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Generalmietvertrag oder besser Einzelmietvertrag iVm Kooperationsvertrag?

Wohnprojekte auf Mietbasis müssen zwar keinen Bauprozess stemmen, dennoch ist eine kompetente Beratung oder eine neutrale Unterstützung sinnvoll.

In einigen Kommunen gibt es strukturelle Unterstützung. So ist in München die "Sorgende Gemeinschaft" auf Basis des "Nachbarschaftlich Wohnen 55+" über die kommunale Wohnungsbaugesellschaft konzeptioniert >> Link zur Mitbauzentrale in München. (Öffnet in neuem Fenster)

Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick für die maßgebliche Gesichtspunkte

Bei Wohnprojekten auf Mietbasis gibt es eine allgemeine Variante  

  • Immobilieneigentümer/Investor (Privatleute, Kirche, Wohnungsunternehmen, ..)

  • Gruppe/Zwischenmieter  (Mietgenossenschaft, Gruppe in jeder Rechtsform)    

  • Endnutzer:in

und eine Sonderform (unten Nr. 5 )

  • Immobilieneigentümer = Wohnungsgenossenschaft

  • Hausgruppe in jeder Rechtsform = Zwischenmieter     

  • Endnutzer:in

Durch einen Generalmietvertrag (= Zwischenanmietung des Gesamtobjektes) hat die Gruppe Einfluss auf die Auswahl der künftigen Endnutzer:innen in den einzelnen Wohnungen und damit auf die Projektentwicklung. Vertragszweck des Generalmietvertrag ist die Weitervermietung von Wohnraum an Dritte, während Gemeinschaftsräume von der Gruppe genutzt werden. 

Die Gruppe als Zwischenmieter - zunächst ohne Zuordnung zu einer Rechtsform oder Zweckbestimmung (Öffnet in neuem Fenster)- hat eine Doppelrolle 

  • als Mieter für das Gesamtgebäude gegenüber dem Immobilieneigentümer
    und 

  • als Vermieterin von Einzelwohnraum gegenüber dem/der Endnutzer:in. 

Im Mietrecht nach BGB wird zwischen Wohnraummietrecht und gewerblichen Mietverträgen unterschieden. Ein Wohnraummietvertrag liegt nur vor, wenn der Vertragszweck auf die Wohnnutzung der Räume zum eigenen privaten Aufenthalt gerichtet ist.

In der obigen Dreierkonstellation gibt es also zwei unterschiedliche Überlassungs-/Mietverträge

  • gewerblicher Generalmietvertrag zwischen Immobilieneigentümer und Gruppe

  • Wohnraummiet-/überlassungsvertrag zwischen Gruppe und Endnutzer:in

Die zwei unterschiedlichen Mietverträge sind per se nicht deckungsgleich.
Dadurch gibt es einige Fragestellungen in dieser Dreier-Konstellation.

1. Mietzins und Betriebskosten

In langfristigen gewerblichen Generalmietverträgen wird häufig eine Wertsicherungsklausel mit indexierter Miete vereinbart. Regelungen zur Instandsetzung, zu baulichen Veränderungen oder zur Selbstverwaltung werden individuell für die Gruppe vereinbart. Der Gestaltungsspielraum ist groß, der Mieterschutz gering.

Bei Wohnraummietverhältnissen gibt es jedoch unverzichtbare Mieterschutzrechte.

Nicht jede Mieterhöhung und nicht alle Betriebskosten können 1:1 an den einzelnen Mieter weitergegeben werden. Dadurch können finanzielle Lücken entstehen.

Die Gruppe trägt also die Deckungslücke, das Risiko von Mietausfällen oder Leerstand.

2. Abhängigkeiten bedenken

Wohnungen, die durch eine personenbezogene Wohnraumförderung (z.B. EOF = einkommensorientierte Förderung oder München Modell) belegungsgebunden sind, dürfen nicht an eine Gruppe vermietet werden. Der Investor muss direkt an die Berechtigten vermieten > nur Einzelmietverträge möglich.

Wohngruppen / Wohngemeinschaften, in denen es keine abgeschlossenen Wohnungen gibt, können vom Vermieter nur einen Generalmietvertrag bekommen.

3. Wie können Endnutzer:innen weiterhin ihre Wohnung nutzen, wenn der Generalmietvertrag durch Kündigung oder Ablauf der Vertragszeit endet?

Die Kündigung eines gewerblichen Generalmietvertrages ist relativ einfach, da die Mieterschutzrecht für Wohnraum nicht gelten. Grundsätzlich muss die Gruppe als Mieterin das Mietobjekt in seiner Gesamtheit bei Vertragsende geräumt an den Immobilieneigentümer zurückgeben.

Die Bewohner:innen haben kein Vertragsverhältnis mit dem Immobilieneigentümer und damit keinerlei Mieterschutzrechte.
Die Endnutzer:innen als Untermieter:innen müssten mit Beendigung des Generalmietvertrages auch die eigene Wohnung räumen (= Grundsatz). Der Generalmietvertrag kann für die Endnutzer:innen also riskant sein.

Von diesem Grundsatz gibt es zwei Sonderregelungen. 

a) Bei einer Zwischenvermietung zur gewerblichen Weitervermietung von Wohnraum gilt § 565 Abs. 1 BGB (Öffnet in neuem Fenster)

Wenn der Zwischenmieter zur Gewinnerzielung an Endnutzer:innen die Wohnungen vermietet, tritt der Vermieter bei der Beendigung des Mietverhältnis  in die Rechte und Pflichten gegenüber den Bewohner:innen ein - wenn es keinen neuen Zwischenmieter gibt. Dies ist für die Bewohner:innen eine gute Nachricht.

Das Merkmal der Gewinnerzielung wird nicht im Einzelfall geprüft. Eine Genossenschaft und eine gGmbH sind Rechtsformen, die per Gesetz als „Muss-Kaufmann nach HGB“ eingestuft werden. Auch wenn die Genossenschaft deutlich unter den örtlichen Vergleichsmieten an Endnutzer:innen vermietet und faktisch keine Gewinne macht, verbleibt es bei der Zuordnung „Gewinnerzielungsabsicht“.

Diese Konstellation löst bei Immobilieneigentümer selten Begeisterung aus, da vielfach die „Übernahme“ der Bewohner:innen nicht gewünscht ist.
Dies mag ein Grund dafür sein, dass "Investoren" ungern ein Objekt an eine Genossenschaft oder gGmbH vermieten. Einen Ausgleich der Interessen bei Zeitablauf oder Kündigung des Generalmietvertrages muss auf der Ebene des Generalmietvertrages verhandelt werden.

Wird der Wohnraum jedoch vom Zwischenvermieter ohne Gewinnerzielungsabsicht an Endnutzer:innen überlassen, so tritt - bei Beendigung des Hauptmietverhältnisses - der Eigentümer nicht nach § 565 BGB in das Mietverhältnis mit dem Endnutzer ein.

Es bleibt bei dem oben genannten Grundsatz >>> Ohne Abschluss eines neuen Mietvertrages (mit neuen Konditionen!) muss der Endnutzer die Wohnung räumen Urteil des BGH vom 20.01.2016  (Öffnet in neuem Fenster)

Das war für sog. "Trägerwohnungen" ein riesiges Problem. 

b) Deshalb gibt es seit 01.01.2019 die Sonderregelung  § 578 Abs. 3 BGB (Öffnet in neuem Fenster) ...

... für Anmietungen durch  eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder einen anerkannten privaten Träger der Wohlfahrtspflege, die geschlossen werden, um die Räume Personen mit dringendem Wohnungsbedarf zum Wohnen zu überlassen.

Zum Schutz solcher Mietverhältnisse sowie zum Schutz der in den Wohnungen lebenden Personen wird die Anwendbarkeit von Vorschriften des Wohnraummietrechts auf gewerbliche Mietverhältnisse für bestimmte privilegierte Zwischenmieter erweitert.

Von dieser Neuregelung profitieren die Kommunen und die großen Träger der Wohlfahrtsverbände (Paritätischer, Lebenshilfe, Caritas, ...). 

Agiert der Zwischenmieter jedoch als Personengesellschaft (GbR / eGbR / GmbH&Co.KG) oder als eingetragener Verein (e.V.) und vermietet an Einzelne nach dem Kostendeckungsprinzip, so bleibt es bei dem (für die Endnutzer:innen) unerfreulichen Grundsatz.

Einen Ausgleich der Interessen bei Zeitablauf oder Kündigung des Generalmietvertrages könnte auf der Ebene des Generalmietvertrages verhandelt werden. Dafür gibt es keine Pauschalregelungen.

4. Gibt es andere (bessere) Möglichkeiten?

Mietprojekte mit einem Investor können auch durch eine Kombination von Kooperationsvertrag und Einzelverträge gestaltet werden.


Die Gruppe erhält für Erstbelegung und Nachbelegung ein "Benennungsrecht".
Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von weiteren Regelungspunkte. Die nachfolgende MindMap liefert einen Überblick.

MindMap für Kooperationsvertrag (Öffnet in neuem Fenster)

5. Sonderform

Die Kooperation einer "Hausgruppe" innerhalb einer Genossenschaft ist eine Sonderform!

Aus genossenschaftlicher Sicht empfehle ich einen Artikel des ZDK.

https://www.zdk-hamburg.de/blog/2023/07/zur-debatte-selbstverwaltetes-wohnen-in-projektgenossenschaften/ (Öffnet in neuem Fenster)

Ein Generalmietvertrag kann für die Genossenschaft steuerschädliche Folgen haben. Hierzu verweise ich auf #30 Genossenschaft und Körperschaftsteuer (Öffnet in neuem Fenster).
Die Genossenschaft muss prüfen, ob durch die Einnahmen aus einem gewerblichen Generalmietvertrag die 10 %-Grenze überschritten wird oder ob die Körperschaftsteuer in Kauf genommen werden kann.

Dauernutzungsverträge mit den einzelnen Genossen in Verbindung mit einem Kooperationsvertrag mit der "Hausgruppe" sind eine sinnvolle Alternative.

Besonders interessant ist eine Kooperation zwischen der Genossenschaft und einem gemeinnützigen Träger (z.B. Lebenshilfe) für einige abgeschlossene Wohnungen im Haus.

Die Klienten des Trägers können die wohnungsbezogenen Pflichtanteile kaum aufbringen. Insofern muss der Kooperationsvertrag ergänzt werden um

  • die Zahlung der wohnungsbezogenen Pflichtanteile durch den gemeinnützigen Träger

  • ein "Benennungsrecht" für die Erst- und Folgebelegung

Ein gemeinnütziger Verein oder die gemeinnützige GmbH darf für Menschen mit Eingliederungshilfe oder aus mildtätigen Zwecken Wohnraum für Menschen sichern, die ansonsten auf dem Wohnungsmarkt keine Chance hätten. Es gelten weder das WBVG noch die länderspezifischen Heimgesetze mit ihren rechtlichen und baulichen Vorgaben.

Durch die Einzelverträge haben die Endnutzer:innen den gesetzlichen Mieterschutz für Wohnraum bzw. die genossenschaftlichen Rechte als Mitglied der Genossenschaft.

Ein ausgewogener Kooperationsvertrag bildet den Rahmen für eine langfristige Zusammenarbeit.

Kategorie juristische Fachthemen

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