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Die Stützen der Gesellschaft

Warum ein Anti-System-Kandidat wie Andreas Babler in dieser Zeit der Richtige für die SPÖ ist.

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Vor hundert und mehr Jahren haben Meister wie der Schriftsteller Henrik Ibsen oder der Maler George Grosz die „Stützen der Gesellschaft“ in ihren jeweiligen künstlerischen Disziplinen porträtiert. Die Kamarilla an der Macht, die streberischen, ehrgeizigen Jünglinge, die feisten, satten Wichtigtuer, die Geschäftemacher, die immer auf die richtige Seite fallen. Die Welt der Etablierten, die sich, wo immer für ihren Fortgang nötig, an keine Gesetze halten. Und die natürlich nicht wie Schmalspurmafiosis ihre kleinen Räder drehen, sondern ganz große Räder drehen. Die keine „organisierte Kriminalität“ betreiben, sondern „verdammt gut organisierte Kriminalität“.

An der Spitze schwimmen sie immer wie die Fettaugen ganz nach oben auf die Suppe, während die unten nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen.

In Österreich von heute bringt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft WKSTA die Säulen der hiesigen „Stützen der Gesellschaft“ gerade zum Einsturz. Was keine Wahlen, keine Reformbewegungen, keine Pro-Demokratie-Demonstrationen zuwege brachten, geschieht jetzt einfach aufgrund von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen: der Machtarchitektur eines ganzen Landes winkt der Kollaps. Weil Sebastian Kurz und sein türkis-blaues Machtkartell es einfach übertrieben haben fliegen jetzt alle Günstlinge, Helfershelfer, Spender, Trickser, Champagnisierer und diese ganze schöne, mondäne Welt auf, die glaubte, sie sei besonders schlau und könne sich alles erlauben.

Währenddessen führt die SPÖ ihren Wettkampf um die Parteiführung durch, was nur vordergründig ein ganz anderes Thema ist. Denn Angesichts der tiefen gesellschaftlichen Krise unseres Landes, aber auch wegen der Unzufriedenheit mit den etablierten Kandidaten in der SPÖ – also der amtierenden Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner und ihres Herausforderers aus der burgenländischen Regierungsspitze – zählt ein Kandidat zum Favoritenkreis, der ansonsten eher wenig Chancen hätte: der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler.

Babler ist bekannt als prinzipientreuer Stadtchef und als gemäßigter Parteirebell, der einfach sagt, was er sich denkt, ohne gleich die Partei dauernd in Brand zu setzen. Er ist hemdsärmelig und bodenständig und redet wie die normalen Menschen. Babler, von dem viele sagen, das ist „noch ein echter Sozi, der das Herz am rechten Fleck hat“, präsentiert sich selbst als Anti-Eliten-, als Anti-Establishment-Kandidat, und rockt damit die Veranstaltungssäle und Parteisektionen. Letzte Woche musste er in Wien eine Rede zweimal halten, weil nicht alle im Veranstaltungsraum hineinpassten. So sprach er hinterher einfach noch einmal zu der vielhundertköpfigen Menschentraube am Wiener Gürtel, die sich vor der Tür versammelt hatte.

Das wird interessant, nicht nur für den innerparteilichen Wettstreit, sondern, sollte er das Rennen um den Vorsitz gewinnen, auch für die allgemeine politische Auseinandersetzung. Denn Babler hat eine hohe Glaubwürdigkeit als Kandidat gegen „die da oben“. Nicht undenkbar, dass er viele Nichtwähler gewinnen kann, die sich bisher frustriert verabschiedet haben, aber auch ein paar FPÖ-Sympathisanten, die eher Protestwähler als Rechtsextremisten sind. In seiner Heimatstadt gelingt ihm das ja auch: Da hat Babler die vorletzten Wahlen mit 73 Prozent, die letzten mit 72 Prozent gewonnen. Sagenhafte Werte. Im Grunde ist seine Botschaft: „Ich bin die Stimme derer, die keine Stimme haben.“ Man darf darauf wetten: Das etablierte System wird mit allen Mitteln versuchen, ihn zu stoppen.

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