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WeinLetter #91: Die vier Lehren aus der Weinernte 2024

Liebe Wein-Freund:in,

Du liest den WeinLetter #91. Heute gibt’s: die Bilanz der Weinernte 2024. Packt schon mal die Tempos aus. Es wird nicht lustig. Wer 2024 resümiert, der zählt auf: Frost im April, Mehltau den nassen Sommer durch – und im Herbst dann das Ernte-Roulette. Wetter halt! Wer dieses Jahr als Wetterbericht liest, dem kann man nur zurufen: Sei kein Frosch! Stell dich den Wahrheiten. Stell dich dem Big Picture einer Branche in Deutschland, die vermutlich noch nie so gute Weine produziert hat, aber gleichzeitig zu einem brachialen Strukturwandel gezwungen wird, dessen Ende noch nicht absehbar ist. Es kann ein gutes Ende sein. Es kann ein schlechtes Ende sein. Es kann auch schlicht das Ende sein. Hier jedenfalls kommen die vier existenziellen Lehren der Weinernte 2024! Und am Schluss könnt ihr die Tempos wieder einpacken. Da gibt’s Hoffnung! +++ Viel Spaß beim Lesen! Und jetzt empfehlt (und shared) diesen WeinLetter bitte. Unterstützt den WeinLetter gerne auch finanziell und werdet aktives Mitglied!

Aber vor allem: 

Trinkt friedlich!

Euer Thilo

Neun Prozent weniger Ertrag in Deutschland: Frost hat im April viele Weingüter getroffen FOTO: DEUTSCHES WEININSTITUT

Die harte Wahrheit über die Weinernte 2024 und die Chance neuer Netzwerke

von THILO KNOTT

1. Der Klimawandel ist so menschengemacht wie brutal - oder: Es wird nie mehr langweilig als Winzer:in!

Es ist wieder die Zeit der Weinguts-Newsletter. Wer einigermaßen sein (Vermarktungs-)Geschäft versteht, informiert, unterhält, umgarnt seine Stammkundschaft und diejenigen, die es werden sollen. Es gibt im Winter die Frühlings-Preisliste, im Dry January die Dry-alkoholfreie Anpreisung des Sortiments, im Sommer die Rosé-Schmackhaftmachung. Der Differenzierung des Portfolios folgt die Differenzierung der Newsletter-Versendung.

Jetzt ist die Zeit der Ernte-Bilanzen-Newsletter. Ein Verbands-Newsletter wie der des Verbands der Prädikatsweingüter (VDP) findet für die Ernte 2024 zum Beispiel solche Worte: „Kaum war der Schrecken des Frosts überstanden und wurde die Hoffnung auf den zweiten Austrieb der Pflanzen gesetzt, wurde es warm, während es gleichzeitig anfing zu regnen. In einigen Fällen blieben die Weinberge über Wochen hinweg feucht. Daher wurden frühzeitig Vorkehrungen getroffen, um das Risiko potenzieller Pilzkrankheiten zu minimieren. Ein arbeits- und materialintensiver Sommer war die Folge.“

Dann ist da noch die Rede von hohen Qualitäten durch Ertragsreduzierung. PR-Sprech. Immerhin steht auch drin, dass in diesem Jahr 2024 eine Ausnahme gemacht wurde: Betriebe, die unter extremen Ernteausfällen litten, durften Traubenmaterial anderer VDP-Weingüter kaufen und verarbeiten. Schon da kann man zwischen den Zeilen lesen: Es war ein Scheißjahr!

Top-Württemberg-Winzer und WeinLetter-Klimaexperte Helmut Dolde, dessen Silvaner und Spätburgunder gerade mit 93 PPs überhäuft wurden (zurecht!), hat in seiner Herbst-Flaschenpost das Jahr in einer Kurzversion genewslettert. Das liest sich so:

Frühling: „Beim Spätfrost im April sind viele Austriebe erfroren. Wir konnten etwa 40 bis 50 Prozent des Ertrags retten.“
Sommer: „Es war ein zäher Kampf über den Sommer, bei nicht immer optimaler, weil oft zu feuchter Witterung.“
Herbst: „Auch das Wetter im September und im Oktober war sehr wechselhaft und machte die Wahl der optimalen Lesetermine nicht einfach.“

Das ist eine treffende Zusammenfassung eines turbulenten Weinjahrs. Man könnte auch sagen: Frost im April hat den einen Teil der Rebstöcke malträtiert, (Öffnet in neuem Fenster) weil wegen des milden Klimawandel-Winters die Reben sehr früh, zu früh austrieben. Mehltau im Sommer wegen der Feuchtigkeit. Und in Folge im Spätsommer/Frühherbst ein uneinheitliches Lesegut bei unkalkulierbarem Wetter: „Oft standen wir im Konflikt zwischen Rettung des sowieso niedrigen Ertrags oder dem Pokern auf noch etwas mehr Reife mit dem Risiko von Traubenfäulnis.“

Jetzt könnte man sagen: Es wird halt nicht langweilig als Winzerin oder Winzer. Der menschengemachte Klimawandel ist kein Ponyhof.

2. Die Erntemengen sind desaströs in Frankreich und Deutschland - oder: Ist das große Minus etwa eine Chance?

Um drei Prozent ist die Weinernte in Europa im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Während Spanien und Italien sogar Zuwächse verbuchen konnten, litten vor allem Frankreich (Minus 22 Prozent) und Deutschland (Minus 8,9 Prozent) unter den schwierigen klimabedingten Wetterverhältnissen. Aber auch: Unter dem rückläufigen Konsum gerade von Weinen dieser beiden Nationen. Denn rückläufiger Konsum führt beispielsweise zu Betriebsaufgaben.

Diese Ernte-Bilanz hat die Gewerkschaft Copa-Cogeca vergangene Woche vorgestellt. Sie vertritt die europäischen Landwirte und ist eine der mächtigsten Lobbyorganisationen in der EU. In Deutschland sei der Rückgang „auf schwierige Witterungsbedingungen zurückzuführen, insbesondere auf Frost in einigen Regionen und ungewöhnlich viel Regen im ganzen Land“, bilanzierte Copa-Cogeca. Getroffen hat es vor allem die kleineren Anbaugebiete – Saale-Unstrut und Sachsen verzeichneten einen Einbruch von 80 Prozent. Das leidvolle Ahrtal befand sich wieder in der Spitzengruppe.

Ein Gedanke dazu, der natürlich das einzelne Schicksal von Weingütern nicht relativieren soll: In all den Berichten der Verbände und Vermarktungsorganisationen werden die Ernteberichte immer noch wie eine Niederlage präsentiert. Da „schrumpft“ es, da „verliert“ beispielsweise Frankreich Platz 1 und „rutscht auf Platz 3 ab“.

Ergebnis: Aber ist es nicht so, dass der Konsum von Wein prinzipiell sinkt, der Markt also schrumpft, und die Weinbranche generell Überproduktionen allenfalls noch in Industriealkohol verklappen kann? Denn bei gesunkenen Produktionsmengen entscheidet doch immer ein Kriterium: Qualität. Da sagt die Copa-Cogeca nämlich zu 2024: „Insgesamt wurde in Deutschland „entgegen den Prognosen gutes Traubenmaterial geerntet und es wird ein ausgezeichneter Jahrgang erwartet”, so Copa-Cocega. “Aufgrund der guten Wasserversorgung lagern die Reben viele Mineralien ein, was zu extraktreichen und mineralischen Weinen führt.”

3. Die strukturellen Veränderungen mit großflächigen Rodungen werden real - oder: Schau nach Bordeaux!

Wer solche Jahre wie 2024 als Einzelphänomen abtun will - passiert halt, schlechtes Wetter hat es immer schon gegeben! – der versteht nicht, was sich in der Weinbranche gerade strukturell verändert. Ich habe hier im WeinLetter schon häufig gesagt: Schaut Bordeaux an (Öffnet in neuem Fenster) – das kommt in Deutschland auch so.

Bordeaux war einst ein großes Puzzlestück des französischen Nationalstolzes, exklusiv und am besten kultiviert in der Galerie Lafayette de Paris. 103.000 Hektar Rebflächen hatte das Anbaugebiet am Atlantik 2023. So groß wie die ganze Anbaufläche in Deutschland. Und jetzt? Verkommen zur Abwrackprämie der Getränkebranche.

Es hat das große Roden begonnen: Das französische Weinfachmagazin Vitisphere hat jüngst berichtet, dass Rodungen von 9.500 Hektar geplant sind. In diesem und im nächsten Jahr. 6.000 Euro „Abwrackprämie“ erhalten die Winzerinnen und Winzer von der EU und dem französischen Staat, verbunden mit der Verpflichtung, die Brachflächen sechs Jahre lang nicht zu bewirtschaften. Doch es sollen nochmal knapp 10.000 Hektar hinzukommen. Das wären dann in zwei Jahren 20.000 Hektar. Bordeaux wird quasi rasiert um 20 Prozent. Und dabei haben die Franzosen ihre Überproduktionen für magere Cent-Beträge in Industriealkohol zuletzt verklappt.

Und was sind die Gründe? Die jungen Französ:innen greifen viel seltener zum Wein, der Konsum ist also rückläufig, der Klimawandel verkompliziert die Produktion, die Produktionskosten gehen in die Höhe, allerdings nicht so schnell wie die Preise für die Bouteille. In Frankreich kommt hinzu, dass sich Investoren vor allem aus China nahezu komplett zurückziehen. Geld, das für Investitionen fehlt.

Bezogen auf Deutschland könnte man jetzt sagen: Passiert halt, schlechtes Wetter, und chinesische Investoren haben wir eh nicht. Ja, sonst aber alles – und schon gar keinen Exportmarkt. Schwacher Trost: Den immerhin kann man nicht verlieren.

Die Wahrheit ist: Es wird auch in Deutschland so kommen (Öffnet in neuem Fenster). Wenn es nicht schon da ist. Zum Beispiel in Württemberg. Dort wurden – wie in Frankreich – große Massen der Rotweinernte in Industriealkohol verklappt. Für ein paar lausige Pennys. 8,5 Prozent der Ernte 2023, um genauer zu sein. Ausnahme, schlechtes Wetter? Klappe!

Neulich traf sich eine Expertenrunde in Mundelsheim. Die Terrassenweinberge von Mundelsheim, Hessigheim und Besigheim sind eine tausendjährige Kulturlandschaft. Das dort vorgestellte Projekt heißt „Digitaler Zwilling Neckarterrassen“. Das Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart hat ein dreidimensionales, virtuell begehbares Landschaftsmodell programmiert. Doch die Frage, die sich die Runde angesichts des dramatischen Konsumrückgangs mit der Folge reihenweiser Aufgaben dortiger Weinberge stellte, war: Von welchen Weinbergen kann’s denn überhaupt noch einen “digitalen Zwilling” geben – wenn sie nicht mehr existieren?

Herbert Müller von der Hessigheimer Weinmanufaktur ExNicrum sprach auf der Veranstaltung laut „Stuttgarter Zeitung“ von einer „dramatischen Dynamik“ im vergangenen Jahr. In Besigheim betrage der Verlust an Weinbergen 50 Prozent. 50 Prozent! „Ein Dammbruch und ein Horrorszenario“, sagte Müller. Denn: Einzelne Parzellen verbrachen und im schlimmsten Fall verbuschen sie irgendwann. Der Schädlingsdruck nimmt für die noch existierenden Rebflächen in der Nachbarschaft extrem zu. So wiederum gehen die Ernten kaputt. Ein Dammbruch. Sie wollen die Flächen jetzt roden. Wie in Frankreich. Wenn die Besitzer:innen dem nicht zustimmen, dann gebe es „eine kollektive Rodungsaktion“.

Bernhard Markgraf von Baden hat für sein Haus Baden am Bodensee schon auf die schlechten Absatzzahlen reagiert: Er fährt den Weinanbau runter, berichtet der “Südkurier”, rodet die Weinberge und baut künftig Weizen, Dinkel und Soja an. 60 Hektar Weinberge - weg! Seine Begründung ist - interessant: “Bio ist ein Megatrend und ich setze voll darauf!”

Ergebnis: Schaut in Württemberg und seinen Terrassen vorbei – da seht ihr Bordeaux schon hochziehen.

4. Nehmt euer Schicksal in die Hand - oder: Schließt euch zu neuen Netzwerken zusammen! Drei Beispiele

Bevor Euch jetzt die Tempo-Taschentücher ausgehen, gibt’s jetzt: Hoffnung (Öffnet in neuem Fenster)! Es ist ja nicht so, dass die Winzer:innen allesamt dem momentanen Niedergang tatenlos zusehen, ihn verdrängen oder gar dementieren wie die deutsche Autoindustrie mit einer Beharrlichkeit behauptet hat, Tesla sei doch kein Auto, während Tesla sich daran gemacht hat, ein Ladestationen-Netz zu installieren. Also für die Weinbranche im übertragenen Sinne.

Vielmehr scheint sich ein Prinzip durchzusetzen, das zumindest die Wahrscheinlichkeit erhöht, profitabel zu sein unter klimatisch veränderten Umständen: Netzwerke, die sich unabhängig der konservativen Silos – zum Beispiel Weinverbände – pragmatisch zusammentun, Wissen austauschen, neue Ideen ausprobieren und vermarkten. Ich stelle hier drei vor:

Sind sich bei der Zulassung von Kaliumphosphonat für den Öko-Weinanbau einig: Klaus Schneider (links) vom Deutschen Weinbauverband und Cem Özdemir (rechts) von den Grünen beim Gipfel von Eltville im Juli 2023 FOTO: ©BMEL/MEWES

Der Deutsche Weinbauverband.

Ja, davon sprach ich gerade, kaum zu glauben, oder? Jetzt steht der Deutsche Weinbauverband nicht gerade davor, sich demnächst die demeter-Zertifizierung abzuholen. Und doch ist er Teil einer Allianz geworden, deren Mitglieder doch eigentlich andere Vorstellungen von (Land-)Wirtschaft haben. Der Deutsche Weinbauverband hat sich mit der Öko-Lobbyorganisation Bund Ökologischer Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) zusammengetan und mit Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Die Grünen) daran gearbeitet, dass die Bundesregierung bei der EU-Kommission (Öffnet in neuem Fenster) beantragt hat, Kaliumphosphonat im ökologischen Weinanbau wieder zuzulassen.

Exkurs: Kaliumphosphonat war im Öko-Landbau schon einmal erlaubt, wurde aber verboten, weil es ein chemisch hergestelltes Pflanzenschutzmittel ist. Allerdings ist es ein reines Kontaktmittel, das naturstofflichen Charakter hat und „Lurchi“ nicht an den Kragen geht. Da im Ökolandbau lediglich Kupfer zur Abwehr von Pilzerkrankungen taugt, wollen viele Ökobetriebe wieder auf Kaliumphosphonat zurückgreifen. Betriebe wiederum, die eigentlich unter Öko-Bedingungen produzieren, lassen sich nicht bio-zertifizieren, weil sie die Ausbringung von Kupfer im Weinberg ablehnen. Sie präferierten Kaliumphosphonat. Wirklich kurzer Exkurs.

Ergebnis: Jetzt kann man sagen: Klar, der Deutsche Weinbauverband lässt auch konventionell gut und gerne spritzen, da spielt es ihm in die Karten, wenn auch im Bio-Bereich noch mehr Spritzmittel zugelassen sind. Das finde ich aber: Mi-mi-mi. Hier hat sich ein Netzwerk gebildet, dessen Ziel richtig ist und Aussicht auf Erfolg immerhin gegeben ist. Die Reduzierung der konventionellen Pflanzenschutzmittel gerade in den Schutzgebieten kann dann auf der nächsten Tagesordnung dieses Netzwerkes stehen.

Das Netzwerk vom Kaiserstuhl vermarktet Herkunft: Lagenverkostung in Ihringen im November 2024 FOTO: HERKUNFT KAISERSTUHL

Die Winzer:innen vom Kaiserstuhl.

Es gab Anfang November in der Kaiserstuhlhalle Ihringen, Baden, die Lagenverkostung des Zusammenschlusses „Herkunft Kaiserstuhl“. Vor Corona gab’s das schon mal, jetzt wurde das Event erneut initiiert. Warum ich das erwähne? Weil es durchaus nicht einfach ist (oder war), stolze Weingüter zusammenzubringen, die nicht umsonst Selbstvermarkter heißen, weil sie davon ausgehen, dass sie auf eigene Faust ihre Weine besser unter die Leute bringen als das früher in Genossenschaften organisiert war. Staatsweingut Freiburg, Weingut Stigler, Weingut Dr. Heger, Weingut Bercher, Weingut Knab etc., also Top-Weingüter, sind Mitglieder des Netzwerkes. Das Netzwerk „Herkunft Kaiserstuhl“ umfasst aber auch zahlreiche Genossenschaften - aus Ihringen, Bischoffingen oder Achkarren.

Persönlicher Exkurs: Ich schreibe nicht über das Netzwerk, nur weil ich in Freiburg studiert habe und für eine Jan-Ullrich-Geschichte während einer Tour de France in seinen Heimatort Merdingen im Kaiserstuhl gefahren bin. Und vom Bürgermeister was geschenkt bekommen habe? Spätburgunder, Merdinger Bühl, Kaiserstuhl. Solche Netzwerke gedeihen auch in anderen Anbaugebieten. Abseits der gängigen Silos der Weinbauverbände und Vermarktungs-Institute, die unter Geldmangel leiden.

Ergebnis: Herkunft ist ein vermarktbarer Wert, schon gar in touristischen Gebieten. Das habe ich bei einer WeinLetter-Geschichte über die Winzer vom Bielersee kapiert, die seit Jahren solch ein Netzwerk mit vielen Events pflegen und sich die Touristen (und Absatz-Direktmärkte) dadurch auch geholt haben. Solche Netzwerke könnten nicht nur in der Vermarktung reüssieren. Warum sich nicht auch Geräte und Maschinen teilen? Wissen allemal? Warum nicht gemeinsam in digitale Frühwarnsysteme etwa bei der Schädlingsbekämpfung investieren und die Pestizid-Ausbringung reduzieren? Solche dezentralen Netzwerke könnten die Zukunft ein wenig komfortabler machen.

So sieht die Zukunft der Weinabfüllung aus: Pfandflasche der Wein-Mehrweg eG aus Württemberg FOTO: MICHAEL KRASSER

Die Württemberger Pfandsammler.

Die Wein-Mehrweg eG ist ein Verbund in Württemberg, der konsequent auf den Aufbau eines Pfandflaschen-Systems für Weinflaschen setzt (Öffnet in neuem Fenster). Wie in den 50er und 60er Jahren in Württemberg. Hier haben sich vor allem Genossenschaften, aber auch einzelne Betriebe zusammengeschlossen, die immerhin fünf Prozent des deutschen Weinanbaugebiets ausmachen.

Es geht hier also nicht um Recycling. Es geht hier nicht um Reduzierung von einzelnen Gramm Glas pro Weinflasche, der die Verbände von Deutschem Weinbauverband bis Verband der Deutschen Prädikatsweingüter (VDP) nachhängen. Sie sind gedanklich zu zaghaft, überhaupt zu denken, dass man Orts- oder Gutsweine in diese Pfand-Systematik überführen könnte.

Dieses Netzwerk hat Anfang Oktober verkündet: Wir haben Edeka Südwest für unser Projekt gewonnen. Der Lebensmitteleinzelhandel ist also aufgesprungen und zieht Weinflaschen durch die Automaten wie sonst nur Bierflaschen.  

Werner Bender, Vorstand der Wein-Mehrweg eG und gleichzeitig Geschäftsführer der Heuchelberger Weingärtner, sagt: „Die 0,75-Liter-Mehrwegflasche lässt sich bis zu 50 Mal befüllen, das spart Ressourcen und Energie, vermeidet Abfall und die Weinbranche wird deutlich unabhängiger.“

Ergebnis: Unabhängigkeit ist hier das Stichwort in einer Situation von strukturellen Abhängigkeiten – Abhängigkeiten von Konsumrückgang bis Klimawandel. Von der übrigens gerade die Genossenschaften extrem belastet sind. Aber: Nur wer sich diese Unabhängigkeit wieder erkämpft, gewinnt auch seine Freiheitsräume wieder. Das geht nur in Netzwerken wie dem der Pfandflaschensammler von Württemberg.

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