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#24 Beurkundungspflicht für GbR-Gesellschaftervertrag

nachfolgende Ausführungen gelten bis 31.12.23 -
ab 01.01.24 gibt es die eGbR mit den entsprechenden Veränderungen für Baugruppen

Wohnprojekte durchlaufen immer einen dynamischen Prozess:

Meist startet eine kleine Gruppe mit der Ausgestaltung einer abstrakten Projektbeschreibung „wie soll unser Projekt sein?“. Ein Grundstück, ein Bestandsobjekt oder ein Kooperationspartner muss gefunden werden. Obwohl meist kein schriftlicher Vertrag vorliegt, entsteht die Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes (GbR) durch zweckgerichtetes gemeinsames Tun.

Konkretisiert sich das Vorhaben und fallen Kosten für eine Machbarkeitsstudie / einen Architektenentwurf oder eine juristische Beratung an, kommt die Gruppe in die „Planungsphase“. Jetzt sollte über einen schriftlichen GbR-Vertrag nachgedacht werden. Einerseits sind die BGB-Regelungen zur Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes unpassend, zum anderen sollte eine Verbindlichkeit untereinander und ein geordnetes Auftreten im Außenverhältnis angestrebt werden.

Bei Konzeptvergabeverfahren wird die Vorlage eines schriftlichen Vertrages von den Kommunen gefordert. Dieser wird gerne auch als „Planungs-GbR-Vertrag“ bezeichnet. Dieser ist auch weiterhin formlos möglich.

Spätestens mit der Entscheidung ein konkretes Grundstück zu erwerben, braucht die Gruppe gleichzeitig die Verbindlichkeit, dass im Innenverhältnis alle hinter dem Vorhaben stehen und ihre Zahlungs- und Mitwirkungspflichten erfüllen werden. Auch muss jemand aus der Gruppe für die Vielzahl der Aufgaben bevollmächtigt werden.
Jedem Projekt ist anzuraten, vor dem Notartermin zur Beurkundung des Immobilienkaufes auch den „Kauf-GbR-Vertrag“ zu beurkunden. Dies löst leider Notarkosten aus.
Andernfalls besteht die Gefahr, dass beim Kaufvertrag plötzlich jemand „kalte Füße bekommt“ und zum Termin nicht erscheint. Die Restgruppe müsste sich dann unter Stress entscheiden, ob sie trotzdem kaufen kann und will.

Es gibt noch einen anderen Grund:
Auf Grund des seit 2020 geltenden Geldwäschegesetzes ist der Notar/die Notarin verpflichtet, vor der Beurkundung die wirtschaftlich Berechtigten der beteiligten Gesellschaften zu ermitteln und Informationen zur Identifizierung dieser Personen einzuholen und zu dokumentieren

Zu diesem Zweck ist vom Notar/von der Notarin ein Fragebogen zur Identifizierung der wirtschaftlich Berechtigten (Öffnet in neuem Fenster)einzuholen. Der Fragebogen sieht für eine GbR vor, dass der Gesellschaftsvertrag der GbR dem Fragebogen als Anlage beigefügt wird. Dem Notar/der Notarin wird daher bei der Beurkundung des Grundstückskauf-vertrages der Gesellschaftsvertrag bekannt. Der Notar/die Notarin hat zu prüfen, ob die GbR formwirksam gegründet wurde. Ist dies nicht der Fall, ist es dem Notar/der Notarin berufsrechtlich nicht gestattet, den Grundstückkauf-vertrag unter Beteiligung der formunwirksamen GbR zu beurkunden. 

Wann gilt die GbR als formwirksam gegründet?

Ein Gesellschaftsvertrag, der ganz generell den Erwerb irgendeines Grundstückes zum Gegenstand hat, ist nicht beurkundungspflichtig / formbedürftig, ebenso wenig wie ein Vertrag, der den Zweck einer Grundstücksgesellschaft mit „Vermögensverwaltung“ beschreibt.

Die Verpflichtung zum Erwerb eines Grundstücks ist aber stets notariell zu beurkunden (§ 311 b BGB). Gehört daher zum Gegenstand der Gesellschafter der Erwerb eines konkreten oder zumindest konkretisierbaren Grundstücks, so muss der Gesellschaftsvertrag notariell beurkundet werden.

Es kommt also auf die textliche Gestaltung des Vertrages an, ob der „Küchentischvertrag“ für die GbR-Gründung ausreichend ist oder beurkundungspflichtig ist.
Auch das gemeinsame Erscheinen aller Gesellschafter:innen zum Beurkundungstermin für den Grundstückskaufvertrag reicht nicht aus ... obwohl doch eigentlich durch TUN eine GbR gegründet werden kann. Das Geldwäschegesetz hat dieser langjährigen Praxis einen Riegel vorgeschoben.

Die Gruppe muss / kann sich überlegen, welchen Gesellschaftervertrag sie dem Notar/der Notarin vor der Beurkundung des Kaufvertrages vorlegt.

Denkbar sind folgende Alternativen:

a) Der Planungs-GbR-Vertrag ist im Zweck so vereinfachen, dass generell die Absicht zum Erwerb eines Grundstückes für ein Wohnprojekt beschrieben wird. Alle grundstücks-/projektspezifischen Vereinbarungen fehlen.   
Die Gesellschafter:innen werden namentlich definiert und bekommen NUR ihren Anteil an einer GbR zugewiesen. Mehr nicht!
Es ist die Frage, ob sich die Gesellschafter:innen damit wohl fühlen.
Ohne Beurkundung des GbR-Vertrages haben die geschäftsführenden Gesellschafter:innen keine formwirksame Vollmacht für Beurkundungen,  allenfalls für schuldrechtliche Verträge und Willenserklärung. Eine Vollmacht ohne Anbindung an einen konkreten Zweck, ist andererseits riskant, da Mißbrauch möglich ist.
Dieses Variante vermeidet zwar Notarkosten, birgt aber Risiken, wenn die Gefahr besteht, dass jemand vor/bei der Beurkundung des Kaufvertrages "kalte Füße" bekommt. Eine kleine (psychologische) Absicherung ist möglich,  indem der Gesellschaftervertrag vorher zumindest öffentlicht beglaubigt wird.
Im Familienkreis sind die Risiken natürlich anders zu bewerten. 

b) Es wird ein Kauf-GbR-Vertrag mit grundstücks- und projektspezifische Angaben beurkundet. Die gemeinsame Bauphase und das Ziel (Bildung einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümer:innen) wird nur in Grundzügen beschrieben.  Auf die Zuweisung von konkreten Wohnungen wird verzichtet >> späterer Auseinandersetzungsvertrag.
Dieser Vertrag ist beurkundungspflichtig. Basis der Notarkostenberechnung  ist nur der Kaufpreis für die Bestandsimmobilie / das Grundstück.
Nach dem Kauf der Immobilie wird der GbR-Vertrag für die Bauphase fortgeschrieben. Der Bau-GbR-Vertrag erfolgt am „Küchentisch“ und löst keine Notarkosten aus. 

c) Selbstverständlich kann auch ein Kauf-Bau-GbR-Vertrag notariell beurkunden werden. Mitunter ist ein Projekt in der Planung und Vorbereitung schon soweit fortgeschritten, dass beim Grundstückskauf jede:r Gesellschafter:in die eigene Wohnung im Plan und in der Ausstattung kennt. Die Kostenanteile können bereits untereinander aufgeteilt werden. Das Wohnprojekt nähert sich einem Bauträgergeschäft an. Dies bietet natürlich eine hohe Verbindlichkeit und Sicherheit. Andererseits wird der Notar/die Notarin für die Kostenabrechnung den Immobilienkaufpreis und die geschätzte Projektkosten berücksichtigen.
Zudem besteht die Gefahr, dass die Beurkundung bereits als Maßnahmenbeginn für Fördermittel gilt. Damit könnten z.B. KfW Fördermittel verschenkt werden. 

Letztlich muss die Gruppe über die Vorgehensweise mit allen Vor- und Nachteilen entscheiden. Für die Berater:innen ist es wichtig, auf alle Folgen deutlich hinzuweisen. Zudem ist die Rücksprache mit der finanzierenden Bank wichtig.  Gerne verweise ich >> HIER (Öffnet in neuem Fenster) auf den geforderten Mindestinhalt der GLS-Bank.


Kategorie juristische Fachthemen

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