Inklusion im Wohnprojekt - update 2023
Das Verständnis von inklusivem Wohnen ist sehr unterschiedlich. Die UN-Behindertenkonvention wurde stufenweise ins deutsche Bundesteilhabegesetz umgesetzt. Wohnen und Leben in Einrichtungen sollen künftig für Menschen mit Behinderung nicht mehr die Regel sein. Jede:r soll die Wahlfreiheit haben, frei zu entscheiden, ob er / sie in eigenen Wohnräumen leben möchte und ambulante Hilfen in Anspruch nimmt.
Für die begriffliche Einordnung der verschiedenen Wohnformen empfehle ich
Der Bedarf an barrierefreien preiswerten Wohnungen wird steigen. Der Verein WOHN:SINN hat mit Holger Kiesel, Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für die Belange, und mit Hilfe von Aktion Mensch Forderungen für mehr Inklusives Wohnen formuliert ...
Gerade Genossenschaften könnten gut mit sozialen Trägern kooperieren, aber ...
.. für das Gelingen ist einiges zu bedenken.
Inklusionsprojekte innerhalb einer Genossenschaft
Vielfach wird die Variante 1 umgesetzt.
Eine gemeinnützige Organisation / ein sozialer Träger möchte Wohnen, Betreuung und evt Pflege anbieten - als Wohngruppe für Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder Wohngemeinschaft für pflegebedürftige Menschen.
Die gemeinnützige Organisation wird zunächst selber Mitglied in der Genossenschaft.
Üblicherweise mietet der soziale Träger Wohnraum zur Untervermietung an die eigene Klientel von der Genossenschaft an. Hierbei handelt es sich um einen gewerblichen Generalmietvertrag >> vgl. Post #31 (Öffnet in neuem Fenster)
Diese Variante ist notwendig und sinnvoll, wenn es
keine abgeschlossenen Wohneinheiten gibt > WG
innerhalb der Gruppe öfters personelle Veränderungen gibt > Student:innen übernehmen Assistenzen, der Übergang von einer Einrichtung zu ambulanten Wohnen muss erst erprobt werden, Modelle "Wohnen für Hilfe / Assistenz"
Für Genossenschaften kann bei dieser Variante der Verlust der Körperschaftssteuerbefreiuung drohen >> vgl. Post #30 (Öffnet in neuem Fenster).
Darüber hinaus sind die landesspezifischen „heimrechtlichen“ Anforderungen (wie das PflegWoqG (Öffnet in neuem Fenster) in Bayern) zu beachten. Auch länderspezifische baurechtliche Vorschriften (wie das AVPflegeWoqG in Bayern) (Öffnet in neuem Fenster), insbesondere die Anforderungen an Rettungswege und Brandschutz haben ihre Tücken.
Die Bewohner:innen in der Wohngruppe / Wohngemeinschaft haben keine direkte Vertragsbeziehung zur Genossenschaft. Die Bewohner:innen in der Wohngruppe / Wohngemeinschaft schließen einen / mehrere untereinander verbundene Verträge nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (Öffnet in neuem Fenster) mit dem sozialen Träger ab. Auch wenn zwei separate Verträge abgeschlossen werden, wird ein Gesamtpaket aus Wohnen, Unterstützen und (bei Bedarf) Pflege angeboten.
Es gibt aber auch eine andere Variante 2
Die einzelnen Bewohner:innen beteiligen sich selber an einem Wohnprojekt oder mieten selber Wohnraum (Einzelwohnen/Paarwohnen) an.
Der Betreuungs- und/oder Pflegevertrag mit dem sozialen Anbieter wird separat abgeschlossen. Alternativ beschäftigt der/die Bewohner:in als Arbeitgeber - im Rahmen des persönlichen Budgets - seine Betreuungs- und Pflegekräfte.
Diese Variante muss natürlich den Wünschen des Betroffenen entsprechen. Nicht jede:r ist für Einzelwohnen geeignet. Auch sollten in einem Wohnprojekt 3 - 5 Einheiten für Einzelwohnen angeboten werden. Die räumliche Nähe zu einer ambulant betreuten Wohngruppe („Satellitenwohnen“) oder die gute Einbindung in die Hausgemeinschaft helfen zusätzlich gegen Vereinsamung.
Begrenzender Faktor sind meist die finanziellen Möglichkeiten des/der einzelnen Bewohner:in. Der Pflichtanteil für die Mitgliedschaft (zwischen 200 - 1500 € je nach Satzung) ist noch leistbar. Auch wenn die Vermögens- und Einkommensgrenzen für den Anspruch auf Eingliederungshilfe mittlerweile deutlich erhöht wurden, so sind die wohnungsabhängigen Pflichtanteile in einer Genossenschaft eine unüberwindbare Hürde für Interessierte, die existenzsichernde Leistungen erhalten. Gerade diese Gruppe erhält auch keine 134 KfW-Fördermittel, da sie nicht die bankspezifischen Anforderungen für Kredite erfüllen können.
Der soziale Träger kann diese wohnungsabhängigen Anteile zugunsten eines Bewohners mit Anspruch auf Eingliederungshilfe übernehmen (Regelung im Kooperationsvertrag). Im Gegenzug kann dem Träger von der Genossenschaft ein Mitspracherecht bei der Planung und ein Benennungsrecht eingeräumt werden.
Grundsätzlich besteht die „Gefahr“ dass der/die Bewohner:in den Betreuungsvertrag mit dem Anbieter irgendwann kündigt und gleichzeitig weiterhin in der „geförderten" Genossenschaftswohnung bleibt. Das lässt sich nicht vermeiden. ABER, das Benennungsrecht lebt mit dem nächsten Wechsel wieder auf.
Für die Genossenschaft besteht das Risiko, eine:n "schwierige:n" Bewohner:in zu bekommen. Der soziale Träger mit seiner Kompetenz kann hier beratend und unterstützend in der Hausgemeinschaft agieren.
Als finanzielle Absicherung (Schäden in der Wohnung) sollte eine Kaution nach BGB im Einzelvertrag vereinbart sein.
Dies alles ist in einem Kooperationsvertrag zwischen Genossenschaft und sozialem Anbieter regelbar.
Diese Konstruktion entspricht den Vorgaben des Bundesteilhabegesetze und kommt dem Recht auf Selbstbestimmung am nächsten.
Beide Varianten habe ich bereits juristisch begleitet.
Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung info@majchrzak-rummel.de
Der vollständigkeitshalber sind weitere Varianten zu erwähnen:
Mit der GENIUS Wohnbau eG (Öffnet in neuem Fenster)haben sich freie Träger aus den Bereichen Alten-, Behinderten, Eingliederungs-, Sucht- und Jugendhilfe unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zu einer Genossenschaft zusammengefunden. Ziel der Genossenschaft ist es für die eigenen Arbeitsfelder selbst Wohnbau zu betreiben bzw. als Generalmieterin von Wohnungsbestand aufzutreten und die Gebäude für die Zielgruppen langfristig zu sichern.
Das Sozialprojekt Wohnen (Öffnet in neuem Fenster) als gemeinnützige GmbH kauft einzelne Wohnungen, die in weiterer Folge deutlich unter dem Marktpreis an diejenigen vermietet werden, die auf dem Wohnungsmarkt keine Chance haben. Die Gemeinnützigkeit beruht hier auf "mildtätige Einrichtung".
Die Stiftung trias, gemeinnützige Stiftung für Boden, Ökologie und Wohnen und WOHN:SINN – Bündnis für inklusives Wohnen e.V. eröffnen ein gemeinsames Sondervermögen für ein Pilotprojekt >>> Link zu wohnsinn (Öffnet in neuem Fenster).
Auch diese Idee ist reproduzierbar!
Nachfolgend einige weiterführende Links zum Thema:
Planen/Bauen für alle unter einem Dach
Hinweise der Architektenkamme (Öffnet in neuem Fenster)r für Bauherren
Barrierefreiheit nach DIN 18040-2
Förderprogramme
immer wieder neu >>> Link zur Aktion Mensch (Öffnet in neuem Fenster)
Börse für inklusives Wohnen
Die Online-Inklusionsbörse der mitbauzentrale München vernetzt Anbieter und Suchende von Wohnraum - d.h. Sozialverbände mit Genossenschaften und anderen Wohnungsunternehmen. Sie hilft Ihnen bei der Suche nach Wohnangeboten für Ihre Zielgruppen aus dem Bereich der Behindertenarbeit oder Jugendhilfe etc. Die Online-Inklusionsbörse hilft Genossenschaften und anderen Wohnungsunternehmen bei der Suche nach Trägern für freie Wohnflächen (Wohngruppen, WG’s, betreutes Einzelwohnen).
mehr Infos (Öffnet in neuem Fenster)
Die Börse befindet sich in einem geschützten Bereich. Für die Zugangsdaten wenden Sie sich bitte an die mitbauzentrale unter info@mitbauzentrale-muenchen.de (Öffnet in neuem Fenster).
Bundesweites Koordinierungsangebot & Informationsplattform für Gemeinschaftliches Wohnen plus
Die Plattform richtet sich an Interessierte, Initiativen, Kommunen und Projektträger aus der Wohnungs- und Sozialwirtschaft, die Projekte Gemeinschaftlichen Wohnens in Kombination mit (betreuten) Wohngemeinschaften, Quartierstreffs und Nachbarschaftshilfen realisieren möchten.
Zur Website (Öffnet in neuem Fenster)https://win.fgw-ev.de/ (Öffnet in neuem Fenster)
Inklusive Wohnprojekte direkt finden
Einzelpersonen und Wohnprojekte finden zusammen über die Plattform von WOHN.SINN (Öffnet in neuem Fenster)
Der Geschäftsführer von WOHN:SINN Tobias Polsfuß hat viel Erfahrung mit inklusivem Wohnen in Gemeinschaften. Im Interview (Öffnet in neuem Fenster) erzählt er über unterschiedliche gemeinschaftliche Wohnformen und wie diese Menschen mit Behinderungen in ihrem Alltag unterstützen können.
Informationen in leichter Sprache
Was ist eine Genossenschaft? Einfach eine gute Idee (Öffnet in neuem Fenster)
Leit-faden zur Gründung von Wohngemeinschaften (2016) (Öffnet in neuem Fenster)
Gründungsleitfaden
https://www.wohnsinn.org/wissen-von-a-z/gruendungsleitfaden (Öffnet in neuem Fenster)Wollen Sie zum Thema WOHNEN erfahren und öfters eine Mail von mir bekommen?
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