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# 52 Baugruppe.2024

Für Baugemeinschaften / Baugruppen, die Sondereigentum innerhalb einer WEG anstreben, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Vorgehensweise:

1. Sog. „Tübinger-Modell”

Die Baugruppe kann das Grundstück bereits als Miteigentümer in Bruchteilen erwerben. Diese Bruchteile sollten mit den späteren Miteigentumsanteilen nach WEG identisch sein. Dies setzt voraus, dass

  • die Gruppe vollzählig ist oder ein Miteigentümer als “Zwischenerwerber” fungiert”

  • die Planung beim Kauf bereits sehr weit fortgeschritten ist und im besten Fall die Baugenehmigung und die Abgeschlossenheitsbescheinigung vorliegen.

Die Beurkundung der Teilungserklärung nach § 3 WEG kann zeitgleich oder zeitnah mit dem Kaufvertrag erfolgen. Die Wohnungsgrundbuchblätter werden dann sehr schnell angelegt und die entsprechenden Grundschulden können in das jeweilige Wohnungsgrundbuchblatt eingetragen werden. Somit kann jeder Gesellschafter seinen Miteigentumsanteil bzw. sein Sondereigentum in der WEG selbst finanzieren.

Für die Projektentwicklung und für das gemeinsam Planen und Bauen muss eine (e)GbR vorab gegründet und parallel in der Bauphase fortgeführt werden. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass es keine eigenständige Planung-GbR und Bau-GbR gibt. Die Gesellschaft wird einmal gegründet und entwickelt sich in der gleichen Rechtsform weiter, indem der Zweck und die projektspezifischen Modifikationen fortgeschrieben werden. Es ändert sich lediglich der Gesellschaftsvertrag.

Spätestens mit Baubeginn sind Im Gesellschaftsvertrag besondere Absicherungen zu treffen, damit bei einer Veräußerung des Sondereigentums vor der Erstherstellung, bei Ausfall eines Gesellschafters oder bei finanzieller Notlage eines Gesellschafters (Insolvenz, Zwangsvollstreckung, eidesstattliche Versicherung) der gemeinsame Zweck nicht gefährdet wird. Der schuldrechtliche Gesellschaftsvertrag kann jedoch nur begrenzt auf das grundbuchrechtlich gesicherte Privateigentum Einfluss nehmen.

Deshalb sind notarielle und grundbuchrechtliche Absicherungen notwendig:

  • die Aufhebung der Gemeinschaft der Miteigentümer in Bruchteilen wird ausgeschlossen;

  • ein Ankaufsrecht zugunsten der eGbR oder zugunsten eines von der eGbR genannten Dritten wird vereinbart; 

  • der eventuelle Verbleib einer abgeschlossenen Einheit zur dauerhaften Verwaltung als Gemeinschaftsräume (s. unten).

Diese Handlungsoption muss von Beginn an durchgehend strukturiert werden Viele „Bauherren“ mit individuellen Bedürfnissen müssen zu einer Gemeinschaft - auch juristisch - zusammengeschweißt werden. 

2. Sog. „GbR-Modell“

Die meisten Baugruppen erwarben das Grundstück gerne als GbR, weil sich das Projekt flexibel entwickeln kann und der Wechsel der Gesellschafter einfacher ist. Der gemeinschaftliche Zweck sowie die Rechte und Pflichten der Gesellschafter werden allein über den Gesellschaftsvertrag definiert. Die Beurkundung der Teilungserklärung nach § 8 WEG erfolgt häufig erst am Ende des Projektes. Es bleibt viel Zeit für die individuelle Ausgestaltung der Gemeinschaftsordnung innerhalb der Teilungserklärung. Erst durch eine zusätzliche notarielle „Auseinandersetzung“ wird das jeweilige Sondereigentum (welches vorher bereits in der Teilungserklärung grundbuchrechtlich gebildet wurde) an den jeweiligen Gesellschafter übertragen. Die Auflassung erfolgt meist erst nach Fertigstellung, Abnahme und Ausgleich aller gegenseitigen Zahlungsansprüche. Bei dieser Variante wird die Gemeinschaft gegenüber dem Einzelnen deutlich gestärkt.

Diese Variante war zum Jahreswechsel aus steuerlicher Sicht riskant. Aufgrund der zwischenzeitlichen Klärung (siehe oben) bleibt diese Handlungsoption weiterhin für Baugruppen möglich. Die Anmeldung der Gesellschaft in Gesellschaftsregister kommt als neuer Zwischenschritt in den Projektablauf. Der Erwerb des Grundstücks muss als „N.N. eGbR“ erfolgen.

3. Die eGbR als Treuhänderin der Gemeinschaft

Bislang bestand immer die Gefahr, dass Baugemeinschaften früher oder später das Miteinander verlieren und lediglich das Gemeinschaftseigentum innerhalb der WEG verwaltet wird. Die WEG ist keine eigenständige Rechtsform, sondern nur eine Sonderform des Miteigentums nach Bruchteilen (§§ 1008 ff, 741 ff BGB). Die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung ist eine Miteigentümervereinbarung - allein zur Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Im Übrigen ist jeder Bruchteil / jedes Sondereigentum privates, frei verfügbares Eigentum. 

Lesen Sie den Erfahrungsbericht im Blog von Dorothea Heintze (Öffnet in neuem Fenster)

https://chrismon.de/blogs/wohnlage/blog-reihenhaussiedlung-wieviel-gemeinschaft-geht (Öffnet in neuem Fenster)

a) Vielfach gibt es das Bedürfnis, bei der Veräußerung von Sondereigentum Einfluss nehmen zu können. Dies ist auf der Ebene des WEG Rechtes nur in äußerst seltenen Fällen möglich. Nunmehr kann über ein beurkundetes (eventuell auch im Grundbuch abgesichertes) Ankaufsrecht zugunsten der eGbR bzw. zugunsten eines von der eGbR benannten Dritten der Einfluss der Gruppe deutlich gestärkt werden.

b) Die eGbR könnte dauerhaft Sondereigentümerin einer Einheit (z.B. Gemeinschaftsräume, Clustereinheit, Mieteinheit für (Öffnet in neuem Fenster) Flüchtlinge oder Rolli-WG) (Öffnet in neuem Fenster) bleiben. Voraussetzung ist die Abgeschlossenheit und die Bildung eines eigenen Wohnungsgrundbuchblattes für diese Einheit. Gemeinschaftsräume sind dann nicht Gemeinschaftseigentum der WEG, für die das Wohnungseigentumsrecht gilt. Vielmehr erfolgen Verwaltung und Betrieb der Gemeinschaftsräume über die gesellschaftsrechtlichen Regelungen des Gesellschaftsvertrages. Dies eröffnet neue Möglichkeiten der Kostenumlage, der Entscheidungsfindung und der "Verortung" des sozialen Miteinanders. Dies ist umso wichtiger, wenn Vorgaben aus einem Konzeptverfahren langfris (Öffnet in neuem Fenster)tig zu erfüllen sind. 

Es ist wichtig, dass freihändige Verkauf des eigenen Sondereigentums strafbewehrt (Vertragsstrafe und über die Gemeinschaftsordnung) an die Übertragung des GbR-Gesellschaftsanteils auf den Erwerber geknüpft werden. So tritt der Erwerber in die Rechte und Pflichten als Gesellschafter ein. Der Zweck der eGbR und damit auch der Gemeinschaftssinn können über diese Konstruktion langfristig erhalten bleiben. Es ist unwahrscheinlich, dass sich ein (Öffnet in neuem Fenster)Erwerber auf die Bedingungen einlässt, wenn er nicht auch die Motivation des gemeinschaftlichen Zusammenlebens mitbringt. Spekulative Veräußerungen an Erwerber, die sich dem nicht verbunden fühlen, werden so indirekt verhindert.

Ich bin schon sehr gepannt auf Projekte, die sich dieser Idee verbunden fühlen.
Schreiben Sie mir über die Erfahrungen info@majchrzak-rummel.de

Ihre
Angelika Majchrzak-Rummel
Rechtsanwältin und Projektberaterin

weitere Infos

Wer sich nochmals / erstmals mit der neuen GbR beschäftigen möchte, kann als Mitglied mein 19 - seitiges Flipbook (Stand März 2024) lesen.

Flipbook zur neuen (e)GbR für Wohnprojekte (März 24)
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Kategorie juristische Fachthemen

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