Lebensraum am Limit: Fleischfressende Pflanzen
Viele haben schon fleischfressende Pflanzen gekillt â ich inklusive. Doch eigentlich sind Karnivoren perfekt ans harte Bedingungen angepasst. Warum sie Fleischfresser wurden, mit welchen Tricks sie auf Beutejagd gehen und wie du ihnen ein nettes Terrarium einrichtest, erfĂ€hrst du heute im Naturarium!

Kleine Frage zum Einstieg: Wie viele fleischfressende Pflanzen hast du als Kind oder auch im Erwachsenenalter schon umgebracht? Seit meiner Kindheit habe ich bestimmt 10-15 von ihnen auf dem Gewissen. Ich wusste nicht wirklich, wie man sie pflegt, die sind aber etwas, das man als naturwissenschaftsbegeistertes Kind oft geschenkt bekommt. Damals war es noch nicht so verbreitet, Infos im Netz zu besorgen, und als das Internet massentauglich wurde und man es gewohnt war, online nach Informationen zu recherchieren, hatte ich meine Morde schon begangen. Ups.
Ich kenne viele Leute, denen es Ă€hnlich geht. Karnivoren, wie man die fleischfressenden Pflanzen eigentlich nennt, sind Pflanzen, die viele faszinieren. Und auch heute noch schicken mir viele Leute Fotos von ihren verkĂŒmmernden Fleischis und fragen, was mit denen los ist. Deshalb schauen wir uns heute erst einmal an, was Karnivoren sind und wieso sie sich fĂŒr diese Ăkologie entschieden haben. Am Ende gestalten wir zusammen ein Karnivoren-Terrarium, und du bekommst Tipps, wie du deine nĂ€chste Venusfliegenfalle und Co. auf jeden Fall am Leben hĂ€ltst. Los gehtâs!

Anpassung an einen extremen Lebensraum
Konkurrenz ist in der Natur allgegenwĂ€rtig. Pflanzen stehen stĂ€ndig im Wettbewerb um Licht, Wasser und NĂ€hrstoffe, wer sich behaupten möchte, muss sich also etwas einfallen lassen. Ein bewĂ€hrter Weg ist es, LebensrĂ€ume zu besiedeln, die anderen Arten zu ungemĂŒtlich sind, und genau diesen Weg gehen karnivore Pflanzen.
Sie besiedeln bevorzugt Standorte, die fĂŒr die meisten anderen Pflanzen zu hardcore sind: Extrem nĂ€hrstoffarme Moorböden, sandige FlĂ€chen oder torfige Heidelandschaften, die ganztĂ€gig der Sonne ausgesetzt sind. Viel Sonnenlicht klingt zunĂ€chst ideal fĂŒr Pflanzen, schlieĂlich ermöglicht Licht die Photosynthese und somit das Wachstum. Aber diese luxuriösen LichtverhĂ€ltnisse sind oft nur deshalb verfĂŒgbar, weil an diesen Stellen kaum andere Pflanzen ĂŒberleben können. Der Grund dafĂŒr liegt in der extremen NĂ€hrstoffarmut dieser von den Fleischis ausgesuchten Standorte, insbesondere mangelt es an Stickstoff und Phosphor. Ohne diese wichtigen Mineralien können Pflanzen weder Proteine noch ihr genetisches Material aufbauen, sie können also schlicht nicht wachsen.

Was macht man also, um dort nicht zu verhungern? Die evolutionĂ€re Antwort darauf ist Karnivorie: Anstatt sich allein auf die spĂ€rlichen NĂ€hrstoffe im Boden zu verlassen, gewinnen Sonnentau und Co. Stickstoff und Phosphor zusĂ€tzlich aus der Verdauung kleiner Tiere, hauptsĂ€chlich Insekten. Diese Tiere enthalten genau jene NĂ€hrstoffe, die in den Böden fehlen. Durch die Verdauung tierischer Beute gelingt es den Pflanzen, selbst auf kargen, offenen Böden FuĂ zu fassen und langfristig zu ĂŒberleben.
Die Entscheidung, sich auf nĂ€hrstoffarme und stark besonnte LebensrĂ€ume zu spezialisieren, bringt aber nicht nur Vorteile. Karnivore Pflanzen mĂŒssen viel Energie in die Entwicklung und Unterhaltung ihrer Fangorgane und Verdauungsenzyme investieren. Sie wachsen deshalb oft langsamer und bilden weniger Biomasse als andere Pflanzen. Trotzdem lohnt sich diese Strategie: Die Möglichkeit, nahezu konkurrenzfrei in LebensrĂ€umen zu gedeihen, die von anderen Pflanzen nicht besiedelt werden können, macht Karnivorie zu einer erfolgreichen Anpassung an extreme Umweltbedingungen. So macht es auch nix, dass sie langsam wachsen, gibt ja eh keine anderen Pflanzen, die ihnen ĂŒber die Köpfe wachsen.

Unterschiedliche Fallenarten fĂŒr unterschiedliche BedĂŒrfnisse
Karnivore Pflanzen haben im Laufe der Evolution unterschiedliche Fangmethoden entwickelt, um an ihre tierische Nahrung zu gelangen. Jede Methode ist dabei an die jeweiligen Standortbedingungen angepasst, und wir schauen die uns jetzt mal an, illustriert mit ein paar alten Skizzen, die ich mal vor 10 Jahren oder so gemacht habe, aber immer noch ganz witzig finde:
Die wohl bekannteste Fangmethode ist die Klappfalle der Venusfliegenfalle (Dionaea). Ihre BlĂ€tter schlieĂen sich innerhalb weniger Millisekunden, sobald empfindliche HĂ€rchen durch die Bewegungen eines Insekts ausgelöst werden. Diese superschnelle Reaktion gehört zu den komplexesten Bewegungen im Pflanzenreich.

Der Sonnentau (Drosera) und das Fettkraut (Pinguicula) setzen auf Klebefallen. Ihre BlĂ€tter besitzen feine DrĂŒsen, die ein klebriges Sekret absondern. Landet ein Insekt darauf, bleibt es haften. Danach rollen sich die BlĂ€tter langsam ein, um die Beute zu verdauen. Börps!
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