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Aus der Sauna

Guten Abend,

viel geschrieben habe ich diese Woche nicht. Ich lag drei Tage erkältet flach. Deswegen müsst ihr zuerst eine Alltagsgeschichte ertragen.

Im Aufzug begrüßte mich eine Nachbarin, nachdem sie minutenlang den Hund geherzt, seine Schönheit gelobt und ihn “lieb” genannt hat, mit den Worten, “Ist bei euch auch Sauna?” Meine, leicht klagende Antwort, “Ja, vor allem in der Küche.” Unser Hochhausklotz ist ja schon etwas älter, vor ein paar Jahren, kurz bevor wir eingezogen sind, hat er eine neue Heizung bekommen. Natürlich zukunftsweisendes Gas. :-( Seitdem, vielleicht auch schon vorher, besteht aber das Problem, es wird oft nicht richtig warm, in manchen Wohnungen quasi gar nicht. In den letzten Jahren besuchten Heizungsfirmen aus der ganzen Welt den Heizungskeller des Klotzes, das Problem blieb. Die neue Lösungsstrategie: eine Reinigung der Heizung. Das geschieht von innen. Ich stelle mir krasse Chemikalien vor, die jetzt gerade durch die Heizung strömen und den Dreck aus mehr als 50 Jahren fressen. Nun, dafür ist es nötig, alle Heizkörper für mehrere Tage voll aufzudrehen. Um Heizkosten zu sparen und nicht für eine zu hohe Temperatur in den Wohnungen zu sorgen, werde die Leistung der Heizungsanlage “reduziert”, hieß es in einem Schreiben der Hausverwaltung. Bei der Frau und mir führte das zu Spekulationen und der Beschreibung von zahlreichen Horrorszenarien. Von “Es wird nirgendwo wärmer als 15°C” bis zu “Wir werden überall die Fenster aufmachen müssen”. Nun, das Fazit nach dem ersten Abend fällt gemischt aus. “Ich stelle den in den Kühlschrank, hier ist ja Sommer.”, sagte die Frau über die Reste des Nudelauflaufs. In der Küche waren muckelige 24°C. Das Wohnzimmer hingegen, der einzige Raum, den wir normalerweise heizen, in dem auch mein Schreibtisch steht, kommt über 20°C nicht hinaus. Im Schlafzimmer habe ich Nachts um 1 Uhr die Fenster gekippt. Es bleibt spannend, heizt sich die Schwitzhütte hier in den nächsten Tagen weiter auf oder wird die Heizleistung weiter reduziert? Und wie vereinbaren wir das alles mit unserem Gewissen? Gott sei Dank hat letztes Jahr noch niemand an die Heizungsreinigung gedacht.

Nun zu wichtigeren Dingen. Zu Nahost und der Linken, könnte ich noch viel schreiben. Aber ich möchte gerade nicht. Was mich zum Anfang der Woche verwundert hat, dass nun sogar Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in den Chor der Grundrechtseinschränker*innen eingestimmt hat. Die Frau war ja eigentlich immer vernünftig. Von ihr hätte ich den rassistischen Vorschlag, nur noch Deutsche Demonstrationen anmelden zu lassen, nicht erwartet. Immerhin, ein bisschen hat sie zurück gerudert.

Leutheusser-Schnarrenberger auf grundrechtsfeindlichen Abwegen (Öffnet in neuem Fenster)

Rassismus scheint gerade eh ziemlich im Trend zu liegen, und er äußert sich auf vielfältige Weise. Ganz nüchtern und kalt, durch das Unterlaufen von Standards. Der Flüchtlingsrat NRW berichtet in einer Pressemitteilung (Öffnet in neuem Fenster) über die Zustände in Sammelunterkünften des Landes. Die sind mit 30.000 Menschen bis auf den letzten Platz belegt. Die Menschen müssen dort oft über Monate leben. Der Flüchtlingsrat attestiert, das macht krank, und fordert die Landesregierung dazu, auf Standards umzusetzen, die sich aus EU- und UN-Richtlinien ergeben.

Menschen wie NRW-Ministerpräsident Wüst wollen die Geflüchteten am liebsten ja gar nicht im Land haben. Und bei der Bundespolizei in Bayern, gerät man offenbar direkt in Euphorie, wenn man Menschen aus dem Land schicken kann. In einer Pressemitteilung (Öffnet in neuem Fenster) vom Donnerstag, die sogar ein Foto enthält, dass zwei notdürftig verpixelte Männer mit Fahrrädern zeigt, fängt die Polizei zu scherzen an. Auf einer “Fahrradtour” nach Berlin befänden sich die beiden Männer aus Marokko, die man im bayerischen Mittenwald eingefangen hat, heißt es in der Mitteilung. Aber man habe sie nach Österreich “zurückgewiesen”. Mir gefällt der freudige Ton dieser Erfolgsmeldung einfach überhaupt nicht. Zurückweisen, abschieben, einsperren sind doch Dinge die keinem Menschen mit einem Funken Empathie Spaß bereiten.

Zwischen Bergen aus Taschentüchern habe ich den Stream einer Sachverständigenanhörung zur Braunkohle-Leitentscheidung im Landtag verfolgt. Und darüber anschließend einen Text geschrieben. Die charmante Frau kommentierte das mit dem Satz: “Bestimmt wichtig, aber nicht mitreißend. Wie die Rentenformel…” Nun, ja da ist schon was dran. Trotzdem, wenn ihr euch für die Gegend interessiert und wissen möchtet, wie die Leitentscheidung aus Dorf- und Umweltperspektive bewertet wird und wo Verbesserungen gesehen werden, lest das gerne.

Die letzte Leitentscheidung (Öffnet in neuem Fenster)

Zum Abschluss noch ein Fernsehtipp oder auch nicht. Beim ZDF gibt es eine Mini-Serie (4 Folgen): Füxe (Öffnet in neuem Fenster). Es geht um einen jungen Mann aus dem Kosovo, der vorgibt Deutscher zu sein und in eine Studentenverbindung eintritt. Das ganze soll irgendwie ein bisschen politisch und gesellschaftskritisch sein, ist’s aber auch irgendwie nicht. Welche Zielgruppe die Serie ansprechen soll, außer Linken aus Uni-Städten und Burschis, erschließt sich mir auch nicht so ganz. Am Ende wirkte es auf mich ein bisschen, wie kostenlose Beratung für Burschenschaften: Nehmt Ausländer auf, die sind ehrgeizig.

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!

Sebastian