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15.9.: #DisruptionForFuture statt kleinen “großen” Klima-”Streiks”


Liebe Leute,


um den 5. Geburtstag von Fridays For Future herum ist es wohl kein Geheimnis mehr, dass ich von den “großen” “Klimastreiks” (yes, beide Wörter in separaten Airquotes) nicht mehr viel halte, denn die letzten (irgendwann im März, but who on earth remembers?) waren weder “groß” - FFF hatte im Vorfeld die Erwartungen so low-balled, dass 15 Menschen und ihre Hunde als riesiger Mobilisierungserfolg geframed worden wären – noch waren sie ungehorsame Klima-Streiks, weil die Schülis natürlich mit schulleiterlicher & gesellschaftlicher Erlaubnis auf der Straße waren.

In short: die Events waren klein, repetitiv & weitgehend irrelevant. And we're talking March 23.


Der Ist-Zustand

Seitdem ist die klimatische, ist die gesellschaftliche Gesamtsituation deutlich schlechter geworden: 1. hat der Klimakollaps begonnen, d.h., die verschiedenen Mesokipppunkte, die wir vor allem aus den Arbeiten von Rockström & Rahmstorf kennen (westantarktisches Eisschelf, Amazonas, North Atlantic Meridian Circulation, etc.), von denen viele jetzt schon überschritten sind, bilden zusammen eine Art Makro-Kipppunkt, an dem das gesamte globale Klimasystem in einen instabilen Zustand kippt, & precisely that is happening NOW. 2. kämpft der angeblich so degrowthaffine Grüne “Klimaminister” gegen seine linksgrüne Familienministerin, weil die das “Wachstumschancengesetz” seines Buddies Lindner blockiert, denn die “sozialökologische Reformregierung” hat sich entschieden, weiterhin auf den größten politischen Erfolg von FFF zu scheißen, und das BverfG-Urteil zu ignorieren, dementsprechend sein Klimaschutzgesetz verfassungswidrig ist – im Konflikt Verfassung vs Wachstum gewinnt im Kapitalismus nunmal immer letzteres. Und all dies findet, 3., im Kontext des Coming Outs der Arschlochgesellschaft statt, die halt einfach fertig hat mit Klima.

So, und was macht jetzt die weiterhin mit Abstand größte (wenngleich politisch total führungslose & daher auch führungsunfähige) Organisation der Klimabewegung? Im Grunde genau das selbe, wie der Rest der Gesellschaft: more of the same. Business as usual. Genau das selbe, wie letzten März, letzten September, den Juni und den März davor, & jeden Freitag im Jahr 2019: einen bundesweiten (& globalen, aber das ist in diesem Zusammenhang leider nicht besonders relevant) “Klimastreik”.

Abdication of Leadership

Und schon jetzt ist klar, so die verschiedenen Gespräche mit strategisch denkenden Klimabewegungsgenoss*innen (FFF-Kader eingeschlossen), dass es für den 15.9. as is eigentlich nur zwei Optionen gibt: entweder wird es ein weitgehend unbeachtetes Langweilevent werden, was je nach Ort den Nebeneffekt eines angenehmen Familientreffens, oder eines winzig kleinen Seminars haben wird, das extrem unangenehm ist, weil man nicht mal heimlich gehen kann, ohne, dass einen die Seminarleiterin vorwurfsvoll anschaut; oder es wird ein bundesweit medial breitgetretener Flop werden, rechte Medien werden hämisch darauf hinweisen, dass das durchschnittliche Dorffest mehr Menschen anzieht, als ein “Klimastreik”, die SZ & die Zeit werden gleichzeitig händeringend und jubilierend schreiben, dass die Klimabewegung eine Kraft weit jenseits ihres Zenits sei.

Nochmal: ALLE, auch FFF, wissen, dass der 15.9. ein vergleichsweise kleines und schwaches Event sein wird (habt Ihr bei Euch im Kiez schon Poster gesehen? Ich wohn in Neukölln, & habe weder Poster, noch Sticker, noch Flyer gesehen), und trotzdem macht die FFF Leadership den Streik, steuert sehenden Auges in eine Situation hinein, die für die gesamte Klimabewegung ein Negativum sein wird, denn – vgl. vorletzte Woche (Öffnet in neuem Fenster)– wir sind derzeit weder beliebt, noch legitim, noch wirklich handlungsfähig (eine Situation, für die wiederum die gesamte Bewegung, auch die Letzte-Generation mitverantwortlich ist).

That's not leadership, that's it's very opposite. Ich werde oft gefragt, warum ich derzeit so hart mit FFF und Luisa Neubauer, mit der mich mal eine nicht enge, aber respektvolle Freundschaft verband, ins Gericht gehe. Die Antwort ist: weil “Leadership” (ich nutze bewusst hier das englische Wort) eine notwendige Funktion in sozialen Bewegungen ist, eine Tatsache, der sich z.B. native oder African American Movements sehr bewusst sind. Und 2019 hat FFF, sehr, sehr sichtbar angeführt von Luisa und ihrer “Bundesorga”, die Führung der Klimabewegung übernommen. Da kam viel rum, unglaublich viele wurden motiviert, das Klimathema kam “in der Mitte der Gesellschaft an”, die größten Demos ever wurden organisiert, und das alles in unter einem Jahr.

That was impressive, & it deserves applause & admiration. Aber seit geraumer Zeit ist FFF eine Art “absentee landlady” in der Bewegung, steht in der Mitte (sic!) rum, und tut ein Bisschen so, als sei man eine NGO, fordert irgendwelche Politiker*innen zu irgendwas auf, rät sie von etwas ab, & scheint alles in allem vergessen zu haben, wo die Macht sozialer Bewegungen herkommt: von der Straße. Deswegen macht es irgendwie auch Sinn, jetzt sehenden Auges ein Set viel zu kleiner Demos zu organsieren (was in meinen Augen eine Demonstration der eigenen Machtlosigkeit wäre, also wirklich extrem kontraproduktiv), denn ale gut bürgerliche Akteurin scheint FFF immer noch an den zwanglosen Zwang des besseren Arguments zu glauben, zu hoffen, dass irgendjemand da oben irgendwie, irgendwann doch zuhören könnte.


Disruption For Future?

Obv, they won't. Politik handelt von Macht, nicht von Überzeugung, weshalb es in einer Situation, wo die rechten Haie unser Blut im Wasser schnuppern, keine öffentliche Demonstration unserer Schwäche geben darf, (obacht: Metaphernwechsel), wir dürfen gegenüber den rechten Hunden und den mittigen Verdrängern keine Schwäche zeigen.

“Aber Tadzio, wir sind doch gerade schwach, sagst Du doch selbst oft auf Twitter und in Interviews.”

Well, naja: schon schwächer, als vor ein paar Jahren, but so much is about framing. Man muss der Öffentlichkeit halt eine andere Story anbieten, als die “the movement is shrinking”-Story. Dazu hatte ich mir überlegt, wie spannend es wäre, wenn sich *aus den FFF-Demos heraus”, und zwar von FFF selbst organisiert, nicht, wie so oft, von verbündeten Linksradikalen, in 2-3 größeren Städten sichtbare ungehorsame Aktionen entstehen würden? Dann wäre die bundesweite Story nicht mehr “FFF verschwindet, Klimabewegung schrumpft” sondern “FFF radikalisiert sich”.

I know, I know: “aber dann verlieren wir an Zustimmung, an Legitimität, & Ungehorsam, das machen doch die Radikalen – wir finden es ganz megatoll, gemocht zu werden.” My dear, sweet fellow bourgeois kids: na klar ist es nett, wenn unsere Klasse – unsere Eltern, unsere Chef*innen und Lehrer*innen, überhaupt: die Wichtigen in der Gesellschaft – uns mögen, I know, I am of your class & you of mine. Aber wie schon oft gesagt: von deren Goodwill können wir uns nichts kaufen, unsere Heuchler*innenklasse kann sogar das Euch-mögen zum Teil eigener Verdrängungsprozesse machen.

Neinneinnein, meine lieben fellow Bürgerkinder, das mit dem Ungehorsam, mit dem Risiko auch mal nicht gemocht zu werden: das müsst schon ihr machen, Ihr müsst Euch die Hände schmutzig machen, & die Risiken nicht nur den Links- & Klimaradikalen überlassen.

Liebe Generation Klima: es ist an Euch, wieder das zu werden, was Ihr zu Beginn wart, & was Euer historisches Versprechen ist – die einzige Kraft, die wirkich für eine gute Zukunft für Alle kämpft.

Ihr habt lang genug nett nach ner Future gefragt, jeden Freitag, aber die Störung, die “disruption”, habt Ihr Anderen überlassen, & so die Bewegung führungslos gelassen.

Am 15.9. ist Eure Chance, dies zu ändern: take us with you on a journey. A journey of #disruptionforFuture.


Euer Tadzio

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