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Bauernproteste: Über diese Lösungen sollten wir sprechen

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Die Trecker rollen wieder

Wegen der Bauernproteste stand vermutlich auch der eine oder die andere von euch Ende letzter und Anfang dieser Woche im Stau. Das ist natürlich lästig, und obendrein sind die Forderungen, die man bisweilen am lautesten von den Traktoren schallen hört, ein ganzes Stück zu einfach. Trotzdem, oder gerade deswegen, lohnt ein genauerer Blick. Wie sind wir da hingekommen? Was ist das eigentliche Problem? Und gibt es dafür Lösungen?

Selbstversorgungsgrad mit verschiedenen Lebensmitteln in Deutschland. (Öffnet in neuem Fenster)

Die deutsche Landwirtschaft ernährt uns. Dafür bekommt (Öffnet in neuem Fenster) sie pro Jahr 6 Milliarden Euro aus EU-Töpfen, dazu kommen 2,4 Milliarden vom Bund (2022). Für viele, die von der Landwirtschaft leben, sind diese Subventionen existenziell, im Schnitt ist das rund die die Hälfte ihres Lohnes. Warum läuft das so?

Wieviel vom Ladenpreis für Lebensmittel im Durchschnitt für die Bauern bleibt. (Öffnet in neuem Fenster)

Zum einen sind Lebensmittel insbesondere in Deutschland im Verhältnis zu günstig, um für die erzeugenden Betriebe auskömmlich zu sein; zum anderen sind die Gewinne entlang der Wertschöpfungskette deutlich zu ungunsten der Bäuerinnen und Bauern verteilt. Den Preisdruck (Öffnet in neuem Fenster) können sie nicht weitergeben: Es gibt feste Abnahmeverträge, die sie mit sehr mächtigen, vor allem auf ihre eigenen Margen bedachten Handelskonzernen aushandeln müssen. Dieser Mix ergibt ein System, das auf massiven Abhängigkeiten beruht. Und das schon eine ganze Weile. Zugleich verursacht die Landwirtschaft in Deutschland jährlich einen geschätzten Schaden in Höhe von 90 Milliarden Euro – etwa durch die Verseuchung von Trinkwasser, durch Pestizide, durch kaputte Böden. Dass das nicht so bleiben kann, wissen im Grunde alle: die Branche, die Verbände, die Industrie und eigentlich auch die Politik. Aber der Umbau des Systems ist schwierig.

Getreideanbau in Deutschlande: Wofür wieviel? (Öffnet in neuem Fenster)

Die gute Nachricht ist: Mit der Zukunftskommission Landwirtschaft (Öffnet in neuem Fenster) (ZKL) und dem mittlerweile aufgelösten (Öffnet in neuem Fenster) Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung (a.k.a. Borchert (Öffnet in neuem Fenster)-Kommission) hat die letzte Bundesregierung schon 2019 respektive 2020 zwei Gremien einberufen, in denen gemeinsam konsensfähige Lösungen erarbeitet wurden. Seit 2021 gibt es Ergebnisse. Zwei Beispiele:

  • Eine höhere Umsatzsteuer oder eine Tierwohlabgabe auf Fleisch könnte helfen, die Betriebe bei der Umstellung auf bessere Haltungsformen finanziell zu unterstützen.

  • Eine Kopplung der Agrar-Milliarden aus Brüssel nicht länger an den Hektar bewirtschaftete Fläche – eine Regelung, die besonders Großbetriebe bevorteilt – sondern an konkrete, am Gemeinwohl orientierte Leistungen wie bessere Tierhaltung, klimaschonendes Ackern, Pflege der Artenvielfalt.

Das Problem: Bisher fand weder die letzte Bundesregierung noch die aktuelle dafür genügend Geld im jeweiligen Haushalt – trotz großer Transformationsversprechen. Zuletzt blockierte (Öffnet in neuem Fenster) offenbar die FDP die Freigabe der nötigen Fördergelder.

Vor diesem Hintergrund wird es vielleicht verständlicher: Wenn man vom Staat in Kommissionen eingeladen wird, dort ehrenamtlich und mühsam pragmatische Vorschläge erarbeitet, und dann der gleiche Staat nicht mitspielt, dann kann man durchaus sauer werden und sich mit dem Traktor auf den Weg machen. Hier gilt es eigentlich anzusetzen – und es besser zu machen.

Und wenn man als Staat damit anfangen muss, Subventionen zu streichen, könnte man doch erstmal sehr profitable Betriebe in den Blick nehmen und finanzschwächere zunächst aussparen. Auch das ist keine neue Idee. Gut ist sie immer noch.

Apropos Subventionen in der Landwirtschaft: Darüber, wie sie wirken (und wie sie stattdessen wirken könnten) hat der Schauspieler und Autor Matthias Matschke mit der Transformationsforscherin Maja Göpel gesprochen:

Matthias Matschke spricht mit Maja Göpel über Subventionen in der Landwirtschaft. (Öffnet in neuem Fenster)

Tiefer gehen

Zu den Lobby-Aktivitäten des Bauernverbands hier (Öffnet in neuem Fenster) ein Text von Annika Joeres in der ZEIT.

Die junge Landwirtin Marie Löhring erklärt in diesem Interview (Öffnet in neuem Fenster) differenziert und nachvollziehbar die Herausforderungen von Bäuerinnen und Bauern in Deutschland.

Viele bäuerliche Betriebe bemühen sich um eine zukunftsfähige, gemeinwohlorientierte Arbeitsweise, obwohl sie dafür derzeit nicht angemessen honoriert werden. Die Regionalwert-Leistungsrechung (Öffnet in neuem Fenster), ein Verfahren, mit dem der Wert solcher Gemeinwohl-Leistungen gemessen und anschaulich gemacht werden kann, zeigt: “Der unsichtbare Nutzen geht in die Millionen.”

Froher werden

Studie (Öffnet in neuem Fenster) von Potential Energy: Der Schutz der Lebensgrundlagen für die nachfolgenden Generationen ist das wirksamste Argument, um Menschen von der Notwendigkeit von Klimaschutz zu überzeugen; offenbar haben wir doch alle unsere Kinder lieb.

Studie (Öffnet in neuem Fenster): Solaranlagen auf ehemaligen Ackerflächen können bei der richtigen Bepflanzung neue Lebensräume für verdrängte Insektenarten bieten - darunter Bienen, die die Produktivität anliegender bewirtschafteter Flächen erhöhen, indem sie bei der Bestäubung helfen. Ein Plus für die Artenvielfalt und für die Landwirtschaft.

In den letzten Tagen gingen unglaubliche 1,5 Millionen Menschen (Öffnet in neuem Fenster) auf die Straße, um für Demokratie und Vielfalt einzustehen - konservativ geschätzt. Auch das ist um die Ecke Klimaaktivismus und daher hier gut aufgehoben: Mit der AfD an der Macht könnten wir jede Hoffnung auf gute Klimapolitik endgültig aufgeben. Und: Protest wirkt. Dazu gibt es bald ein spannendes Buch (Öffnet in neuem Fenster) von Friedemann Karig, vorerst nur diese Statements hier (Öffnet in neuem Fenster) vom selben Autor, der weiß, wovon er spricht. Die Tatsache, dass wider Erwarten in einem ostthüringer Landkreis nach einer knappen Stichwahl nun ein demokratischer Kandidat anstelle des AfD-Manns Landrat (Öffnet in neuem Fenster) wird, sehen manche als ein mögliches Anzeichen für ebendiese Wirksamkeit.

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