Die Bedeutung von Bestandsgebäuden: fachlicher Input
Warum wir uns Abriss nicht mehr leisten können!
Mit jedem Abriss eines identitätsstiftenden Objektes kommt es zu einem Verlust von „Heimat“. Mit dem Abriss eines alten Schulgebäudes oder eines Fabrikgeländes werden auch Erinnerung an vergangene Zeiten ausgelöscht. Dabei sind sie kulturelle Werte in Stein und veranschaulichen, was unsere heutige Generation zu dem macht, was sie ist. Bestandsgebäude sind Wahrzeichen und Bekenntnisse, Ausdruck von unterschiedlichen Erfahrungen der Menschen. Sie sind gebaute Identität in ihrem lokalen Umfeld.
Darüber hinaus geht es auch um den ökologischen Aspekt. Es ist viel sparsamer, bestehende Bausubstanz zu erhalten und so umzugestalten, dass sie zukunftsfähig ist. Im Bestand gibt es noch reichlich versteckten Wohnraum, der deutlich preiswerter ist als ein Neubau.
Schon 2015 hatte Dr. Daniel Fuhrhop, Autor und Wissenschaftler (Öffnet in neuem Fenster), mit seinem Buch „Verbietet das Bauen“ dies herausgearbeitet. In diesem Sinn sucht auch Architects4future (Öffnet in neuem Fenster) nach neuen Wegen.
Bestandsschutz ist auch eine wesentliche Komponente im Themenkomplex Klimaschutz. Jeder Neubau versiegelt Flächen, die wir als Freifläche oder anderweitig brauchen >>> mehr in der Ausstellun (Öffnet in neuem Fenster)g der HSBK.
In der Öffentlichkeit und der Politik fehlt(e) vielfach (noch) das Bewusstsein, über die Bedeutung des Bestands nachzudenken. Neubauten erscheinen / erschienen wirtschaftlicher und notwendig für die Einhaltung des aktuellen Baurechts und von Vorgaben zur Energieeffizienz.
Kommt jetzt der Booster?
Kabinettsbeschluss in Bayern vom 16.01.23 (Öffnet in neuem Fenster)
wie z.B. „Extra-Förderung bei Bau von Mietwohnungen in Ortskernen“ und "Zuschüsse für Maßnahmen im Bestand erhöhen"
Bislang galt Bestandswahrung als unversöhnlicher Gegensatz zur Energieeffizienz. Denkmalschutz und PV-Anlagen ... undenkbar. Mit dem neuen EEG 2023 liegen „die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführe nden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.“ Künftig muss ein NEIN gegen PV-Anlagen im Einzelfall begründet werden. Sicherlich wird es auf die optische Gestaltung ankommen. Die Wirtschaft entwickelt bereits neue Lösungen. So baut man in Italien Solarziegel, die genauso aussehen wie die aus Terrakotta. Der Park von Pompeji installiert bereits diese unsichtbaren Kollektoren.
https://www.baumeister.de/solarziegel-pompeji/?utm_source=CleverReach+GmbH+&utm_medium=email&utm_campaign=BM_Redaktion_KW02_Kopie&utm_content=Mailing_14148599 (Öffnet in neuem Fenster)Vielleicht ist jetzt Schluss damit:
Erhaltenswerte Gebäude verfallen, bis sie nicht mehr zu retten sind.
Vor dem Abriss kommt meist der jahrelange Leerstand. Bereits für diese Phase wäre ein Eingreifen sinnvoll: Leerstand ist eine Zweckentfremdung.
Manche Landesregierung haben auf Basis des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts (Öffnet in neuem Fenster) sog. "Zweckentfremdungsverordnungen“ (Öffnet in neuem Fenster) erlassen, damit eine Kommune mit knappem Wohnraum eine „Zweckentfremdungssatzung“ (Öffnet in neuem Fenster) erlassen kann. Für den ländlichen Raum gibt es jedoch keine solche juristische Handhabe.
Baukultur, Denkmal, Bestand iVm Städtebauförderung
Um die Möglichkeiten der Transformation besser erkennen zu können, empfiehlt es sich zunächst die Bestandsobjekte juristisch (beispielhaft für Bayern) einzuordnen.
baukulturell bedeutsame Gebäude
Unter dem Begriff „Baukultur“ versteht man „die Summe menschlicher Leistungen, natürliche oder gebaute Umwelt zu verändern“ (Öffnet in neuem Fenster). Baukultur (Öffnet in neuem Fenster) geht über die Errichtung und Gestaltung einzelner Gebäude weit hinaus, sie wird beeinflusst auch von Geschichte und Tradition eines Landes oder einer Region. Der Landesverein für Heimatpflege in Bayern (Öffnet in neuem Fenster) stellt die Baukultur gleichwertig neben Bräuche, Mundarten und Trachten. Die Bundesstiftung Baukultur (Öffnet in neuem Fenster)hat einen freiwilligen Leitfaden für einen verantwortungsvollen Umgang von Projektentwicklern, Planern und Bauherrn entwickelt.
Nicht jedes baukulturell bedeutsame Gebäude ist gleich ein Denkmal. Insofern gibt es keinen besonderen Schutz für diese Gebäude.
Denkmal
Mitunter kann ein baukulturell bedeutsames Gebäude als Denkmal anerkannt werden. Es gibt keine einheitliche Regel, die besagt, ab wann ein Haus unter Denkmalschutz steht. Fest steht aber: Das öffentliche Interesse spielt für den Erhalt von Denkmälern eine große Rolle.
So ist im BayDSchG (Öffnet in neuem Fenster) geregelt:
„Die Baudenkmäler und die Bodendenkmäler sollen nachrichtlich in ein Verzeichnis (Denkmalliste) aufgenommen werden. Die Eintragung erfolgt durch das Landesamt für Denkmalpflege von Amts wegen im Benehmen mit der Gemeinde. Der Berechtigte und der zuständige Heimatpfleger können die Eintragung anregen. Die Eintragung ist im Bebauungsplan kenntlich zu machen. Die Liste kann von jedermann eingesehen werden.“
https://www.blfd.bayern.de/denkmal-atlas/ (Öffnet in neuem Fenster)
https://geoportal.bayern.de/denkmalatlas/ (Öffnet in neuem Fenster)
Ab 01. Juli 23 gilt eine neues Denkmalschutzgesetz in Bayern (Öffnet in neuem Fenster), um Denkmalschutz und Energiepotentiale besser zu nutzen.
Da die Fördermittel im Bereich Denkmalschutz deutlich zurückgefahren wurden, sehen viele die Mitsprache der Denkmalschutzbehörde nur als Last und selten als Chance.
Dennoch gibt es durchaus spezialisierte Investor:innen, die ein Denkmal sanieren und durchaus Gewinne erzielen (Steuer auf Spekulationsgewinne möglich).
Bestandsgebäude in Gebieten, für die die Kommune Städtebaufördermittel erhält
Die Städtebauförderung ist ein zentrales Steuerungselement für Dörfer und Städte: „Die städtebauliche Erneuerung dient dazu, Stadt- und Ortsteile in ihrer Funktion, Struktur und Gestalt zu erhalten, zu erneuern und weiterzuentwickeln. Sie wird von den Gemeinden selbstständig und eigenverantwortlich im Rahmen der rechtlichen Vorgaben durchgeführt. Ziel ist es insbesondere in Städten, Märkten und Dörfern städtebauliche Missstände und Mängel zu beheben, die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern sowie eine nachhaltige Stadt- und Ortsentwicklung zu verwirklichen“. >>> Gesetzestext (Öffnet in neuem Fenster)
Zu den schwerpunktübergreifenden Belangen gehören auch
- die Denkmalpflege und
- die baukulturelle Vorbildfunktion der öffentlichen Hand.
Im Zuge der Abwägung können diese Belange gegenüber anderen Belangen (wie z.B. Erhalt und Schaffung von bezahlbarem Wohnraum oder Förderung nachhaltigen Wirtschaftens und der Beschäftigung) auch „unterliegen“.
Wenn die Kommune ein integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept erstellt hat, können Landesmittel, Bundesmittel und EU-Mittel der Städtebauförderung abgerufen werden. So könnte die Gemeinde baukulturell wertvolle oder denkmalgeschützte Gebäude erwerben und einer zukunftsfähigen Nutzung zuführen.
Für Wohnprojekte können Bestandsimmobilien in Erhaltungs- oder Sanierungsgebieten durchaus interessant sein: der Kaufpreis für unsanierte Objekte ist noch finanzierbar. Die Gemeinde scheint grundsätzlich offen für nachhaltige Entwicklungen. Über den jährlichen „Tag der Städtebauförderung“ (Öffnet in neuem Fenster) kann öffentliche Aufmerksamkeit (auch für das eigene Projekt) erzielt werden.
Zudem öffnen sich neue Fördermöglichkeiten:
a) Die Gemeinde kann zur vereinfachten Förderung kleinerer privater Maßnahmen gemeindliche Förderprogramme zum Beispiel für Fassadeninstandsetzungen, Hofbegrünungen oder zur Verbesserung von Geschäftsflächen auflegen.
b) Bedeutsam sind auch die steuerlichen Vorteile der §§ 7h, 10f und 11a EStG. Die Inanspruchnahme von erhöhten Absetzungen für Herstellungskosten oder Anschaffungskosten bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen nach § 7h EStG sowie die Regelung über den Abzug von Erhaltungsaufwand nach § 11a EStG an solchen Gebäuden setzt eine Bescheinigung durch die zuständige Gemeinde voraus. Entsprechendes gilt für die Steuerbegünstigung nach § 10f EStG bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen.
c) weitere Fördermittel - evt. mit Kooperationspartner:innen
Die Kommunen können also viel bewirken, wenn dies dem politischen Willen entspricht. Da jedoch auch Eigenmittel eingesetzt werden müssen, können sich gerade finanzschwache Gemeinden dieses Steuerungselement vielfach nicht leisten. Auch der Mangel an fachkundigen Mitarbeiter:innen in der Verwaltung ist relevant.
Wie kann Transformation gelingen?
Mitwirkung der Zivilgesellschaft
Vielerorts ist der Erhalt historischer Gebäude mit den begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen der Kommunen kaum zu gewährleisten.
Die Einbindung von bürgerschaftlichem Engagement könnte helfen. Dies wäre auch ein Ausdruck lebendiger Demokratie. Nur durch neue interdisziplinäre Denkansätze und partizipative Beteiligungsprozesse kann die Gebäudewende gelingen.
Funktionale Bestandsgebäude (wie Verwaltungsgebäude, Kaufhäuser, Fabriken, ...) oder Nachkriegsgebäude sind besonders gefährdet und gleichsam herausfordernd. Sie gelten vielfach nur als „Schandfleck“, für den sich kein:e Investor:in findet.
Bei diesen Projekten kann ein partizipativer Beteiligungsprozess der Schlüssel für eine erfolgreiche Projektentwicklung sein. Wie dies gelingen kann, zeigen Projekte wie beispielsweise
der Gröninger-Hof (Öffnet in neuem Fenster) in Hamburg
ein leerstehendes Parkhaus soll Wohnen-Arbeiten-Kultur ins Zentrum bringender Eiermannbau (Öffnet in neuem Fenster)in Apolda (Thüringen)
ein Industriegebäude der Nachkriegszeit wird zur open factorydas ehemalige Unigebäude Juridicum in Frankfurt
lokale zivilgesellschaftliche Gruppen setzen sich für eine Umnutzung ein (Öffnet in neuem Fenster)
Weitere gute Beispiele finden sich bei / beim ... Bundesstiftung Baukultur (Öffnet in neuem Fenster)mit einer Auflistung von Preisen und Auszeichnungen (Öffnet in neuem Fenster) oder Netzwerk Immovielien (Öffnet in neuem Fenster)
Wer mehr HÖREN möchte, dem empfehle ich ...
BDA-Denklabor (Öffnet in neuem Fenster) – Der Architektur-Podcast
Insbesondere eine lokale Genossenschaft wäre ein geeignete Rechtsform, um in der Öffentlichkeit geschlossen und mit Wirkkraft aufzutreten: „Was der Einzelne nicht schafft, das schaffen viele“.
In Kombination mit Erbbaurechten kann das Projekt die Wohnungen und Gewerbeflächen dem spekulativen Immobilienmarkt entziehen.
Relativ unbekannt ist bislang noch der revolvierende Bürgerfond der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte und der Stiftung Trias.
Um den Erhalt historischer Bausubstanz zu stärken, wurde mit dem Bürgerfond ein neues Finanzierungs- und Beratungsinstrument (Öffnet in neuem Fenster)entwickelt und erprobt.
Durch den Erbbaugeber „Stiftung trias“ wird Spekulation vermieden. Hinter der Stiftung steht ein großes Netzwerk, welches mit Knowhow das Projekt unterstützen kann.
Es ist NICHT Voraussetzung, dass es sich um "Fachwerkstädte" handelt.
Dies ergab sich durch die Partnerschaft im Zuge des Forschungsprojektes.
Voraussetzung ist jedoch die Einstufung als DENKMAL.
Weitere Informationen finden Sie >>> HIER (Öffnet in neuem Fenster)
Eine persönliche und unverbindliche Kontaktaufnahme ist möglich über
Stiftung trias
gemeinnützige Stiftung für Boden, Ökologie und Wohnen
Droste-Hülshoff-Str. 43
45525 Hattingen (Ruhr)
Tel: 02324-569 70 - 0 (Zentrale)
E-Mail: info@stiftung-trias.de
Interview mit MdL Dr. Sabine Weigand (Öffnet in neuem Fenster)
denkmalpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion in Bayern
Sitz im Ausschuss Wissenschaft und Kunst
Buchautorin mit historischen Themen
Frage: Was halten Sie von dem Bürgerfond in Kombination mit Erbbaurecht?
Dr. Weigand
Mit erbbaurechtlichen Modellen bin ich im Denkmalbereich bisher noch nicht in Berührung gekommen. Ich denke, dies gilt wohl auch für die meisten ehrenamtlichen Bürgermeister:innen oder Gemeinderät:innen.
Es macht aber Sinn, den spekulativen Verkauf von Grundstücken dauerhaft zu verhindern.
Das Gesamtkonzept muss sicherlich in der Öffentlichkeit vorgestellt werden und ein breites Bündnis in der jeweiligen Gemeinde finden. Gerade die Kombination mit einer Genossenschaft wäre ideal. Ohne fachliche Unterstützung und Begleitung ist das sehr schwer realisierbar.
Frage: Sie waren Vorsitzende des Geschichts- und Heimatverein in Schwabach. Könnte man auch Geschichts- und Heimatvereine einbinden?
Dr. Weigand
Viele Geschichts- und Heimatvereine haben heute nicht mehr ihre alte Leistungsfähigkeit. Sie besitzen einige wenige Immobilien und sparen für anfallende Reparaturen. Sie freuen sich schon über eine Spende von 200 €. Die Mitgliederzahl sinkt und sie erhalten selten Vermächtnisse.
Große sehr aktive Vereine wie z.B. die Nürnberger Altstadtfreunde erhalten großzügige Vermächtnisse und können so auch große Projekte alleine stemmen.
Solche großen und einflussreichen Vereine sind jedoch sehr selten.
Ich denke, ein guter Netzwerkpartner mit etwas Kapital sind die Bürgerstiftungen, die es vielerorts gibt.
Frage: Es scheint so, als ob das Bewusstsein für den Erhalt von Gebäuden noch nicht stark entwickelt ist. Wo sehen Sie einen Ansatz, Kommunen und Behörden zu sensibilisieren?
Dr. Weigand
Ich denke, der Gemeinde- und Städtetag wäre eine gute Anlaufstelle für die Bewusstseins- und Weiterbildung. Beim jährlichen Treffen oder über die Veröffentlichung von Beiträgen könnten Leuchtturmprojekte oder Erfahrungsberichte der Kommunen vorgestellt werden.
Erfreulicherweise ist z.B. der Bayerische Landesverband für Heimatspflege mit seinem Geschäftsführer Dr. Rudolf Neumaier sehr aktiv in der Bewusstseinsbildung. Die Instagram-Seite ist sehr informativ.
Mit der Abstimmung über die größten Denkmal-Abrisssünden 2022 hat der Verein große Aufmerksamkeit erlangt - insbesondere in den Kommunen, in denen eine Abrisssünde zu beklagen ist. Unter www.heimat-bayern.de (Öffnet in neuem Fenster) findet sich die Liste von verlorenen oder gefährdeten Objekten.
Die meisten Abrisse laufen nach dem immer gleichen Schema:
In einem denkmalgeschützten Objekt wohnt schon seit langer Zeit niemand. Die junge Generation hat sich ein neues Häuschen mit modernem Bad gebaut. Wenn die Bewohner:innen rausgestorben ist, steht das Objekt leer. Niemand hat wirkliches Interesse. Das Dorf sieht das Objekt als Schandfleck. Die Gemeinde kann höchstens eine Notsicherung anordnen. Eine Enteignung wäre zwar denkbar, bringt der Kommune aber keine Vorteile. Der Bürgermeister würde sich natürlich freuen, wenn das Problem angegangen würde. Es fehlt jedoch in der Gemeinde eine Vision oder das Wissen, wie ein Projekt anzugehen wäre.
Wenn sich (endlich mal) ein Investor für das Grundstück interessiert, sieht die Gemeinde dies als Chance, ein leidliches Problem zu lösen und als modern zu gelten. Der Verkauf an einen Investor scheint alternativlos zu sein. Der Investor saniert dann aber oft nicht, sondern reißt ab und stellt einen gesichtslosen Neubau hin.
Nur eine Bürgerinitiative könnte Verkauf oder Abriss verhindern.
Neben den Kommunen müssen auch die Kirchen sensibilisiert werden. Diese werden in Zukunft immer mehr Immobilien profanieren und verkaufen.
Frage: Wie sähe Ihre Vision aus?
Dr. Weigand
Auf meiner Denkmalschutztour habe ich bereits gute Ansätze gefunden. Eine alte Dorfschule sollte abgerissen werden, die Bürgerschaft hat sich gewehrt und eine Genossenschaft gegründet https://alteschulebuehl.wordpress.com/ (Öffnet in neuem Fenster)
In Bestandsobjekte können ein Dorfladen, ein Mehrgenerationentreff oder Räumlichkeiten für eine mobile Gesundheits- oder Daseinsversorgung integriert werden. So könnte ein flexibel ausgestatteter Raum am Montag dem Hausarzt, am Dienstag dem Physiotherapeuten / der Ergotherapeutin, am Mittwoch der Hebamme / der Dorfschwester, am Donnerstag der Fußpflege und am Freitag dem Friseur zur Verfügung stehen. Vielleicht kann auch Hilfe bei Handy- oder anderen technischen Problemen angeboten werden. Oder koordinierte Einkäufe werden organisiert. Es gibt so viele Möglichkeiten ...
Gerade im ländlichen Raum wäre dies sehr wichtig, um gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen und um zu verhindern, dass die Dörfer ausbluten, auch um Anonymität und Einsamkeit entgegenzuwirken.
Besonders schön finde ich den englischen Ansatz „the pub is the hub“. Die Tradition der guten alten Dorfkneipe wird auf ein modernes Niveau gehoben. Ansatzpunkt ist und bleibt die lokale Gemeinschaft und die Pflege der sozialen Gemeinschaft. Das geht besser in einem Bestandsgebäude mit Geschichte.
Frage: Die Internationale Bauausstellung (IBA) Thüringenaktiviert Leerstände im Land – LeerGut umbauen (Öffnet in neuem Fenster). Sie unterstützt Unternehmer und neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft – SelbstLand aufbauen (Öffnet in neuem Fenster). Und sie realisiert experimentelle Neubauten und macht Baukultur zum Markenzeichen von Thüringen – ProvinzModerne neubauen (Öffnet in neuem Fenster). Wäre dies für Bayern nicht auch ein tolles Format?
Dr. Weigand
Natürlich. Das wäre ein schönes Beispiel auch für eine bayerische Initiative. Man müsste Geld für eine Förderung bereitstellen und eine Anlaufstelle zur Koordination schaffen. Das kann auch sehr gut mit Hilfe der Kommunen funktionieren.
Frage: Was kann das Land Bayern verbessern, um Bestandsobjekte besser zu transformieren?
Dr. Weigand
Die Staatsregierung könnte zum Beispiel Fördermittel bereitstellen oder Steuervergünstigungen für Kommunen oder Private schaffen, wenn ein Bestandsgebäude saniert und danach für gemeinwohlorientierte Zwecke genutzt wird.
Auch könnte sie durch gesetzliche Vorgaben die Neuausweisung von Baugebieten erschweren und gleichzeitig das Sanieren im Bestand fördern. Das würde auch gegen den Flächenfraß in Bayern helfen. Bauen im Bestand muss in Zukunft unbedingt Vorrang vor Neubau bekommen. Das fordern z.B. auch die Architektenkammer und der Bund deutscher Architekten.
Herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg bei der politischen Arbeit
Angelika Majchrzak-Rummel