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Ein Femizid, der Hambi und die AfD

Für so eine kurze Woche mit einem freien Tag zwischendrin war in den letzten Tagen ganz schön viel los. Fangen wir mit dem schlimmsten Thema an. In Duisburg wurde am Sonntag eine Frau von ihrem Ehemann umgebracht. Tagsüber, auf offener Straße. Eine Tat wie sie, weniger offen, ständig geschieht. Fast 90 Mal in diesem Jahr. In Duisburg hat die antiimperialistische Frauengruppe "Zora" wegen der Tat eine Kundgebung veranstaltet. Eine weitere ist geplant. Sie wollen auf die systemischen Ursachen der Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen. Mit einer der Organisator*innen habe ich gesprochen. (Öffnet in neuem Fenster)

Für mein anderes Thema in den letzten Tagen, habe ich auch mit einem sehr klugen Menschen gesprochen. Mit Robert Andreasch von Aida (Öffnet in neuem Fenster) in München. Robert ist sowas wie ein wandelndes Lexikon über die extreme Rechte in Bayern. Wir haben uns gar nicht so lange unterhalten, trotzdem hätte ich einen dreimal so langen Text schreiben können. So ist es ein knappe Einschätzung (Öffnet in neuem Fenster) über die wichtigsten Inhalte von AfD und Freien Wählern im bayerischen Landtagswahlkampf geworden.

In eben jenem Wahlkampf gab es auch fast schon mysteriöse Vorfälle um Alice Weidel und Tino Chrupalla. Expert*innen rätseln noch ob Chrupalla von einer Mücke oder Bremse terrorisiert wurde. Nun, selbst wenn die Vorfälle einen ernsten Hintergrund hatten, die AfD hat sie maßlos aufgebauscht. Das gehört zu ihrer Strategie, sie will im Gespräch bleiben. Es war sicher ganz nützlich, dass Mittwochabend über den Chrupalla-Vorfall geredet wurde, und nicht über 35.000 Menschen (Öffnet in neuem Fenster), die in München gegen Rechts protestiert haben. Knapp zusammengefasst (Öffnet in neuem Fenster) habe ich die Vorfälle, ähnliche Ereignisse in der Vergangenheit, und die Strategie der AfD trotzdem einmal.

Nach dem thematischen Ausflug nach Bayern, zurück nach Nordrhein-Westfalen, in den Hambacher Wald. Vor einem Jahr hat die Landesregierung ein Eckpunktepapier (Öffnet in neuem Fenster) zum Kohleausstieg 2030 verabschiedet. Das beinhaltete unter anderem das Ende von Lützerath. Ein eigentlich positiver Eckpunkt: Der Hambacher Forst soll in eine Stiftung überführt werden. Der Wald soll wichtiger Bestandteil eines Biotopverbundes werden. Damit das passiert, wurde vereinbart, dass "zeitnah Gespräche zwischen Unternehmen und Landesregierung NRW aufgenommen" werden. Mich hat jetzt interessiert, wie es um diese Gespräche steht, was schon vereinbart wurde, kurz gesagt wann der Hambi nicht mehr RWE gehört.

Das ist die Antwort aus dem NRW-Wirtschaftsministerium:

"Die Überführung des Hambacher Waldes in eine öffentliche Stiftung und die Waldvernetzung im Süden des Tagebaus Hambach stehen als nächste Aufgaben nach der neuen Leitentscheidung an. Grundlegend ist dies auch bereits im Rahmen der Vereinbarung der Eckpunkte zum Kohleausstieg mit dem Unternehmen RWE als aktueller Waldeigentümer vereinbart worden."

Ziemlich nichtssagend oder? Das Problem ist leider, bei Ministerien, Behörden oder Unternehmen sehen Antworten auf Presseanfragen oft so aus. Wenn ein Thema sehr wichtig ist, könnte man jetzt natürlich mit Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz weiter bohren oder es anders probieren. Im Berufsalltag machen Journalist*innen das oft nicht. Zu viel zu tun, für eine möglicherweise gar nicht so spektakuläre Nachricht. Solche Nicht-Antworten sind natürlich auch eine Möglichkeit, nicht explizit zu sagen, dass sich in einem Thema noch nichts getan hat.

Aus dem Umfeld des Hambacher Forsts gibt es übrigens auch leicht positive Nachrichten. Antje Grothus von den Grünen hat ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die wichtigste Aussage: Enteignungen am Tagebau Hambach wären "rechtlich unsicher" (Öffnet in neuem Fenster).

Kritische Anfragen im Parlament zu stellen, wäre ja eine gute Aufgabe für die Linkspartei. Naja, das mit dem Landtag hat in NRW nur einmal funktioniert, und gerade hat die Partei auch größere Probleme. Ein Ausdruck dieser Probleme sind Austritte und neue Fraktionsgründungen in Bochum und Herdecke. Über die Hintergründe habe ich ein bisschen was geschrieben. (Öffnet in neuem Fenster)

So eine Spaltung ist schon harte Arbeit. Und wenn Wagenknechts "Bodenpersonal" im Schnitt so fleißig ist wie die aktuellen Spalter*innen, dann könnte der Erfolg einer "linkskonservativen" Partei von kurzer Dauer sein. Einen Kommentar dazu konnte ich mir nicht verkneifen. (Öffnet in neuem Fenster)

Diesem Abschnitt des Newsletters sollte ich wohl einen Namen geben. Sonstiges? Das da oben jedenfalls ist Ben oder Jerry, und er lebt in Nordholland am Meer. Das mache ich jetzt auch eine Woche lang. Deswegen werdet ihr mich nächste Woche wohl auch überhaupt nicht auf Social Media treffen. Dabei macht Bluesky soviel Spaß! ;-) Über den Hype gibt es genug Texte. Empfehlen mag ich euch, was Anne Roth darüber gesagt hat (Öffnet in neuem Fenster), warum sich Bluesky durchzusetzen scheint und nicht Mastodon.

"Warum benutzen Leute Macs statt Linux? Weil es einfacher zu benutzen ist und ansprechender aussieht. Weil sie andere Themen haben im Leben und ihnen das einfach nicht so wichtig ist. Ich finde das bedauerlich, aber ich glaube, dass wir alle ständig solche Entscheidungen treffen und nicht immer sind die konsequent durchdacht."

Das ist das scheiß Problem. Ich halte mich in Fragen des digitalen Kapitalismus für durchaus halbwegs reflektiert. Aber ich will auch Dinge, die einfach und für viele Menschen funktionieren. Das klappt aus tausend Gründen leider oft nicht mit coolen offenen, dezentralen Lösungen. Das ist ein Problem. Und zwar ein Problem, dass deutlich größer als Bluesky oder X ist. Soviel dazu.

Was sonst noch spannend war oder sein wird: In Düsseldorf hat Greenpeace relativ spektakulär gegen ein großes Gasprojekt in Australien protestiert. (Öffnet in neuem Fenster) Samstag steht in Herford die zweite Demo unter dem Motto "Gerechtigkeit für Bilel" an. In der Lotta gibt es ein ausführliches Interview (Öffnet in neuem Fenster) zu den beinahe tödlichen Polizeischüssen auf den jungen Mann. Und noch ein kurzfristiger Veranstaltungstipp. Im "Trotz allem" in Witten geht es heute Abend um "Aktivismus und belastende Erfahrungen". Ereignisse wie die Räumung von Lützerath können Menschen hart treffen. Ein guter Umgang damit ist wichtig. Auch wenn ihr nicht nach Witten könnt, lest ruhig mal die Ankündigung (Öffnet in neuem Fenster)und schaut euch "Out of Action" (Öffnet in neuem Fenster) an.

Das war's von mir für diese Woche. Nächste Woche gibt es dann bestimmt Anekdoten aus dem verspießerten Leben von der Frau, dem Hund und mir, wir fahren jetzt schon zum dritten Mal in den selben Ort.

P.S.: Ich brauche Feedback! Text zu lang? Oder zu kurz? Mehr Links? Zu welchem Zeitpunkt verschickt man so ein Ding am besten...?