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Newsletter 6/22

Liebe Leserschaft, liebe MitstreiterInnen und Engagierte,
sehr geehrte Damen und Herren,

im heutigen Newsletter geht es um Bürokratie und Formalien.

1) Grundsteuerreform

2) Virtuelle Versammlungen

3) Grunderwerbsteuer - Update

Grundsteuerreform

Alle Wohnprojekte mit Immobilieneigentum sind von der Grundsteuerreform direkt betroffen. Was ändert sich und wer muss nun handeln?

Gerade wird diese grundlegend reformiert, und alle Grundstückseigentümer:innen sind verpflichtet, eine sogenannte Feststellungserklärung abzugeben, auf deren Grundlage die neue Steuer ab 2025 berechnet wird. Das Bundesministerium für Finanzen hält ausführliche Information dazu bereit, auf die sich auch die folgenden Ausführungen stützen.

Die Grundsteuer wird in Deutschland anhand dreier Faktoren berechnet: dem Grundsteuerwert, der gesetzlich festgelegten Steuermesszahl und dem von der Gemeinde bestimmten Hebesatz. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Urteil vom 10. April 2018 die bisherigen Berechnungsgrundlagen der Grundsteuer, die sogenannten Einheitswerte, als verfassungswidrig eingestuft. Bemängelt wurde vor allem, dass die Werte vielfach veraltet sind und deshalb die einzelnen Grundsteuerzahler ungleich behandelt werden. Dadurch, dass nämlich die bisher verwendeten Grundstückswerte zum Teil mehrere Jahrzehnte alt sind, werden gleichwertige Immobilien in derselben Stadt teils sehr unterschiedlich besteuert. Für die Berechnung des Grundsteuerwerts wurden in den alten Ländern bisher Einheitswerte noch aus 1964, in den neuen Ländern sogar aus 1935 verwendet.

Bis 2025 müssen daher für alle Grundstücke neue Werte festgestellt werden. Stichtag für die neue Bewertung ist der 1. Januar 2022. Im Jahr 2019 wurde das neue Bundesgesetz zur Reform der Grundsteuer beschlossen. Das bisherige Verfahren zur Ermittlung der Grundsteuer bleibt im Bundesmodell dabei erhalten: Grundsteuerwert x Steuermesszahl x Hebesatz.

Für die Bundesländer wurde im Bundesgesetz zusätzlich eine sogenannte „Länderöffnungsklausel“ geschaffen. Jedes Bundesland konnte daher für sich die Entscheidung treffen, ob es das Bundesmodell oder ein eigenes Landesmodell umsetzt. Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen wenden das Bundesgesetz an. Das Saarland und Sachsen modifizieren bei der Höhe der Steuermesszahlen. In Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen gibt es eigene Landesgesetze.

Abgabe der Grundsteuererklärung

Um die neuen Berechnungsgrundlagen für die Grundsteuer ermitteln zu können, müssen alle Grundstückseigentümer:innen zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 31. Oktober 2022 beim zuständigen Finanzamt eine Grundsteuererklärung einreichen, und zwar grundsätzlich elektronisch über die Steuer-Onlineplattform „ELSTER“ (Öffnet in neuem Fenster).

Anhand der Angaben in der Grundsteuererklärung berechnet das Finanzamt den Grundsteuerwert und stellt einen Grundsteuerwertbescheid aus. Außerdem berechnet das Finanzamt anhand einer gesetzlich festgeschriebenen Steuermesszahl den Grundsteuermessbetrag und stellt einen Grundsteuermessbescheid aus.
Beide Bescheide sind keine Zahlungsaufforderungen. Sie sind die Grundlage für die Festsetzung der Grundsteuer durch die Stadt oder Gemeinde, die dann den endgültigen Grundsteuerbescheid verschickt.

Der Hebesatz soll durch die Städte und Gemeinden dabei so angepasst werden, dass die Grundsteuerreform für die jeweilige Stadt oder Gemeinde möglichst aufkommensneutral ist – die Einnahmen aus der Grundsteuer bleiben also im Wesentlichen gleich. Für die einzelnen Steuerpflichtigen kann sich die Höhe der Grundsteuer jedoch ändern. Die neu berechnete Grundsteuer ist dann ab dem Jahr 2025 auf Grundlage des Grundsteuerbescheides zu zahlen.

Befreiung von der Grundsteuer für gemeinnützige Zwecke

Auch wenn die nun erforderliche Grundsteuererklärung für gemeinnützige Organisationen einmalig Aufwand und Kosten mit sich bringt, ist die gute Nachricht: Für gemeinnützige Eigentümer, die bislang von Befreiungsmöglichkeiten profitiert haben, ändert sich im Ergebnis nichts. Sie müssen zwar die Grundsteuererklärung abgeben, aber auch zukünftig keine Grundsteuer zahlen.

Gemeinnützige Vereine, Stiftungen, gGmbHs und Religionsgemeinschaften mit dem Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts, die ihren Grundbesitz unmittelbar für steuerbegünstigte Zwecke nutzen oder an eine andere gemeinnützige Organisation vermieten oder verpachten, sind nämlich von der Grundsteuer befreit.

Wird dagegen ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ausgeübt, der nicht Zweckbetrieb ist, so greift die Steuerbefreiung nicht. Auch im Bereich der Vermögensverwaltung, also der Nutzungsüberlassung an einen (nicht gemeinnützigen) Dritten zur Miete oder Pacht, besteht grundsätzlich eine Grundsteuerpflicht – aber zumindest ist diese ab 2025 dann fairer verteilt.

Quelle
www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerarten/Grundsteuer-und-Grunderwerbsteuer/reform-der-grundsteuer.html (Öffnet in neuem Fenster)

Virtuelle Versammlungen

Die vom Deutschen Bundestag beschlossene gesetzliche Regelung, mit der die Handlungs- und Beschlussfähigkeit vieler Rechtsformen während der Pandemie sichergestellt wird, ist am 28. März 2020 in Kraft getreten. Damit können die betroffenen Rechtsformen, also etwa Aktiengesellschaften, GmbHs, Genossenschaften, Vereine und Wohnungseigentümergemeinschaften, auch bei weiterhin bestehenden Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten erforderliche Beschlüsse fassen und bleiben so handlungsfähig.

Es wurden vorübergehende Möglichkeiten geschaffen, betroffene Rechtsformen in die Lage zu versetzen, auch bei weiterhin bestehenden Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten erforderliche Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben.

Diese im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie (Öffnet in neuem Fenster) im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 enthaltenen Regelungen waren zunächst bis zum 31. Dezember 2021 befristet und wurden  bis zum 31. August 2022 verlängert.

Die gute Nachricht: Virtuelle Versammlungen von Vereinen und Stiftungsgremien bleiben auch nach dem 01.9.2022 möglich
– voraussichtlich ohne Satzungsänderung.

Auf Initiative des Freistaats Bayern wurde am 20.05.2022 im Bundesrat ein Gesetzentwurf beraten und in die Ausschüsse verwiesen, wonach § 5 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3a COVMG ab 1.9.2022 als neuer § 32 Abs. 1a BGB die dauerhafte Möglichkeit für Vereine und Stiftungen vorsieht, digitale Versammlungen abzuhalten. Es bleibt zu hoffen, dass das eingebrachte Gesetz trotz Sommerpause rechtzeitig zum 01.09.2022 in Kraft tritt.

In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, dass die „Regelung zu einer Stärkung der Mitgliedschaftsrechte und einer Förderung des ehrenamtlichen Engagements führt“ und „angesichts der voranschreitenden Digitalisierung auch über die pandemische Situation hinaus sinnvoll ist.“

Neuer § 32 Abs. 1a BGB

"Der Vorstand kann auch ohne Ermächtigung in der Satzung vorsehen, dass Vereinsmitglieder an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilnehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“

Weitere Erleichterungen aus dem „Abmilderungs-Gesetz“

Für die anderen Erleichterungen aus dem „Abmilderungs-Gesetz“ (einsehbar beispielsweise auf den Seiten des Bundesministeriums der Justiz (Öffnet in neuem Fenster)) müssen Vereine bzw. Stiftungen jedoch ihre Satzungen gem. § 33 BGB ändern, wenn sie nach dem 31.8.2022 diese Regelungen weiterhin anwenden wollen. Als Formulierungshilfe für die Satzung kann auf den Text von § 5 (Vereine und Stiftungen) COVMG zurückgegriffen werden

  • Ein Vorstandsmitglied eines Vereins oder einer Stiftung bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.

  • Abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen, ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.

  • Abweichend von § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.

Datenschutzrechtliche Herausforderung der digitalen Mitgliederversammlung

Je nach Vereinsgröße und Mitgliederstruktur ist dann aber die Umsetzung einer virtuellen bzw. hybriden Mitgliederversammlung nicht nur eine technische, sondern auch datenschutzrechtliche Herausforderung. Der Vorstand muss die für seinen Verein geeignete Konferenzsoftware-Lösung wählen, die die Rechte der Vereinsmitglieder – Rede-, Informations- und Stimmrecht – gewährleisten kann.

Um eine Anfechtung der gefassten Beschlüsse vorzubeugen, muss auf eine ordnungsgemäße Beschlussfassung vor allem bei der Durchführung von Wahlen oder Satzungsänderungen geachtet werden – hier wirft die praktische Umsetzung aber oft noch viele Fragen auf. Die Nutzung einer Konferenzsoftware-Lösung wird auch zwangsläufig personenbezogene Daten der Nutzer verarbeiten, so dass im Sinne der DSGVO das Vereinsmitglied auf die Verarbeitung seiner Daten mittels einer gesonderten Datenschutzerklärung hinzuweisen ist – falls dies nicht bereits in der Datenschutzerklärung des Vereins mitumfasst ist.

Fazit

Der neue Gesetzesentwurf des Freistaats Bayerns zeigt, dass die Digitalisierung nun auch im Vereins- und Stiftungsrecht angekommen ist. Durch die beabsichtigte gesetzliche Regelung bleibt vielen Vereinen und Stiftungen eine Satzungsänderung erspart, ohne die eine digitale Mitgliederversammlung sonst nicht möglich wäre.

Für alle anderen Rechtsformen enden die Erleichterungen am 31.08.22.

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Ich wünsche Ihnen angenehme Sommertage 

Angelika Majchrzak-Rummel
Rechtsanwältin und Projektberaterin

Kategorie Neuigkeiten

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