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Diese provokante Jankovska bei Sat1

Ich habe mich ehrlich gesagt lange geweigert, mich dem „Mainstream“ zu öffnen. Als ich mit 24 das erste Mal Kommentare über mich las, in denen ich aufs Heftigste beleidigt wurde, in denen von meinem Aussehen bis hin zu meiner wahrgenommenen Persönlichkeit alles in den Dreck gezogen wurde, was mich ausmacht, sagte ich mir: ich mach das nicht mehr mit.

Es macht etwas mit einem, mit 24 einer Medienöffentlichkeit zum Fraß vorgeworfen zu werden. Heute weiß ich: die Kommentare über mich sind immer eine Reflexion des gesellschaftlichen Zustandes, in dem wir uns befinden. Sie sagen absolut nichts über mich und meine Person aus.

Schon damals verstand ich nicht, was an meinen feministischen Idealen „provokant“ sein soll. Auch heute verstehe ich nicht, wie man ernsthaft für (!) eine 5-Tage-Woche sein kann, wie man gegen die (übrigens nicht illegale) Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld sein kann, wenn man bereits psychisch krank ist und warum der deutsche Mainstream nicht verstehen kann, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt, als die uns beinahe lebenslang auferzwungene Lohnarbeit.

Ja ja, diese PROVOKANTE Jankovska. Ich lache.

Heute war mein erster Fernseh-Auftritt – und ich bin stolz darauf, das „Tabu-Thema“ Erwerbsarbeitslosigkeit gemeinsam mit den Trigger-Sätzen „Lohnarbeit dezentrieren“ und „realpolitische Maßnahmen implementieren“ vor einer viertel Million Zuschauern gedroppt zu haben, die sicherlich nicht meine Fans, und schon gar nicht meine Zielgruppe sind.

Ich sehe es als meine Aufgabe, andere als Privilegierte darüber zu informieren, was ihre Möglichkeiten im Kapitalismus sind. Ja, wenn es sein muss sich auch mal eine „Auszeit“ in 50 Jahren Erwerbsarbeit zu „gönnen“, bevor es in die nächste Ausbeutung geht. Ja, und sofort werden natürlich die Schmarotzer-Assoziationen geweckt; sofort zucken die Leute aufs Derbste aus. Aus Neid, aus Frust, aus der schlichten Tatsache, dass sie es sich selbst nie erlauben würden, ihre eigene mentale Gesundheit, ihre Beziehungen, ihre Freizeit, ihre Haustiere und Kinder so zu priorisieren, wie sie das mit ihrer Karriere tun – weil wir das so gelernt haben. Als ob ihnen dadurch persönlich etwas weggenommen würde, wenn andere aufhören, mitzuspielen. Weniger leisten, ja ja. Das übelste aller Verbrechen.

Und deshalb halte ich es an manchen Tagen aus, dass ich als Person dafür herhalten muss, um den Frust eines ganzen Landes auf Kosten meiner Persönlichkeit und Mental Health aufzufangen.

Ich halte es aus, weil ich auch viele, viele positive Mails und DMs bekomme, in denen mir Menschen aus tiefstem Herzen danken, dass ich Anti-Work nach Deutschland und Österreich bringe. Eine Haltung, die im aktuellen Diskurs weder richtig verstanden wird, noch ordentlich Platz hat. Weil sofort irgendjemand schreit: ABER IRGENDWER MUSS SCHLIESSLICH ETWAS LEISTEN IN DIESEM LAND WIR SIND DOCH EINE WIRTSCHAFTSNATION??!?!?

Ich sage: aber nicht so. Nicht unter diesen Bedingungen, dieser Inflation, Rezession, dem Rechtsruck, dem Krieg, dem Sexismus, Rassismus und all der anderen Scheiße. Wir werden krankgemacht und es ist kein Ende in Sicht.

TL;DR: Meine 5 Minuten Laberei waren sicherlich nicht genug. Deshalb: Kauft mein Buch „Potenziell furchtbare Tage“ (Öffnet in neuem Fenster), wenn ihr die Long-Version meiner utopischen Lösungsansätze lesen wollt. Weil, naja, als Frau im Patriarchat habe ich natürlich alles zu liefern: Die Analyse und die Antwort, die Kritik und die Lösung, die politischen und die persönlichen Maßnahmen. Das Lächeln, die brave Frisur, das Nicken, die Perfektion.

Danke! Ich bin dann mal raus.  

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