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Linker Terror und fehlender Sozialprotest


Einen schönen guten Morgen,

Sonntagmorgen, um wie gewünscht das Wuppertal-Wetter abzuarbeiten. Die Sonne scheint, und es ist schon warm genug für eine Kippe auf dem Balkon. Ich gehöre heute zum Sonntagsdienst beim nd. Bei mir wird es heute wohl um Fans von Sahra Wagenknecht gehen. Die haben jetzt in Bochum und der Weltmetropole Herdecke die Linkspartei verlassen. Die Führung der NRW-Linken ist nicht amüsiert. Aber dazu könnt ihr später mehr im nd lesen.

Erstmal zurück zur vergangenen Woche. Bei der Tagesschau konnten wir lesen, dass 20 “Linksextremisten” untergetaucht seien und die Sicherheitsbehörden sich deswegen ganz doll Sorgen machen. Leider konnten wir auch nicht viel mehr lesen, als die Geschichte, die Polizei und Verfassungsschutz erzählen wollten. Das fand ich journalistisch eher suboptimal und habe den Tagesschau-Beitrag bei Übermedien (Öffnet in neuem Fenster) kommentiert.

Suboptimal fand ich auch, wie Nancy Faeser (Öffnet in neuem Fenster) sich für die Verbote der Hammerskins und der Artgemeinschaft feiern lässt. Klar, das sind beides hundertprozentige Nazi-Organisationen, die kann man verbieten. Im Kampf gegen gesellschaftliche Rechtsentwicklungen wird das aber nicht so viel helfen. Dafür müssten Faeser und Co. aufhören, ständig der rassistischen Stimmungsmache von AfD und CDU nachzugeben.

Auch die auf das Verbot folgenden Selbstauflösungen (Öffnet in neuem Fenster) von einigen Nazi-Gruppen, sind nicht das Zeichen, dass sie vor Angst zittern, sondern sich in ihrer Organisierung umorientieren. Felix M. Steiner und Katharina König, die sich mit Neonazis ziemlich gut auskennen, glauben zumindest nicht an große Auswirkungen durch das Verbot.

Wie groß die Auswirkungen ihrer neuen Tätigkeiten sind, da ist sich Antje Grothus noch nicht ganz sicher. Antje sitzt für die Grünen im Landtag NRW, sie kommt aber aus der Anti-Kohle-Bewegung im Rheinischen Revier. Vor ziemlich genau fünf Jahren habe ich mit Antje viel Zeit bei der Räumung des Hambacher Forsts verbracht. Nun haben wir uns über ihre neue Rolle unterhalten, darüber, wie wirkmächtig man im Landtag so sein kann, und über Sorgen, wie der Landtag Antje verändern könnte. Ich glaube, man muss kein Fan der Grünen oder des Parlamentarismus sein, um das Gespräch (Öffnet in neuem Fenster) mit Interesse lesen zu können.

Kommen wir zu den anderen Dingen, die mir in den letzten Tagen aufgefallen sind. Es wird ein bisschen Ostwestfalen-lastig. 

Die Gedenkstätte Stalag 326 schließt bis auf weiteres. (Öffnet in neuem Fenster) In dem Kriegsgefangenenlager starben bis zu 70.000, vor allem sowjetische Gefangene. Die Gedenkstätte ist ein wichtiger Erinnerungsort in der Region. Nun musste der Kreistag Gütersloh über seine Beteiligung abstimmen. CDU, Freie/Unabhängige Wähler und AfD stimmten dagegen. Das ist so schon scheiße genug, aber wenn man es in den Kontext der letzten Monate stellt, dann ergibt sich ein eindeutiges Bild: Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus soll einschlafen, man will nicht mehr daran erinnert werden.

In Herford wird am kommenden Samstag gegen Polizeigewalt demonstriert. Der Hintergrund: auf den 19-jährigen Bilel war im Juni 34 Mal von Polizist*innen geschossen worden. Er hat überlebt, wird aber wohl gelähmt bleiben. Eine erste Demonstration in Herford im Juli ging in Scharmützeln zwischen Polizei und Demonstrant*innen unter. Nun also der zweite Versuch. Radio Nordpol hat eine Infoveranstaltung zu der Demo aufgezeichnet (Öffnet in neuem Fenster).

Mein dritter Hinweis hat nur ein bisschen mit Nordrhein-Westfalen zu tun. Legal Tribune Online verfolgt die Cannabis-Entkriminalisierung relativ intensiv. Am Freitag wurde im Bundesrat (Öffnet in neuem Fenster) über das Gesetz gesprochen. Immerhin, die Cannabis-Gegner*innen konnten sich nicht durchsetzen.

Statt einer lustigen Anekdote von der Frau, erzähle ich euch noch, worüber wir gerade viel diskutieren. Die Bundesregierung plant massive Kürzungen in allen möglichen Bereichen. Auch in vielen, die sozialpolitisch wichtig sind. Von linker Seite regt sich aber fast nichts dagegen. Klar, Abgeordnete der Linken erzählen, dass sie es falsch finden, aber das war’s. Keine großen Proteste auf der Straße, allenfalls schreiben Akademiker*innen Online-Petitionen, damit die Bücher bei der Bundeszentrale für politische Bildung nicht teurer werden. Und dann regt sich doch was, am Freitag wurde in Wuppertal (Öffnet in neuem Fenster) gegen Kürzungen demonstriert. Vom kommunalen Jobcenter und Sozialträgern. Die haben alle Schiss, dass es demnächst kein Geld für Maßnahmen mehr gibt. Mein erster Gedanke dazu: Na ist doch egal, wenn Leute nicht ins 20. Bewerbungstraining und den 30. Word-Kurs geschickt werden. Aber so einfach ist es nicht. Es gibt da durchaus gute Maßnahmen oder Menschen werden wirklich unterstützt in dem, was sie wollen. Es zeigt mal wieder, wie mies kompliziert diese Gesellschaft ist. Jedenfalls, die Ampel kürzt clever: Würde sie uns sagen, ihr müsst zwei Jahre später in Rente, oder Arbeitslosengeld gibt’s nur noch für ein halbes Jahr, Tausende wären auf den Straßen. Jetzt werden viele Förder- und Beratungsangebote, auch für Geflüchtete, gekürzt. Richtig bemerken wird man das wohl erst, wenn sie fehlen. Vielleicht wäre es also gut, darüber nachzudenken, ob es in diesem Feld nicht doch Proteste geben sollte. Für ein besseres Leben, auch wenn es schwierig ist. 

Schluss für heute, beste Grüße

Sebastian

P.S.: Sagt mir, was ihr in so einem Newsletter-Dingsi lesen wollt, und wie und wann…