#41a Augen auf ... bei "Baugruppen"
Der Immobilienmarkt für Neubauten ist bekanntlich eingebrochen. Steigende Kreditzinsen bei anhaltend hohen Grundstückspreisen und Baukosten führen auch bei Bauträgern zu sinkender Nachfrage. Architekten suchen nach neuen Auftraggebern. Die Suche nach neuen Geschäftsmodellen ist verständlich.
Insofern häufen sich Angebote wie "Grundstück für Baugruppen / Baugemeinschaften" oder "Nachbarn gesucht" oder "gemeinsam wird's billiger". Kostenersparnis und Mitsprache werden versprochen.
Bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass über einen Ansprechpartner eine Vielzahl von Einzelverträge als Gesamtpaket miteinander verknüpft sind. Die Risiken solcher Gestaltungen sind hoch und für den juristischen Laien kaum durchschaubar.
Zum einen wird beim einfachen Grundstückskaufs regelmäßig die Haftung für den bebauungsrelevanten Grundstückszustand (insbesondere Bodenbeschaffenheit einschließlich des Altlastenrisikos, planungsrechtliche Bebaubarkeit) auf den Erwerber abgewälzt.
Zum anderen wird durch die Vertragsaufspaltung der Verbraucherschutz von §§ 650 u / 650 v BGB iVm der MaBV (Makler- und Bauträgerverordnung) ausgehebelt, wenn Zahlungen vor Eigentumsübertragung fließen:
Die Gesamtverantwortung des Bauträgers für mangelfreie Fertigstellung gemäß “Prospekt”, der feste Gesamtpreis, die Ratenzahlung nach Baufortschritt unter Einbeziehung des Grundstücks und die Absicherung durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung werden umgangen.
Drittens droht die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages, wenn nicht auch der Bauvertrag mit allen wesentlichen Vertragsbestandteilen notariell beurkundet wird.
Auch die Grunderwerbsteuer lässt sich selten sparen, denn für den Fiskus bilden auch getrennte Verträge eine Einheit. Somit bilden Grundstückswert und Bauleistungen die Bemessungsgrundlage. Lesen Sie dazu den Post #29a Die GbR (2023) und das Finanzamt (Öffnet in neuem Fenster).
Die vorstehenden Ausführungen sind Denkanstöße und allgemeine Hinweise. Sie ersetzen nicht die anwaltliche Beratung im Einzelfall.
Der Begriff "Baugemeinschaft / Baugruppe" ist juristisch nicht definiert.
Insofern ist frühzeitig zu klären, ob es sich um eine "echte" Baugruppe handelt. Hier gibt es zwei Beschreibungen:
A) Von einer "Baugruppe im engeren Sinne" spricht man, wenn sich mehrere Privatpersonen zusammenschließen, gemeinsam planen und ein Grundstück kaufen, um es gemeinsam zu bebauen. Am Ende eines langen Prozesses entsteht eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) und jede:r erhält die eigene Wohnung / das eigene Haus als Sondereigentum.
Zentrales Element ist in diesem Prozess die „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, die möglichst früh die Entscheidungskompetenz hat.
Im Gesellschaftsvertrag werden der gemeinsame Zweck und alle Rechte und Pflichten der Gesellschafter festgelegt.
Dazu habe ich inzwischen einige Beiträge verfasst.
#24 Beurkundungspflicht für GbR-Verträge (Öffnet in neuem Fenster)(bis 31.12.23) und
#43 die neue eGbR (Öffnet in neuem Fenster) (ab 01.01.24)
B) Der Bundesverband der Baugemeinschaften e.V. hat eine Definition formuliert, die zunächst rechtformunanhängig ist und mehr die Qualität der Projekte beschreibt.
Danach zeichen sich Baugemeinschaften häufig durch gemeinsame soziale Ziele aus. Gegenseitige Unterstützung im Alltag, gemeinschaftliche Aktivitäten, das Zusammenleben von Jung und Alt, soziales Engagement im Quartier, Nachhaltigkeit durch energiebewusstes Leben und Wohnen machen einen wichtigen Teil dieser Projekte aus.
Entscheidend ist immer, dass die Gruppe die Entscheidungen gemeinsam trifft. Dafür gibt es unterschiedliche Methoden wie das "Systemische Konsensieren" oder die "Soziokratie".
Haben sie die passende Gruppe und eine Immobilie gefunden?
Wunderbar, ... Jetzt geht es darum, den richtigen rechtlichen Weg zu finden.