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Richtig streiten: E-Fuels und Wärmepumpen

In den letzten Wochen kam man in der politischen Berichterstattung um zwei Begriffe kaum herum: E-Fuels und Wärmepumpen. Namen, Gesetze und Argumente flogen so durcheinander, dass man völlig den Durchblick verlieren konnte. Wir wollen in diesem Newsletter den gängigsten Fragen auf den Grund gehen, mit knackigen Fakten etwas Licht ins Dunkel bringen und so zu einer sachlichen Diskussion beitragen – denn je mehr wir wissen, desto mehr können wir den gesellschaftlichen Diskurs prägen und in Richtung Klimaschutz steuern.

Erstmal mitmachen, später lesen, wird schon stimmen, was die schreiben? Sehr gut! Die Kernbotschaften dieses Schriebs findet ihr praktisch gebündelt und 1A teilbar auf unserem Instagram-Kanal (Öffnet in neuem Fenster).

E-Fuels

Was sind E-Fuels?

E-Fuels sind flüssige, synthetische Kraftstoffe (Öffnet in neuem Fenster), die durch den Einsatz von elektrischem Strom aus Wasserstoff und CO2 hergestellt werden.  Wenn wir das CO2, das wir dafür brauchen, der Atmosphäre entnehmen und die Energie, die wir dafür einsetzen, aus regenerativen Quellen stammt, sind E-Fuels rechnerisch CO2-neutral und könnten so einen Beitrag zur Verkehrswende leisten.

Darum wird momentan darüber gesprochen

E-Fuels sind eine große Hoffnung für Gegner*innen des “Verbrenner-Aus” ab 2035: Es sind keine Umbauten an normalen Verbrennungsmotoren nötig, man tankt einfach klimaneutralen Sprit rein und fährt weiter wie immer.

So wurde gerade die finale Abstimmung über das EU-weite Verbot verschoben (Öffnet in neuem Fenster), da Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) einen Vorschlag von der EU Kommission erwartet, wie E-Fuels nach 2035 in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden können; auch wenn eine Einigung inzwischen in Sicht zu sein scheint, wird immer noch hitzig diskutiert. 

Eine kurze Anmerkung dazu: Das “Verbrennungsmotor-Verbot” hat zu keinem Zeitpunkt bedeutet, dass ab 2035 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr auf den Straßen hätten fahren dürfen, sondern, dass ab diesem Zeitpunkt in der EU nur noch emissionsfreie Fahrzeuge neu zugelassen (Öffnet in neuem Fenster) werden dürfen.

Klimaneutraler Sprit, klingt doch super, wo ist das Problem?

Gute Frage.  Wo anfangen!

Problem Eins: Ressourcenknappheit.

Klimaneutral sind E-Fuels nur dann, wenn (neben der Verwendung von Strom aus erneuerbaren Energien für die Herstellung) das benötigte CO2 der Atmosphäre entnommen wird. Stammt es aus einem fossilen Kraftwerk, (Öffnet in neuem Fenster) kommen in der Atmosphäre im Endeffekt neue Emissionen dazu. Für die Abscheidung aus der Luft braucht man Direct-Air-Capture-Anlagen, von denen es noch nicht viele gibt. Auch erneuerbare Energien sind in Deutschland bislang ein knappes Gut und werden es auf absehbare Zeit bleiben.

Für den Flug-, Schiff- und Schwerlastverkehr - also überall dort, wo Batteriekapazitäten auf absehbare Zeit nicht ausreichen werden - sind E-Fuels die einzige Möglichkeit für einen emissionsfreien Betrieb; für andere Sektoren wie die Stahlherstellung und die chemische Industrie werden große Mengen des Ausgangsprodukts Wasserstoff benötigt, der in seiner grünen Variante ebenfalls knapp ist. Je mehr E-Fuels wir für unsere PKW-Flotte benötigen, desto weiter zögern wir die Dekarbonisierung von Schiffen, Flugzeugen, chemischer Industrie, Stahlindustrie und Schwerlastverkehr also hinaus.

Problem Zwo: Ineffizienz.

Bei der Umwandlung von Strom zu synthetischem Kraftstoff geht sehr viel Energie verloren, sodass der Wirkungsgrad von E-Fuels bei gerade einmal 15% (Öffnet in neuem Fenster) liegt - also nur 15% der eingesetzten Energie am Ende die Räder bewegen, während der Rest an verschiedenen Stellen des Prozesses einfach verpufft. Und das verschärft das oben erwähnte Problem Eins nochmal beträchtlich. 

Bei E-Autos hingegen liegt der Wirkungsgrad zwischen 70 und 80%. 

Problem Drei: Preis. 

E-Fuels sind teuer (obwohl die Berechnungen schwanken) und nur in geringen Mengen verfügbar (Öffnet in neuem Fenster). Die bislang ambitionierteste Anlage steht im Süden Chiles und wird von Porsche betrieben, sie soll bald 130.000 Liter E-Fuels herstellen, das entspricht 0,0003% des deutschen Spritbedarfs. Selbst die optimistischsten Ausbaupläne, die den Bau von 600 Windkraftanlagen der größten Klasse einrechnen, würden am Ende erst mal nur ein Prozent des des deutschen Bedarfs decken, von anderen Ländern ganz zu schweigen. Solang das so bleibt, wird der Literpreis astronomisch bleiben, und wie lang das so bleibt, kann keiner sagen.

Problem Vier: Gestank.

E-Fuels mögen netto emissionsfrei sein, aber dort, wo sie verbrannt werden, verursachen sie vergleichbar viel Emissionen, Feinstaub und Krach herkömmlicher Sprit. Sie leisten also zum Beispiel keinerlei Beitrag zu sauberer Luft und lebenswerteren Städten.

Noch genügend Energie für Teil 2 des Newsletters? Als entspannten Einstieg empfehlen wir eine Tasse Tee und diesen Clip (Öffnet in neuem Fenster) aus den Tagesthemen.

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Wärmepumpen

Was sind Wärmepumpen?

Eine Heizung mit Wärmepumpe funktioniert wie ein Kühlschrank (Öffnet in neuem Fenster) - nur umgekehrt. Denn anstatt dass Wärme aus einer geschlossenen Kiste (Kühlschrank) in die Umgebung abtransportiert wird, holt eine Wärmepumpe sie aus der Umgebung in eine geschlossene Kiste (Haus) hinein.

Tatsächlich basieren viele Kühl- und Heizgeräte auf derselben Idee und sind oft sogar fast baugleich, der Unterschied liegt nur in der Richtung, in die das Kältemittel fließt; viele Klimaanlagen können auch als Wärmepumpen benutzt werden.

Die Wärme, mit der wir dann unser Zuhause heizen, kommt also aus der Außenluft, dem Grundwasser oder dem Erdreich.

Und anders als Gas- und Ölheizanlagen werden Wärmepumpen mit Strom betrieben - und wenn der aus erneuerbaren Quellen stammt, ist ihr Betrieb klimaneutral.

Darum wird momentan darüber gesprochen

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) hat vor kurzer Zeit ein Gesetz vorgelegt, das den Einbau von neuen Öl- und Gasheizungen ab 2024 verbietet (Öffnet in neuem Fenster), wenn diese nicht zu mindestens 65% mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das bedeutet also, dass man tatsächlich auch nach 2024 noch Öl- und Gasheizungen verbauen darf, aber eben nur als Hybridlösung - also in Kombination mit einer Wärmepumpe oder Solarthermie. Als Alternative zu fossilen Heizsystemen soll besonders auf Wärmepumpen gesetzt werden, da diese, wie oben erwähnt, klimaneutral betrieben werden können. An diesem Plan werden momentan vor allem die Umsetzbarkeit und - trotz angekündigter finanzieller Unterstützungen - die hohen Kosten für die Verbraucher*innen kritisiert.

Und warum soll das dann eine gute Idee sein?

Darum Eins: Weil es nötig ist.

Die Klimaneutralität 2045 erreichen wir nur mit einer schnellen Wärmewende: Etwa 40% der deutschen CO2 Emissionen (Öffnet in neuem Fenster) gehen auf den Wärmemarkt zurück. Und heute eingebaute Heizungen werden noch 20 Jahre oder länger in Betrieb sein, da das neue Gesetz nicht vorsieht, bestehende und funktionierende Heizungen “herauszureißen” und durch Wärmepumpen zu ersetzen, sondern einen Wandel in Richtung klimaneutrale Wärmeversorgung einzuleiten, indem neue eingebaute Geräte nur noch klimaneutrale(re) sein dürfen.

Darum Zwei: Weil es super funktioniert.

Wärmepumpen sind eine praxiserprobte sichere Technologie mit vielen Vorteilen auch jenseits der Klimafreundlichkeit. Länder wie Dänemark machen es uns seit Jahren vor. Dort wurden Öl- und Gasheizungen in Neubauten bereits 2013 verboten, ab 2016 durften fossile Heizkessel nicht mehr gegen fossile Heizungen ausgetauscht werden. Europaweit werden am meisten Wärmepumpen in Norwegen eingebaut - 57 Stück pro 1.000 Einwohner*innen, übrigens ein Indiz dafür, dass Wärmepumpen auch in Ländern mit wesentlich kälteren Wintern als unseren noch genug Wärme zum Pumpen finden.

Darum Drei:  Weil es (bald) Geld und (schon jetzt) Emissionen spart

Wärmepumpen sind wahre Effizienzwunder: Aus einer Wärmepumpe kommt bis zu vier mal mehr Energie raus, als man reintut - es wäre Zauberei, wenn es nicht Physik wäre. So entstehen aus einer Kilowattstunde Strom 3 bis 4 Kilowattstunden Wärme. Eine Gastherme braucht dafür 3 bis 4 Kilowattstunden Erdgas. 

Durch diesen massiven Vorteil ist es aus Klimasicht sogar sinnvoller, Erdgas in einem Kraftwerk zu verstromen und damit eine Wärmepumpe zu betreiben als das Erdgas in einer Gasheizung zu verbrennen: Mit 100 kWh Erdgas erzeugt eine Gasheizung 100 kWh Wärme; eine nicht sonderlich gute Wärmepumpe benötigt für 100 kWh Wärme 33 kWh Strom. Ein durchschnittliches deutsches Gaskraftwerk (Öffnet in neuem Fenster) braucht dafür 59 kWh Erdgas. Selbst mit 100% Gasstrom würden wir aufgrund der hohen Effizienz der Wärmepumpe gegenüber der Gasheizung also 41 Kilowattstunden Erdgas einsparen, und damit Emissionen und Geld - und unser derzeitiger Strommix in Deutschland stammt schon jetzt zu über 50% aus regenerativen Quellen, so dass sich die Ersparnis noch einmal deutlich größer ist. 

Natürlich haben Zweiflelnde recht, wenn sie sagen, dass diese Effizienz massiv leidet, wenn das Gebäude nicht gut gedämmt ist. Das gilt allerdings für Öl- und Gasheizungen ebenso: Die Wärmedämmung ist in allen Fällen ein wichtiger zusätzlicher Baustein für den Klimaschutz.

Und Emissionen sind nicht das einzige, das wir mit Wärmepumpen sparen: Ja, Strom in Deutschland ist teuer, aber die Preise für Öl und Gas (Öffnet in neuem Fenster) werden in den kommenden Jahren aufgrund des CO2-Preises des “Klimapakets” der alten Bundesregierung massiv steigen. Im Vergleich haben Wärmepumpen geringe Betriebskosten, sind langlebig und nahezu wartungsfrei, sodass sich die hohen Einbaukosten auf lange Sicht deutlich lohnen.

Darum Vier: Bonusmaterial

  • Eine Wärmepumpe kann nicht nur wärmen - sondern auch kühlen. So ist sie zusätzlich eine nachhaltige Alternative zur Klimaanlage.

  • Heizen mit Strom macht uns unabhängiger von Gas- und Öl-Importen, was, wie die jüngere Geschichte gezeigt hat, eine sehr gute Idee ist.

Das waren jetzt ziemlich viele Informationen, die aber hoffentlich deutlich machen, dass effiziente (und vermeintliche) Klimaschutzmaßnahmen Kommunikation erfordern - besonders, wenn verschiedenste Interessengruppen mitreden. Sprechen wir mit fundiertem Wissen darüber, welche Maßnahmen wo sinnvoll sind, nehmen wir den Menschen die Angst und stellen Zusammenhänge her - für mehr Durchblick und echten Klimaschutz. 

Empfehlung des Monats

Wenn einer Kommunikation kann, dann sie: Vier wöchentlich wechselnde Comedians sprechen im neuen Format “Comedy rettet die Welt!” über die Probleme der Gegenwart und schaffen durch ihren Humor neue Zugänge. Ganz im Sinne von: Lachen über Zustände macht Lust auf Veränderung! Die ersten Folgen kann man ab jetzt in der Mediathek streamen (Öffnet in neuem Fenster) oder ganz altmodisch freitags um 21:45 im Ersten schauen.