Die eGbR und das Finanzamt
Das Finanzamt interessiert sich für Baugruppen als GbR und deren Gesellschafter zu verschiedenen Phasen:
die eGbR kauft eine Immobilie
ein:e Gesellschafter:in tritt nach dem Kauf der Immobilie der eGbR bei
die eGbR wird zur WEG und die Gesellschafter:innen erhalten ihren Miteigentumsanteil und ihr Sondereigentum
1. Die eGbR kauft eine Immobilie
Für den Kauf der Immobilie fällt die Grunderwerbsteuer - in der jeweils länderspezifischen Höhe - an. Bemessungsgrundlage ist der beurkundete Kaufpreis für das Grundstück / für das Bestandsgebäude laut notarieller Urkunde. Sonstige Bestandteile des Kaufpreises (Erschließungskosten, Mobilien, Auslagenerstattungen, ...) bleiben unberücksichtigt.
Der spätere Beitritt einer natürlichen Person zu einer Personengesellschaft unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer, soweit innerhalb von 10 Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar für mind. 10 % der Anteile unverändert bleibt. Gehen jedoch innerhalb von 10 Jahren mind. 90 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter über, so gilt das (letzte) Geschäft als ein Rechtsgeschäfts zur Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft § 1 Abs. 2a GrEStG (ab 30.06.21).
2. ein:e Gesellschafter:in tritt - nach dem Kauf der Immobilie - der eGbR bei
Grundsätzlich unterliegt der Beitritt einer natürlichen Person zu einer Personengesellschaft nicht der Grunderwerbsteuer.
Ist jedoch eine Auseinandersetzung als WEG geplant, so sieht die Betrachtung anders aus. Treten neue Gesellschafter:innen in eine eGbR ein, die bereits ein Grundstück erworben hat, verweigern immer häufiger die Finanzämter den neuen Gesellschafter:innen die Ausstellung der sog. Unbedenklichkeitsbescheinigung bei der SPÄTEREN Auflassung des Sondereigentums.
Je später der Beitritt, desto weniger Einfluss als “Bauherr”. Damit nähert sich der Beitritt einem Erwerb vom Bauträger. Es fällt Grunderwerbsteuer für Grundstücksanteil und Sondereigentum an.
Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist jedoch Voraussetzung dafür, dass der Gesellschafter als Eigentümer in SEIN Wohnungsgrundbuchblatt kommt. Dies macht Probleme bei der Bankfinanzierung. Hier empfiehlt sich die persönliche Vorsprache beim Finanzamt unter Darlegung der Beitrittsumstände. Nachfolgende Ausführungen geben Ihnen die entsprechende Tipps zur Argumentation.
Auch Bestandsgesellschafter:innen einer eGbR, die bereits am Kauf der Immobilie beteiligt waren, erhalten vielfach Fragenbögen vom Finanzamt "zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Offenlegung der für die Besteuerung erheblichen Tatsachen im Ermittlungsverfahren". Da die Gesellschaft bereits die Grunderwerbsteuer aus dem Kaufpreis für die Immobilie (Grundstück / Bestandsobjekt) gezahlt hat, führt die nachträgliche Einzelprüfung bei den einzelnen Gesellschafter:innen zur Verunsicherung.
Was ist der Hintergrund dieser Ermittlungsverfahren?
Das Finanzamt kann aus den Urkunden nicht erkennen, ob im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb bzw. mit dem Beitritt Vereinbarungen über Bauleistungen abgeschlossen worden sind. Die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer für den einzelnen Gesellschafter ist somit unklar.
Die Höhe der Grunderwerbsteuer bemisst sich nach dem Wert der Gegenleistung § 8 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG (Öffnet in neuem Fenster)).
Nach § 9 Abs. 1 Nummer 1 GrEStG gilt als Gegenleistung eines Grundstückskaufs der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen.
Für die Höhe der Grunderwerbsteuer ist entscheidend, ob nach dem Willen der Vertragsbeteiligten das Grundstück in einem anderen Zustand (z B. bebaut, saniert, erweitert) übergehen soll als dem, den es im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hatte. Nicht der Ist-Zustand der Immobilie zum Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäftes (Immobilienkauf bzw. Beitritt) ist entscheidend, sondern allein die Vereinbarungen der Parteien über den Soll-Zustand.
Es ist denkbar, dass Verkäufer und Erwerber neben dem beurkundungspflichtigen Kaufvertrag über die Immobilie auch gleichzeitig einen Bauvertrag, einen Projektsteuerungs- oder einen Architektenvertrag abgeschlossen haben. An Stelle eines Bauträgervertrag könnten verschiedene Einzelbausteine vereinbart worden sein. Dies ist eine zulässige juristische Gestaltungsmöglichkeit - mit steuerlichen Konsequenzen.
Es ist denkbar, dass beim Beitritt des neuen Gesellschafters alle Bauverträge schon vergeben und das Bauvorhaben bereits soweit fortgeschritten ist, dass faktisch der beitretende Gesellschafter keine Entscheidungsmöglichkeiten mehr hat.
Ist Gegenstand des Erwerbs-/Beitrittsvorgangs ein (zukünftig) bebautes Grundstück oder ein (zukünftig) saniertes Gebäude, werden für die Berechnung der Grunderwerbsteuer dem Grundstückskaufpreis alle weiteren Beträge hinzugerechnet, die der Erwerber an die veräußernde Person gezahlt bzw. zu zahlen hat, um das Grundstück im (zukünftig) bebauten / sanierten Zustand zu erwerben.
Dazu gehören beispielsweise
- die Baukosten für das Gebäude einschließlich der Umsatzsteuer,
- alle sonstigen Aufwendungen, die die Erwerber für die veräußernde Person übernommen haben (z. B. Makler-, Vermessungs- oder Erschließungskosten).
Der neue Gesellschafter wird steuerlich so betrachtet, als ob er vom Bauträger gekauft hätte.
Auch ohne einheitliches Vertragswerk reicht es aus, wenn eine zivilrechtliche Verknüpfung des Erwerbs / Beitritts und sonstiger Verträge zu einem rechtlichen Zusammenhang aller Verträge führt.
Auch getrennte Verträge mit Dritten können objektiv in engem sachlichen Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag stehen, sodass sich ein „einheitliches Vertragswerk“ ergibt. Ein objektiv sachlicher Zusammenhang ist dann indiziert, wenn der Veräußerer selbst oder Dritte, die mit dem Veräußerer personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind oder auf Grund von Abreden zusammenarbeiten, auf den Abschluss aller Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken. Nicht erforderlich ist es, dass das Paket in einem Schriftstück und zu einem einheitlichen Gesamtpreis unterbreitet wurden. Ein Vertragsgeflecht ist ausreichend. Auch eines schriftlichen Vertrags zwischen den auf der Veräußererseite verbundenen bzw. auftretenden Personen bedarf es nicht. Vielmehr genügt dafür ein tatsächliches, einvernehmliches Zusammenwirken, das bereits dann gegeben ist, wenn der im Übrigen passive Grundstücksverkäufer dem Projektsteuerer / Bauunternehmer das Grundstück "an die Hand" gibt. Eine Abrede auf der Veräußererseite muss für den Erwerber nicht erkennbar sein. Es ist ausreichend, wenn sie anhand äußerer Merkmale objektiv festgestellt werden kann. Anhaltspunkte für Abreden der Veräußererseite können ein gemeinsamer Vermarktungsprospekt oder ein gemeinsamer Internetauftritt sein.
Grundsätzlich wäre die Annahme eines einheitlichen Vertragswerkes möglich, wenn ein verpflichtendes Baukonzept vorliegt und die Entscheidungsfreiheit des Erwerbers faktisch eingeschränkt wird bzw. ein von der Veräußererseite vorbereiteter Geschehensablauf hingenommen wird.
Zur Ermittlung des Sachverhaltes bedient sich das Finanzamtes folgender Fragestellungen:
Bebauung des Grundstückes (ist bebaut / soll bebaut werden / ist nicht bebaut)
bauliche Veränderungen (ist erfolgt / soll erfolgen / sollen nicht erfolgen)
Welche Verträge (schriftlich / mündlich sind mit dem Veräußerer oder Dritten) über die Bebauung der Grundstück sind bereits mit Kauf oder Beitritt abgeschlossen worden / geplant / nicht geplant?
Wie sind Sie auf die Baugruppe xx GbR aufmerksam geworden?
Von wem wurde Ihnen eine Beteiligung zuerst angeboten?
Wie wurde Ihnen das Grundstück angeboten?
Gibt es eine oder mehrere ausführende Firmen?
> Datum des Angebotes und des VertragsabschlussesIn welchem Zustand befand sich das Grundstück bei Abschluss der Beitrittsverhandlung?
Bauplan, Bauvoranfrage, Bauvorbescheid, Bauanzeige, Bauantrag, Baugenehmigung liegen vor? > Datum und Antragsteller
Kosten für Abriss, Vermessung?
Konnten Sie Wünsche bei der Gewährung einer bestimmten Wohnung abgeben?
Es ist zu empfehlen, neben der Beantwortung der Fragen auch Kopien von allen zweckmäßigen Unterlagen unaufgefordert vorzulegen.
Hierzu können Gesellschaftervertrag und Protokolle der GbR gehören, die beweisen können, ob die Gruppe als Erwerber oder der Einzelne nach dem Beitritt freie Entscheidungen getroffen haben. Die Baugruppe muss darzulegen, inwieweit sie als Bauherren frei und unabhängig vom Veräußerer agieren konnte und der einzelne Gesellschafter muss darlegen, ob er bei der Bebauung noch eigene Entscheidungen getroffen und Eigenleistungen erbracht hat.
Im Einzelfall stellt sich die Frage der tatsächlichen Entscheidungsfreiheit des Erwerbes bzw. des später beitretenden Gesellschafters.
Kriterien dafür sind die Regeln zur Entscheidungsfindung und die Übernahme des Bauherrnrisikos. Ein Gesellschafter, der sich früh an der Projektentwicklung auch mit finanziellem Risiko beteiligt (in der GbR), wird gegenüber dem Finanzamt gute Argumente haben, dass er nur ein unbebautes Grundstück erworben hat und die Bebauung als Eigenleistung erfolgt.
Soweit nur Dienst- oder Bauleistungen angeboten bzw. eine bauliche Machbarkeit vom Veräußerer vorgeklärt wurde, bleibt der Gesellschafter / der Erwerber in seiner Entscheidungsfreiheit frei.
Faktische Zwänge ergeben sich auch nicht allein daraus, dass für den Erwerber allgemeine öffentlich-rechtliche Bauplanungs- und nachbarrechtliche Anpassungspflichten zu beachten sind oder eine vertragliche oder kraft öffentlichen Rechts begründete allgemeine Bau- oder Sanierungsverpflichtung besteht. Auch eine allgemeine Bauverpflichtung (im Rahmen eines Konzeptverfahrens) lässt dem Erwerber genügend Entscheidungsfreiheiten. Die Erfüllung der Bauverpflichtung ist ja gerade seine Eigenleistung, bei dessen Mißachtung der Erwerber eine Vertragsstrafe verwirkt.
Das Niedersächsische Finanzgericht hat in seiner Entscheidung vom 01.11.2018 zu Gunsten des Mitgliedes einer Bau-GbR und Erwerber eines ideeellen Anteil eines Erbbaurechtsanteils am Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung (= Wohnungserbbaurecht) entschieden.
Bei Abschluss des Kaufvertrages (von einer eG) stand die künftige Bebauung schon fest und es wurde vereinbart, dass mit dem Bauvorhaben innerhalb von 3 Jahren zu beginnen sei. Die Bau-GbR hatte bereits den Bauantrag gestellt und über die Vergabe der Gewerke an einzelne Bauunternehmen immer im Konsens entschieden. Der Kaufpreis bestand in der anteiligen Erstattung der Kosten, die dem Veräußerer (eG) für die Projektumsetzung entstanden waren und der Übernahme eines jährlichen Anteil am Erbauzins.
Das Finanzamt hatte zunächst ein einheitliches Vertragswerk gesehen.
Das Berufungsgericht hat diesen Zusammenhang nicht gesehen:
„Allein der Umstand, dass der Erwerber zum Zeitpunkt des Erwerbs des Erbbaurechtes um die zukünftige Art und Weise der Bebauung wusste, reicht nicht aus, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen eines einheitlichen Vertragswerkes im Streitfall erfüllt sind. Richtet sich der Anspruch auf Übertragung eines Grundstücks bzw. eines Erbbaurechts einerseits und Errichtung des Gebäudes anderseits - wie im Streitfall - gegen verschiedene Personen, ist weitere Voraussetzung für die Annahme eines einheitlichen Vertragswerks, dass die mit der Bauausführung beauftragten Bauunternehmer und die Verkäuferin des Erbbaurechts im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze dahingehend zusammengewirkt haben, dem Kläger ein bebautes Grundstück zu verschaffen. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Vergabe der einzelnen Gewerke jeweils erst nach einer basisdemokratischen Abstimmung in der Mitgliederversammlung der Bau-GbR, dessen Mitglied der Kläger war, erfolgte. Die Frage, welche Baufirma zu welchem konkreten Preis mit der Durchführung der einzelnen Baumaßnahmen beauftragt werden sollte, wurde sukzessive nach Vorlage verschiedener Kostenvoranschläge entschieden. Dabei wurden verschiedene Bauunternehmen mit der Herstellung der Gebäude beauftragt. Eine solche Vorgehensweise entsprach auch dem Konzept, welches bei Abschluss des Erbbaurechtsvertrags den Beteiligten bekannt war und von allen gebilligt wurde. Diese Vereinbarung stand dabei nicht nur auf dem Papier, sondern wurde tatsächlich gelebt. Vielmehr ist der Senat der Überzeugung, dass der Erwerber als Mitglied der Bau-GbR auch aus grunderwerbsteuerlicher Sicht als Bauherr anzusehen ist....
Aus dem Vertrag über den Erwerb des Erbbaurechtes ergibt sich keine Verpflichtung des Verkäufers (eG) auf Errichtung und Übertragung einer Eigentumswohnung an den Käufer. Der notariell beurkundete Vertrag über den Erwerb eines Erbbaurechtes umfasst keine Verpflichtung des Verkäufers das Gebäude zu errichten. Schon aus der Vorbemerkung zum Vertrag wird deutlich, dass es Teil des von der eG entwickelten Konzeptes war, dass alle Erwerber des Erbbaurechtes das Bauvorhaben im Rahmen einer GbR selbst durchführen sollten. Dies wird auch im vereinbarten Kaufpreises als Kostenerstattungsanspruch und in der Übernahme des anteiligen Erbbauzinses deutlich.“
Der Käufer hatte das Erbbaurecht in unbebautem Zustand erworben mit der Folge, dass die zukünftige Bebauung des Grundstücks alsnicht grunderwerbsteuerbare anteilige Eigenleistung des Erwerbes einzuordnen ist.
Damit sind die Bauerrichtungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen.
Fazit:
Es kommt sehr auf die Beurteilung und die Argumentation im Einzelfall an. Der spätere Beitritt in eine eGbR kann durchaus steuerrechtliche Auswirkungen haben! Das Finanzamt kann den Beitritt zu einer Bau-eGbR durchaus dem Kauf vom Bauträger gleichstellen.
3. die eGbR wird zur WEG und die Gesellschafter:innen erhalten ihren Miteigentumsanteil und ihr Sondereigentum
Nach § 39 AO (Öffnet in neuem Fenster) wird ein Wirtschaftsgut (hier die Immobilie), die mehreren zur gesamten Hand zusteht, den Gesellschafter:innen anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist = Bruchteilsbetrachtung.
Nach § 24 GrEtG gilt auch für die eGbR (weiterhin nach dem 01.01.24) die Bruchteilsbetrachtung.
Durch Teilungserklärung und Auseinandersetzungsvertrag wird das Gesamthandseigentum der GbR den einzelnen Gesellschafter:innen als Eigentum zugewiesen. Für diesen Vorgang gilt die Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach § 6 GrEStG (Öffnet in neuem Fenster). Voraussetzungen sind, dass die Gesellschafter:innen zu dem späteren Sondereigentümer:innen personenidentisch sind und auch die jeweiligen Anteile identisch sind. Es ist also wichtig, die Anteile der Gesellschafter:innen an der GbR im Gesellschaftervertrag transparent zuzuweisen.
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