Newsletter 03/ 23
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Liebe Leserschaft,
liebe Mitstreiter:innen und Fachleute in der Projekte-Szene,
sehr geehrte Damen und Herren,
wie bereits angekündigt möchte ich über eine Veranstaltung berichten.
Der Genossenschaftsgedanke in anderen Rechtsformen
Mit Unterstützung des ZdK veranstaltete der Bundesverein zur Förderung des Genossenschaftsgedankens e.V. (Öffnet in neuem Fenster)am 17. März 2023 seine Hybridveranstaltung
Hintergrund und Zielsetzung
Genossenschaftliches Arbeiten und Wirtschaften ist in Deutschland weiter verbreitet, als es die Zahl der eingetragenen Genossenschaften vermuten lässt. Viele Unternehmen arbeiten genossenschaftlich, ohne eingetragene Genossenschaften (eG) zu sein.
Was heißt nun "genossenschaftlich arbeiten"?
Die allgemeinen Grundsätzen des Internationalen Genossenschaftsbundes (IGB) zählen dazu:
freiwillige und offene Mitgliedschaft
gleichberechtigte Kontrolle durch die Mitglieder
wirtschaftliche Partizipation der Mitglieder, begrenzte Gewinnausschüttung
Autonomie und Unabhängigkeit
Aus- und Weiterbildung sowie Information
Zusammenarbeit zwischen Genossenschaften
Verantwortung für die Gesellschaft
Welche Ursachen und Argumente dafür bestehen, wurde mit Expert:innen und Erfahrungsträgern aus verschiedenen Branchen und Fachrichtungen diskutiert.
Kollektivbetriebe
Unter einem Kollektivbetrieb versteht man eine Organisation, die zu 100 % im Eigentum und unter Kontrolle der Belegschaft ist. Ein Verkauf über die Köpfe der Belegschaft hinweg ist nicht möglich. Es gibt z.B. Reinigungsgenossenschaften, Zusammenschlüsse im Sexgewerbe oder unter Künstlern. Die unternehmerische Tätigkeit erfolgt als GmbH oder als UG haftungsbeschränkt. Alleiniger Gesellschafter ist ein ehrenamtlicher Trägerverein, in dem jedes Belegschaftsmitglied beigetreten ist. Die GmbH oder UG haftungsbeschränkt ist die Tochtergesellschaft des Trägervereins. Diese Struktur ermöglicht einen einfachen Wechsel der einzelnen Personen ohne Abfindungsprobleme. Die GmbH oder die UG haftungsbeschränkt kann schnell gegründet oder liquidiert werden.
Diskutiert wurde die Bedeutung des „Gewinns“. Gewinne sind okay und notwendig für Krisenzeiten.
Ein Gewinn kann an den Trägerverein zurückfließen oder als Spende gezielt in den Stadtteil zurückfließen.
Social Economy und Dorfläden
Art. 9 GG garantiert die Vereinsautonomie, so dass sich im BGB nur wenige Regelungen finden, die zudem abdingbar sind. Lediglich die Verhinderung von Machtkonzentration, die Sicherung von Minderheitenrechten, die Außenvertretung durch den Vorstand und der Haftungsausschluss des Einzelnen gehören zum unverzichtbaren Kernbereich.
Voraussetzung für die Eintragung in das Vereinsregister ist allerdings der nichtwirtschaftliche Zweck (ideeller Verein).
Das bedeutet nicht, dass es überhaupt keine wirtschaftliche Tätigkeit geben darf - diese muss aber Mittel zum Zweck sein. Ist der Verein als gemeinnützig anerkannt, gilt dies als Indiz für einen ideellen Hauptzweck (vgl. sog. Kita-Urteil).
Die Rechtspfleger:innen in den unterschiedlichen Bundesländern urteilen nicht einheitlich. In einigen Bundesländern können Dorfläden als Verein eingetragen werden, wenn sie die Dorfgemeinschaft fördern und der Verkauf nur eine untergeordnete Rolle spielt. In Bayern ist das jedoch nicht möglich.
Diskutiert wurde, ob es möglich sei, zunächst als Verein zu starten und dann - wenn die unternehmerische Tätigkeit ausgeweitet werden soll - in eine Genossenschaft zu wechseln. Die Jurist:innen wiesen darauf hin, dass eine Zweckänderung einstimmig und schriftlich erfolgen müsste. Zudem wäre der Rechtsformwechsel von einem ideellen Zweck für die Allgemeinheit zu einer unternehmerischen Tätigkeit zur Förderung der Mitglieder schwer zu erklären.
Wohnprojekte als GmbH&Co.KG
Die Rechtsform der GmbH & Co.KG hat in den letzten Jahren für Wohnprojekte an Bedeutung gewonnen. Als Personengesellschaft zeichnet sie sich durch einen großen Gestaltungsspielraum aus. Diese Rechtsform wird vor allem von Gruppen genutzt, die das genossenschaftliche Gleichstellungsprinzip oder die ausschließliche Förderung von Genoss:innen aufweichen wollen. Häufig ist auch der Wunsch nach individuellen Erbregelungen für den Todesfall oder die Abfindung beim Ausscheiden eines Mitglieds. Gleichzeitig kann die Basisdemokratie und die Kontrolle durch die Mitglieder noch stärker ausgeprägt sein als in einer Genossenschaft.
Gruppen, in denen die Mitglieder „ihr abbezahltes Einfamilienhaus einbringen wollen", können sich mit den strengen Regelungen des Genossenschaftsgesetzes nicht anfreunden.
Diskutiert wurde, ob diese Einzelinteressen gemeinwohlorientiert oder nachhaltig sind. Ich habe darauf hingewiesen, dass es derzeit viele Bürgerinnen ab 50+ gibt, die in viel zu großen Einfamilienhäusern wohnen (bleiben), weil es keine wirtschaftlich gleichwertige Alternative zur Verkleinerung des Wohnraums gibt. Wenn Bestandsimmobilien für junge Familien frei werden, ist dies zu begrüßen. Insofern kann die GmbH & Co. KG das Projekt "Wohnungstausch" zumindest in einigen Fällen ermöglichen.
In den vergangenen Jahren waren auch inklusive Wohnprojekte häufig als GmbH & Co. KG konstruiert. Eltern brachten Eigenkapital ein, nahmen an Gesellschafter:innenversammlungen teil, um so ihren behinderten Kindern ein lebenslanges Wohnrecht zu sichern. Durch die Änderungen des Bundesteilhabegesetzes und die Verbesserungen im SGB hat sich die Situation entschärft. Jetzt könnten auch Menschen, die Eingliederungshilfe bekommen, Eigenkapital in ein Wohnprojekt investieren.
Für all diejenigen, die über die Chancen und Tücken dieser Rechtsform mehr wissen wollen, verweise ich auf meinen Crash Kurs (Öffnet in neuem Fenster) am 28. März, 4. (oder 18.) und 11. April 2023 jeweils von 19:00 bis 21:00 Uhr.
Ab sofort werden die Tage wieder länger und damit steigt unser Wohlbefinden.
Es grüßt
Angelika Majchrzak-Rummel Rechtsanwältin und Projektberaterin