#41 Augen auf ... bei "Baugruppen"
Der Immobilienmarkt für Neubauten ist bekanntlich eingebrochen.
Steigende Kreditzinsen bei anhaltend hohen Grundstückspreisen und Baukosten führen auch bei Bauträgern zu sinkender Nachfrage. Architekten suchen neue Auftraggeber. Verständlich, dass nach neuen Geschäftsmodellen gesucht wird.
Insofern finden sich vermehrt Angebote wie „Grundstück für Baugruppen / Baugemeinschaften“ oder „Nachbarn gesucht“ oder „gemeinsam wird es billiger“. Kostenersparnis und Mitsprache werden versprochen.
Bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass über einen Ansprechpartner eine Vielzahl von Einzelverträgen miteinander verknüpft werden (Grundstückskauf, Betreuungsvertrag, Bauleistungen, Kreditvermittlung). Auf detaillierte Leistungsbeschreibungen wird gerne verzichtet, denn „das entscheiden wir gemeinsam im Baufortschritt“.
Die Risiken solcher Gestaltungen sind hoch und für den juristischen Laien kaum durchschaubar.
Zum einen wird durch den Gewährleistungsausschluss des reinen Grundstückskauf regelmäßig die Haftung für den bebauungsrelevanten Grundstückszustand (insbesondere Bodenbeschaffenheit einschließlich des Altlastenrisikos, planungsrechtliche Bebaubarkeit) auf den Erwerber abgewälzt.
Zum anderen wird durch die Vertragsaufspaltung der Verbraucherschutz der MaBV (Makler- und Bauträgerverordnung) ausgehebt:
die Gesamtverantwortung des Bauträgers, der feste Gesamtpreis, die Ratenzahlung nach Baufortschritt unter Einbeziehung des Grundstücks und die Absicherung durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung werden umgangen.
Drittens droht die Unwirksamkeit des gesamten Vertragswerks, wenn nicht auch der Bauvertrag notariell beurkundet wird.
Auch bei der Grunderwerbsteuer kann selten gespart werden, denn für das Finanzamt bleiben Grundstück und Bauleistung die Bemessungsgrundlage.
Lesen Sie dazu den Post #29 Grunderwerbsteuer (Öffnet in neuem Fenster).
Obige Ausführungen sind Denkanstöße und allgemeine Hinweise. Sie ersetzen keine anwaltliche Beratung im Einzelfall.
Der Begriff "Baugemeinschaft / Baugruppe" ist juristisch nicht definiert.
Insofern ist frühzeitig zu klären, ob es sich um eine "echte" Baugruppe handelt. Hier gibt es zwei Beschreibungen:
A) Von einer "Baugruppe im engeren Sinne" spricht man, wenn sich mehrere Privatpersonen zusammenfinden, gemeinsam planen und ein Grundstück kaufen, um es gemeinsam zu bebauen. Am Ende eines langen Prozesses entsteht eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und jede:r erhält die eigene Wohnung / das eigene Haus als Sondereigentum.
Zentrales Element ist die „Gesellschaft des bürgerlichen Rechts“.
Der Gesellschaftsvertrag definiert den gemeinsamen Zweck und alle Rechte und Pflichten der Gesellschafter.
Über diese habe ich mittlerweile einige Posts verfasst.
#24 Beurkundungspflicht für GbR-Verträge (Öffnet in neuem Fenster)(bis 31.12.23) und
#43 die neue eGbR (Öffnet in neuem Fenster) (ab 01.01.24)
B) Der Bundesverband der Baugemeinschaften e.V. hat eine Definition formuliert, die zunächst rechtformunanhängig ist und mehr die Qualität der Projekte beschreibt.
Danach zeichen sich Baugemeinschaften häufig durch gemeinsame soziale Ziele aus. Gegenseitige Unterstützung im Alltag, gemeinschaftliche Aktivitäten, das Zusammenleben von Jung und Alt, soziales Engagement im Quartier, Nachhaltigkeit durch energiebewusstes Leben und Wohnen machen einen wichtigen Teil dieser Projekte aus.
Haben Sie die passende Gruppe und ein Grundstück gefunden?
Wunderbar, ... nun geht es darum, die richtige juristische Vorgehensweise festzulegen.
Lesen Sie weiter unter >>> #47 Von der Baugruppe zur WEG (Öffnet in neuem Fenster)