase: ein Früchtekompott aus Pampelmuse, Aprikose, Mandarine, ein Hauch von Cassis, frische Ananas, leichte Pfirsichnote. Die Scheurebe hört nicht auf zu atmen.
Sie wächst in den besten Haardter Lagen auf sandigem Lehm und Bundsandstein-Verwitterungsboden. Der Duft ist betörend, laut, saftig und super elegant im Gaumen, schmeckt nach frisch gepresster Blutorange. Sie ist ein wahres Feuerwerk mit vibrierender Säure und verlangt nach mehr als nur einem Glas.
Ich empfehle: Kaufen, solange Steffi Dir noch etwas abgibt, aber nur an denjenigen, den sie auch mag. Oder wie sie sagen würde: „So ist halt der Weiberladen in der Weinszene.“
Ulrich Mell ist Betriebsleiter des Weinguts Bassermann-Jordan in Deidesheim. Er kennt Stefanie Weegmüller-Scheer seit den 80er Jahren. Weitere Stationen waren: Bürklin-Wolf in Wachenheim, Henninger IV in Kallstadt, Eugen Müller in Forst sowie Biffar ebenfalls in Deidesheim. Hier sitzen die beiden am Weingut Weegmüller. FOTO: WEEGMÜLLER
Bisher in der Rubrik "Ins Glas geschaut": +++ Grüner Ex-Umweltminister Franz Untersteller testet Silvaner von der Schwäbischen Alb (Abre numa nova janela) +++ Berliner LOK6-Chefin Julia Heifer testet Muscat-Naturwein aus dem Elsass (Abre numa nova janela)+++ Pfälzer Donald-Trump-Satiriker Alexis Bug testet Riesling Auslese R von Koehler-Ruprecht (Abre numa nova janela) +++ taz-Chefreporter Peter Unfried testet den "Mythos" der Pfälzerin Adriane Moll (Abre numa nova janela) +++ MSL-Chairman Axel Wallrabenstein über Spätburgunder von Ex-DFB-Präsident Fritz Keller! (Abre numa nova janela) +++ Geisenheimer Oliver Bach über Riesling von Clemens Busch! (Abre numa nova janela)