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WeinLetter #81: Lieblings-Weinorte: Hammer-Meursault für nur 55 Euro? Die Challenge im Weinod in Wiesbaden

Liebe Wein-Freund:in,

Du liest den WeinLetter #81. Heute gibt’s: Alles über eine delikate Burgunder-Challenge im Weinod in Wiesbaden - in der neuen WeinLetter-Serie “Mein Lieblings-Weinort”. Marco Müller betreibt die Weinbar Weinod seit vier Jahren. Seit ich beruflich regelmäßig nach Wiesbaden pendle, ist das zu einem meiner Lieblings-Weinorte geworden. Und dann stand da mal diese Meursault-Flasche auf seinem Tresen. Sie stand da nur eine Woche lang. Dann wurde sie Hauptdarstellerin einer wunderbaren Burgunder-Challenge. Es ging um zwei Chardos aus zwei Legenden-Weinorten. Meursault gegen Chassagne-Montrachet. Volle Bandbreite an Chardonnay von links, mineralisch, fein bis rechts, brachial, fett. Und warum ist das Weinod jetzt so ein Kleinod? Weil es herrlich… Ach: Viel Spaß beim Lesen! Und jetzt empfehlt (und shared) diesen WeinLetter bitte. Und jetzt empfehlt (und shared) diesen WeinLetter bitte. Unterstützt den WeinLetter gerne auch finanziell und werdet aktives Mitglied! (Opens in a new window) Aber vor allem: 

Trinkt friedlich!

Euer Thilo

Weinprobe in der Weinbar Weinod in Wiesbaden

Meursault von der Domaine Jean Javillier & Fils: Auftakt unserer Burgunder-Challenge mit Marco Müller (rechts), dem Besitzer des Weinod in Wiesbaden FOTOS: EDUARD LIEBELT

Meursault gegen Montrachet: Die Burgunder-Challenge im Weinod

Von Thilo Knott

Der Ort: Das Weinod von Marco Müller in Wiesbaden

Marco Müller steht hinter seinem Tresen, schaut die Flasche an, die auf der Tresenablage steht, und sagt: „Nee, die hab‘ ich nicht gekühlt!“ Die? Das ist ein Meursault Cuvée Jean, 2021, der Domaine Jean Javillier & Fils. Also: Chardonnay aus diesem kleinen berühmten Flecken im Burgund. Meursault. Legende. Aber nicht kalt. Sie war ja auch zum privaten Verzehr gedacht. Eigentlich. „Ich stell den kalt und dann trinken wir ihn nächste Woche!“, sagte Marco Müller.

Ich glaube: So müssen Wein-Lieblingsorte sein. Unkompliziert. Neugierig. Kenntnisreich. Aber nicht diese Unorte mit diesem „Der-Wein-korkt“-Publikum, obwohl die Flasche einen Schraubverschluss hat. Also: Unkompliziert! Für mich ist das Weinod meine Dienstags-Anlaufstelle in Wiesbaden. Gute Weinkarte, aber nicht Chichi. Auf ein Glas, auf einen Absacker. Unkompliziert.

Marco Müller, 33 Jahre alt, kommt aus Filderstadt, er verheimlicht nicht, dass er Schwabe isch. Er hat das Weinod im August 2020 mitten in der Corona-Pandemie aufgemacht. Eigentlich wollte er Kochen lernen. Es wurde die Begleitung: Wein. Internationale Weinwirtschaft hat er in Geisenheim studiert und beim Rheingauer Weingut Balthasar Ress gearbeitet. Eine Türe weiter hat er noch einen Concept Store aufgemacht, in dem er schon mal 500 Maultaschen ausgibt. Alles im Werden und Wachsen. Gerade legt er seine eigene Wein-Reihe auf. Er macht das mit den Winzer:innen Matthias Wolf, Julia Schittler und Carl Koch. Marco Müller nennt die Reihe „Sippschaft“.

Eine Woche später ist die Flasche Meursault gekühlt.

Zwei Flaschen mit zwei unterschiedlichen Etiketten stehen auf einem Tisch

Meursault gegen Chassagne-Montrachet: Zwei Ortsweine, ein Preissegment, zwei völlig unterschiedliche Stilistiken

Die Challenge: Meursault gegen Chassagne-Montrachet

Die Weine sind beides Villages-Weine, also in der VDP-Klassifikation - Ortsweine. Hier sind sie:

Domaine Jean Javillier: Meursault Cuvée Jean, 13 % vol. alc., 2021, 55 - 65 Euro online.

Thomas Morey: Chassagne-Montrachet Blanc, 13 %, 2021, zwischen 45 und 70 Euro online.

Wir waren für den Meursault verabredet. Um ihn sollte es gehen und die Frage: Meursault für 55 Euro – was bringt der? Hintergrund ist ja, dass Meursault eher drei oder vierstellig zu bezahlen ist. Das „Erschwingliche“ an dem Javillier-Ortswein fanden wir spannend. Später kam eher zufällig der Chassagne-Montrachet des Top-Winzers Thomas Morey hinzu. Wie gesagt: Beides sind Villages-Weine. Ortsweine.

Das Weingut: Domaine Jean Javillier & Fils in Meursault

Sie sind Bio-Pioniere. Schon vor mehr als 50 Jahren, 1972, haben sie mit der Umstellung begonnen. 1976 kam die Bio-Zertifizierung. Seit 1980 wirken Alain und Thierry Javillier im Weingut. Von Beginn an arbeiteten sie mit prestigeträchtigen Weinbergsparzellen. Im Weinberg werden die Böden gepflügt und ausschließlich mit Kompost gedüngt. Handverlesen sind die Weine, versteht sich von selbst. Im Weinkeller herrscht maximale Zurückhaltung, Schwefel wird minimal eingesetzt, die Vergärung geschieht ausschließlich mit wilden Hefen. Auf 7,5 Hektar sind die Böden geprägt von Kalkstein, Lehm und Mergel.

Der Weinort: Meursault im Burgund

Eine Legende. Es ist ein Ort im Départment Cote d’Or – südlich von Beaune Die Appellation Meursault, seit 1970 AOC klassifiziert, verfügt über 18 Premier-Cru-Lagen, angebaut wird fast ausschließlich Chardonnay.

Einer probiert, einer sinniert: Klassische Szene einer Weinverkostung

Die Verkostung: Meursault - was für eine Komplexität!

Was waren die Verkostungsnotizen von Marco Müller und mir? Er ist mit seinen drei Jahren frisch – aber voll da und null verschlossen. Wir hätten ihn auf 2017, 2018 geschätzt. Man kann ihn kaufen, kühlen und trinken. Er hat aber trotzdem eine Lagerfähigkeit von mindestens zehn Jahren.

Er ist nicht reduktiv, er ist straff. Man schmeckt das Steinobst raus: Mirabelle und Aprikose. Nach 20 Minuten an der Luft bekommt er nochmal einen Schub – er geht voll auf. Nasser Kieselstein, feine ätherische Note, reife Ananas: Es ist ein schmaler Grat, auf dem dieser Meursault dahintanzt. Es ist kein vierspuriges Autobahn-Geballer mit 200 Sachen.

Nach einer Stunde und 15 Minuten hat er seinen feingliedrigen Top-Zustand erreicht. Er ist jetzt in Harmonie. Bisschen Honig, kaum Schmelz. Was für eine feine Komplexität!

Der Vergleich: Montrachet – was für ein Geballer!

Marco Müller hatte noch einen Chassagne-Montrachet von Thomas Morey aufgezogen. Gleicher Jahrgang, gleiches Preissegment mit guten 50 Euro. Es ist der schmierig-schmelzige Antipode zum Meursault. Das ist das burgundische Autobahn-Geballer. Kaum Frucht, wenn in Richtung Honig-Melone und reife Aprikose, null Säure. Es ist ein Brett mit einer völlig anderen Stilistik. Aber: Toller Vergleich! Das ist der jetzt maximal große Geschmacksspagat aus dem Burgund. Er hatte keine Chance gegen Meursault.

Die Erkenntnisse: Was ist das Ergebnis der Challenge?

Erstens: Es kommt beim Weintrinken auf das Erwartungsmanagement an. Meursault! Das heißt übersetzt: Trinken und sterben! Und das für den Preis. Da gewinnst du immer. „Wenn das Setting und die Story stimmen, dann trinkst du Wein“, sagt Marco Müller.

Zweitens: Es kommt auf die Einsatzbereitschaft an. Sagen wir: Du kommst um Mitternacht mit Kumpels nach Hause und ziehst diese Meursault-Flasche auf. Sie halten dich für komplett verrückt. 55 Euro! Zu der Uhrzeit! Aber er braucht nur 20 Minuten, dann ist er sofort da. Sie werden dich noch mehr respektieren, schätzen und lieben.

Drittens: Weißwein muss nicht kurz vorm Eiswürfel stehen. Trinkt Weißweine wie diesen Meursault bei mindestens 14 Grad – gerne auch mehr.

Zwei Weinflaschen mit Chardonnay aus dem Burgund stehen auf dem Tisch

Im Burgund leben die Chardonnay-Könige: Aber was ist mit Chardonnay aus Deutschland?

Die letzte Frage: Und was ist mit Chardonnay aus Deutschland?

Zum Schluss unserer Chardonnay-aus-Burgund-Weinprobe, in die Marco Müller quasi das halbe Klientel im Weinod eingebunden hat, hat er noch ein Glas Chardonnay von Julia Schittler eingegossen. Hey, es war Chardonnay, Punkt, mehr nicht. Klar, ein Vergleich mit Meursault wäre komplett unfair. Marco Müller wollte nur eines in Erinnerung rufen: „Schlechten Chardonnay bekommst du in Deutschland nicht mehr. Jeder dritte Chardonnay ist gut bis sehr gut in Deutschland!“ Chardonnay ist nach Riesling und Silvaner quasi die dritte Weißwein-Rebsorte, die hierzulande mittlerweile qualitativ hochwertig ausgebaut wird. Was aber muss passieren, um international durchzukommen gegen die Phalanx aus Burgund? Da sind wir wieder beim Erwartungsmanagement. „Es ist schwierig, wenn du für 55 Euro solche solche Meursaults bekommst.“

Mehr zu deutschem Chardonnay? Lies’ den WeinLetter #37: Der Aufstieg des deutschen Chardonnay! (Opens in a new window)

Das war’s! Zwei große Burgunder, ein Kleinod für guten Wein - Marco Müller hinter seinem Tresen im Weinod

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