Dr. Justcollapse: wie ich lernte, nicht mehr klimadepressiv zu sein, und die Zukunft wieder zu lieben.
Liebe Leute, (und damit meine ich heute mal vor allem die, die noch nicht Teil von #TeamJustCollapse sind),
ich weiß, dass Ihr sie auch spürt, egal, wie sehr Ihr versucht, sie von Euch fernzuhalten: die zunehmende Dunkelheit.
Und natürlich meine ich damit nicht die kürzer werdenden Tage, obwohl die mit Sicherheit nicht helfen. Ich meine die Dunkelheit von Klimakollaps und Faschisierung, von Krieg und Pandemie (Nachrichten heute, am 6.12., Nikolaustag im weltweiten annus horribilis 2023: Die FckAfD ist in Ostdeutschland mit Abstand die stärkste Partei (Abre numa nova janela), 32% vor den 24% der CDU, während die Ampelparteien nur auf 25% kommen; im globalen Klimasystem sind fünf zentrale Kipppunkte (Abre numa nova janela)eventuell schon überschritten und das Jahr war im Schnitt 1,46 Grad wärmer, als die vorindustrielle Zeit; Trump will sich zum Diktator aufschwingen, und das Töten in Gaza und der Ukraine geht ungebremst weiter). Ich meine die Dunkelheit, die sich aufdrängt, sobald Ihr eine Zeitung aufschlagt (old people's talk für Nachrichten anklicken), das Radio anschaltet oder Euch abends die Tagesschau anschaut. Eben die Dunkelheit, auf die viele von Euch völlig nachvollziehbarerweise mit zunehmendem Rückzug aus der medialen Welt reagieren, weil sich diese Scheiße jeden Tag reinzuziehen erstens meist total unproduktiv ist (es sei denn, ihr habt Doomern zum business modell erkoren ;)), und zweitens, nunja: halt dunkel ist, sich scheiße anfühlt, und wer will sich schon die ganze Zeit scheiße fühlen?
Verdrängung im Zeitalter des Kollaps: was wir fühlen, aber nicht zu wissen wagen
https://twitter.com/jan204re/status/1731627354387026412 (Abre numa nova janela)Das ist übrigens der Punkt, wo ich, wie schon einmal betont, den Impuls zur Verdrängung total verstehe: “wir alle verdrängen, müssen verdrängen, weil nicht verdrängen einfach zu schrecklich wäre (Abre numa nova janela).” In meinem direkten Umfeld, in der Klimabubble, in meiner Familie (sowohl meiner weirden Blutsfamilie als auch meiner wundervollen queeren Wahlfamilie) merke ich zunehmend eine merkwürdige Situation: während “Verdrängung” normalerweise bedeutet, dass das verdrängende Subjekt sich des Verdrängten nicht bewusst ist (which is sort of the whole point), können wir in der jetzigen Situation, in der Verdrängung eine kollektive Praxis ist, sowohl verdrängen, als auch wissen, dass wir verdrängen. Um es mal ganz banal auszudrücken: unsere Herzen spüren die Angst, die Dunkelheit und die Verzweiflung, die drohen, sobald wir uns voll und ganz, ohne Filter, ohne Verdrängung, ohne magisches Denken der Realität und den wahrscheinlichen Zukunftsszenarien aussetzen, und scheuen davor zurück – diese Gefühle könnten einen erdrücken. Also designen unsere Köpfe Modi der Verdrängung, vom detaillierten, policybasierten Verdrängen der Tatsache, dass 27 Jahre Klimagipfel schon nichts gebracht haben, und vom 28. eine drastische Veränderung dieser Dynamik zu erwarten, einfach total unrealistisch ist; bis hin zum zunehmend weit verbreiteten, themenunspezifischen “ich konsumiere einfach keine Nachrichten mehr, die ziehen mich zu sehr runter.”
Hier eine kleine Notiz im eigenen Interesse: wenn Ihr Euch von dem, was ich sage, und wie ich es sage, manchmal genervt fühlt, ist das unter Umständen nicht nur Resultat der Tatsache, dass ich natürlich meganervig und anstrengend bin (fragt mal meinen Ehemann oder sogar mich: immerhin muss ich mit mir jeden Tag zusammen verbringen, stellt Euch das mal vor! ;)), es kann auch ein Bisschen darin begründet liegen, dass die Erzählung, die ich seit ein paar Monaten an den Start bringe – Akzeptanz des Scheiterns (Abre numa nova janela) und des Verschwindens der “alten” Zukunft, Trauer (Abre numa nova janela), Ende des magischen Denkens (Abre numa nova janela), solidarische Kollapspolitik (Abre numa nova janela) – sich an die Menschen richtet, die lieber die Wahrheit anerkennen, als sie zu verdrängen. Und weil die meisten von Euch, aus völlig nachvollziehbaren Gründen, lieber weiter verdrängen, als eine dunkle Zukunft ohne emanzipatorische, ohne utopische, und hoffnungsvolle Elemente anzuerkennen, findet Ihr meine Story anstrengend. And I get it. I really do.
Feelings first, facts second
https://twitter.com/eg_rostock/status/1731981958442271106 (Abre numa nova janela)Ich verstehe Eure Verdrängung, verstehe sogar, dass manche von Euch – einschließlich der Klügsten, wie ein Freund von mir bei FFF Berlin, der mich gleichzeitig immer wieder extrem anstrengend findet (you know who you are ;)) - lieber Bullshitgeschichten über die COP28 glauben, als das zu wissen, was ihr jetzt schon fühlt. Denn die Verdrängungsgeschichten haben einen Mehrwert, den die Story über solidarische Kollapspolitik (noch) nicht hat: sie macht Euch gut fühlen. Weil es natürlich viel angenehmer ist, davon auszugehen, dass eine dea ex machina uns noch retten wird; dass Regierungen sowohl gewillt, als auch in der Lage sind, das Klima zu schützen; dass sich nicht (fast) Alles erstmal zum Schlechteren ändern wird, als das Gegenteil davon anzunehmen.
Natürlich könnte ich, wie schon oft getan, jetzt darauf hinweisen, dass meine Story, die Story von #TeamJustCollapse, den Vorteil hat, auf Fakten, Realitäten, harten Wahrheiten zu basieren, but who gives a fuck? Wenn meine Analyse der vergangenen zwei Jahre korrekt ist, dann würde ich mit diesen Fakten völlig an Euch vorbeireden, denn die Fakten kennt Ihr schon alle – Ihr akzeptiert sie halt nicht, und das tut Ihr nicht wegen der Fakten, sondern wegen der Gefühle, die sie auslösen. Und wenn das stimmt, dann muss meine Story – ich habe ja schon argumentiert, dass wir als Gesellschaft erst einmal ziemlich viel emotionale Arbeit machen müssten, bevor wir eine ansatzweise rationale Klimadebatte führen können – eine sein, die zuerst an den Gefühlen ansetzt, die ernst nimmt, dass Menschen Hoffnung spüren, und sich nicht scheiße fühlen wollen, und dass diese Bedürfnisse gewichtiger sind, als dass eine Geschichte vorne und hinten mit den Fakten übereinstimmt.
Ich muss es also schaffen, eine Geschichte zu erzählen, die nicht nur “stimmt” (im Sinne von: mit der Realität übereinstimmt), sondern eine, die Euch davon überzeugt, dass sich dem #TeamJustCollapse anzuschließen, oder – etwas abgerüstet – sich auch nur mit dem kommenden Kollaps emotional (und dann vielleicht auch inhaltlich) auseinanderzusetzen bedeuten kann, dass Ihr Euch besser, stärker und glücklicher fühlt, trotz Ende der Verdrängung. Das ist der Teil, den ich bisher noch nicht so richtig aufgeschrieben, aber in den vergangenen Wochen immer häufiger auf Veranstaltungen (Abre numa nova janela) und in Podcasts (Abre numa nova janela) erzählt habe: dass meine persönliche Geschichte der vergangenen Jahre genau dem Muster Krise – Depression – Akzeptanz – Ermächtigung folgt, von dem ich Euch erzählen, und das ich Euch als persönlichen wie kollektiven Vorschlag unterbreiten möchte (mit Ausnahme des exzessiven und an einigen Punkten tatsächlich gefährlichen Überkonsums chemischer Drogen, den könnt ihr weglassen ;)).
Die Angst vor dem Ende der Zukunft
Vor knapp 1,5 Jahren schrieb ich dies: “Hallo, mein Name ist Tadzio, und ich bin ziemlich sicher, dass ich tief in einer Klimadepression stecke (Abre numa nova janela).” Wobei ich den Begriff “Klima-Depression” so mittlerweile nicht mehr verwenden würde, denn richtiger gesagt war ich damals in einer tiefen und vorerst nicht besonders produktiven (im Sinne der “stages of grief” Poppsychologie) Trauerphase ob des Verschwindens, der nunmehr objektiv nicht mehr gegebenen Unmöglichkeit der guten, der besseren, der rationaleren und der freieren Zukunft für Alle auf der Welt, für welche zu kämpfen und agitieren bisher meinem Leben Sinn und Struktur gegeben hatte. Und btw, für wen das hier zu kommunistisch klingt: diese “Zukunft”, die der Gegenwart Sinn und Struktur gibt, die muss keine “queerkommunistische” sein, wie sie das bei mir ist: das kann die bessere Zukunft für Euch selbst sein, oder für Eure Kinder, oder für Eure Community, wie auch immer sie bestimmt ist. Fast alle von Uns tragen in Sich Bilder einer besseren Zukunft, und ohne diese ist Sinngebung im eigenen Leben fast unmöglich (vgl. Blochs “utopischen Wärmestrom”).
Also, was auch immer bei Euch die Quelle dieses “Wärmestroms” ist – sei es ein Partner, oder seien es die Kinder; eine Berufung, oder ein Beruf; sei es Euer eingebauter Optimismusgenerator oder, I dunno, Euer Jahresticket fürs Millerntor – bei mir war es seit bald 25 Jahren “die Bewegung”, der “Kampf” für “die Sache”. Bewegung war sozusagen meine säkulare Religion (und meine “dea ex machina (Abre numa nova janela)”). Und als mir klar wurde, dass auch die Bewegung nicht in der Lage sein würde, den Kollaps aufzuhalten, verlor ich den Glauben und die Hoffnung, denn ich dachte: Hoffnung kann nur Hoffnung auf den großen Sieg (im Kampf gegen Kapitalismus und Ungerechtigkeit) sein. Wenn wir keine realistische Hoffnung auf den Erfolg im Kampf vs. den Klimakollaps haben können, dann kann es keine Hoffnung geben, dachte ich.
Warum drösel ich das hier gerade so im Detail auf? Weil ich in den vergangenen Wochen und Monaten, in denen ich – knock on wood! - tatsächlich glaube, es geschafft zu haben, mich aus dieser Depression endgültig herauszudrehen, und mein Leben wieder (which actually seems odd, since it's so dark) in vollen Zügen genießen zu können, die Erfahrung gemacht habe, dass viele von Euch jetzt gerade an einem ähnlichen Punkt stehen, wie ich 2022, bevor ich meine Depression anerkannte. Ihr habt Angst, Euch Euren Ängsten zu stellen, obwohl Euch die Geschichten der Klimaoptimist*innen auch nicht mehr wirklich überzeugen – Ihr fühlt, dass sie nicht mehr der Realität entsprechen, die Ihr jeden Tag in den Nachrichten fast wahrnehmt – denn, wenn Ihr Euch diesen Ängsten stellt: stellt Ihr Euch dann einer Zukunft, einem Leben ohne Hoffnung? Ohne Licht und Wärme, ohne Liebe und Solidarität? Einer Zukunft ohne Zukunft?
Hope in the dark I: Lützerath
Genau da stand ich Ende 2022: vor einem Leben ohne Zukunft. Dann kam die “neuköllner Sylvesternacht”, und aus der Zukunft ohne Zukunft wurde plötzlich eine faschistische Zukunft: das “coming out der Arschlochgesellschaft (Abre numa nova janela)” hatte begonnen. Und als dann noch, am 3.1.23., in Lützerath der “Tag X” dämmerte, und alle Klimaaktivist*innen im Land aufgerufen wurden, “Lützi” vor den Schergen des Normalwahnsinns zu verteidigen, dämmerte in meinem depressiven Hirn gleichzeitig der letzte Kampf der Bewegung, der ich mein erwachsenes Leben gewidmet hatte, und die doch gescheitert war. Also machte ich mich auf nach Lützerath, womöglich zum letzten Gefecht, zum Alamo der Klimabewegung. Und doch glimmte in mir doch wieder ein Fünkchen Hoffnung auf: ich fuhr nach Lützerath, weil in der Dunkelheit, mit der das Jahr 2023 begann, die Bewegungsmagie, die Lützerath durchzog, einen der wenigen Punkte von Licht, Wärme und Hoffnung darstellte (Abre numa nova janela).
Ihr wisst natürlich, was dann passierte: obwohl wir als Bewegung wieder zu alter, hambi-style Hochform auffuhren, obwohl Alle, von NGOs über Fridays for Future, von Ökoliberalen bis Anarchist*innen dabei waren und Ihr bestes gaben, obwohl 35.000 Menschen an jenem Samstag bei der “Schlammschlacht von Lützerath” für den Entsatz des besetzten Weilers kämpften, “verloren” wir, wurde das gesamte Dorf geräumt. Die “Wohngemeinschaft”, in der ich untergekommen war, Häuser Nr. 9 und 10 im Dorf, das so klein war, dass es ohne Straßennamen auskam, war am Donnerstag den 12.1. die letzte stehende steinerne Struktur in dem, was wir bis kurz davor noch “Lützerath unräumbar” nannten, und am Freitag wurde auch dieses geräumt.
Wenn Hoffnung also nur aus Erfolgen oder der Vorhersage eines Erfolges entstehen kann, hätte ich nach Lützerath wieder tief in die Hoffnungslosigkeit abrutschen müssen. Jedoch, es kam anders. Für mich hatte sich das schon in den Tagen vor der Räumung angekündigt, während derer ich mich wie ein ehedem völlig leeres Handy fühlte, das endlich wieder an seinen Charger, seine Batterie angeschlossen worden war. Ich kam nach Lützerath ohne einen einzigen Balken auf dem Akku, und jeden Tag, obwohl die Polizei den Belagerungsring um uns immer enger schloss, wurde ich stärker, selbstbewusster, fühlte mich zum ersten Mal seit Jahren wieder richtig alive. Als wir am Abend vor der Räumung in der WG am Fenster standen, als wir auf die Cops, die Flutlichter und die Räumfahrzeuge schauten, von denen wir wussten, dass sie uns am nächsten Tag aus unserem (temporären aber dafür nicht weniger familiären und wundervollen) zu Hause räumen würden, fragte jemand: “gibt es gerade irgendeinen Ort auf der Welt, an dem Ihr lieber sein würdet?” Alle gaben die selbe Antwort: “nein, hier ist es perfekt, ich will gerade nirgendwo anders sein, als hier, mit Euch.”
Hope in the dark II: Community
Ich hatte in dieser WG meinen Glauben wiedergefunden. Nicht den Glauben an den großen revolutionären Erfolg in einer fernen Zukunft; nicht einmal den Glauben, dass wir Lützerath physisch verteidigen könnten; sondern den Glauben in die Gemeinschaft, die es in Bewegung gibt, die irreduzible Kraft, die man findet, wenn man sich mit anderen zusammentut, und dafür kämpft, die Welt besser zu machen – auch wenn “besser” tatsächlich nur “weniger schlecht, als sie sonst wäre” bedeutet. Wir waren 3 politische Generationen (Abre numa nova janela), von 22 bis 56, wir kamen aus unendlich weit voneinander entfernten politischen Kulturen, und wir wuchsen zusammen, durch den Druck von Außen, vor allem aber durch die gemeinsame Aufgabe, die gemeinsame Mission. Wo zu Beginn Skepsis war, blieb am Ende nur tiefe Zuneigung, Solidarität und ein sich-umeinander-kümmern, das der harmonischsten Familie gut zu Gesicht stünde. Im Zusammenkommen dieser verschiedenen Menschen war der kommunitische Zauber soziale Bewegung sichtbar, der aus einzelnen Elementen mehr als die Summe ihrer Teile, der aus “lass mal zusammen was machen” ein “von allen nach ihren Fähigkeiten, allen nach ihren Bedürfnissen” macht.
Der zentrale Punkt hier ist dieser: die Hoffnung, die ich in Lützerath wiedergefunden hatte, war keine Hoffnung auf einen mittlerweile materiell nicht mehr möglichen Sieg über den fossilen Kapitalismus, denn dieser hatte ja das Dorf zerstört. Ich muss also, um zu hoffen, nicht auf magischen Denken setzen und die Sicherheit des Klimakollaps verdrängen oder anderweitig ignorieren; ich muss auch nicht verdrängen, dass das wahrscheinlichste gesellschaftliche Szenario in den meisten Ländern des globalen Nordens (und anderer, mittlerweile relativ privilegierter “Schwellenländer” (dämlicher Begriff) die rapide fortschreitende Faschisierung ist.
Um zu hoffen, muss ich “nur” mein Vertrauen in die Menschen um mich herum legen können: dass dies die Menschen sein werden, mit denen zusammen ich versuchen werde, in einer wahrscheinlich immer dunkler werdenden Welt immer wieder immer neue, wenn es gut läuft sogar immer größere Räume der Solidarität, der Liebe und der Menschlichkeit zu schaffen. Darin lag der Kern meiner “Pink Panther (Abre numa nova janela)”-Idee: nicht in der Entwicklung der Fähigkeit, militante Queerhasser zu verprügeln (though I certainly wouldn't mind that), sondern in der Fähigkeit, die Art von Räumen zu verteidigen, in denen Leben, wie ich, wie “wir” (Linken, Progressiven, Humanist*innen, Klimas, Queers, etc.) es uns vorstellen, möglich ist. Aus dieser Perspektive heraus ist es dann auch wieder leichter, regelmäßig Nachrichten zu konsumieren, sich mit der Welt auseinanderzusetzen, ohne daran kaputt zu gehen: da ich mittlerweile davon ausgehe, dass es keinen Klimaschutz geben wird (also gar keinen, wirklich Null), dass das Klima schon am kollabieren ist, ebenso wie andere sozio-ökologische Systeme, dass die Faschos immer stärker werden, kann ich jeden einzelnen Moment, wo etwas Gutes geschieht (in mehreren US-Bundesstaaten wird das Recht auf Abtreibung in der Verfassung verankert; in Spanien verlieren die Vox-Faschos überraschend die Wahlen; dito die widerwärtig queer- und frauenfeindliche PiS in Polen), hart abfeiern, weil jeder davon mich genuin überrascht und erfreut – während jeder Sieg für die Faschos erstmal einfach eine Bestätigung meiner Erwartungen ist: zwar scheiße, aber erwartbar, daher emotional manageable.
Hope in the dark III: zuerst die Arbeit, dann die Hoffnung
Aber: um an diesen Punkt zu gelangen, ist einiges an emotionaler Arbeit notwendig, und es wird kein leichter Weg werden. Ihr müsst für Euch selbst zur “Akzeptanz” (vgl: stages of grief (Abre numa nova janela)) kommen, und ich kann Euch da keine detaillierte Wegbeschreibung geben. Ein wundervoller Mensch fragte mich kürzlich, wie ich diese zwei Jahre in der Wildnis, in der Dunkelheit, der Depression durchgestanden hätte. Meine Antwort, die ich zwischen dem Tränenausbruch kaum artikulieren konnte war: “barely”. Kaum. Meinem genauen Weg sollte niemand folgen, und das nicht nur wegen der vielen Drogen.
Ein Fehler, den ich gemacht habe, war es, den Weg relativ allein zu gehen, denn der Weg wird hart, schwierig und steinig werden, und wahrscheinlich werdet Ihr stolpern. Dann braucht Ihr Menschen, die Euch wieder hochziehen, mit denen zusammen Ihr weitermachen könnt. Klar, für uns “Bewegungsmenschen” können das unsere Genoss*innen sein, aber alle von Uns stehen in sozialen Beziehungen, egal, wie allein Wir Uns manchmal fühlen. Look around you: wer in Deinem Umfeld stellt sich ähnliche Fragen? Und wenn niemand in Deinem direkten sozialen Umfeld: wofür gibt's denn das Internet? Komm zum Beispiel zum Klimakollapscafé (Abre numa nova janela), da treffen sich regelmäßig kluge, warme, weise Menschen, die u.a. miteinander darüber reden, was diese “Akzeptanz” für sie emotional bedeutet, in den Beziehungen zu anderen Menschen, etc. Organisiere Dich in Deiner Nachbarschaft, wenn es darum geht, diese resilienter, gerechter und nachhaltiger zu machen, weil, das sind die Menschen, mit denen zusammen Du in Zukunft um die Zukunft ringen wirst. Die sozialen Beziehungen, die Du aufbaust, diese sind die Zukunft, auf die Du hoffen kannst: und wie ich hoffentlich mit meinem Lützerath-Beispiel gezeigt habe, das ist sehr viel mehr, als nichts.
Klar, das klingt nach viel Arbeit: nobody ever said grief was easy. Aber vielleicht habe ich hier den Beginn eines Weges aufgezeigt, der in eine Zukunft führt, in die man noch Hoffnung setzen kann.
Mehr dazu im kommenden Jahr, ich brauche jetzt erstmal eine längere Pause. Bis dahin: seid gut zu Euch und einander. There is still much to do...
Euer Tadzio