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Newsletter 06 / 24 * Die Neue Wohngemeinnützigkeit (NWG)

Die Neue Wohngemeinnützigkeit (NWG) sollte zunächst einen vielfältigen gemeinwohlorientierten Wohnungssektor ermöglichen.
📰 Eine sehr gute Übersicht zur Geschichte und den politischen Debatten findet sich von der Stattbau-Hamburg unter …
https://archiv.stattbau-hamburg.de/wp-content/uploads/2023/11/Freihaus-Nr27-digital-web.pdf (Öffnet in neuem Fenster)

Herauskommen wird wohl nur eine Steuererleichterung … ohne zusätzliche Impulse für Quartier oder gesellschaftliches Miteinander.

In der Kabinettsitzung vom 05.06.24 hat der Gesetzesentwurf zum Jahressteuergesetz (Öffnet in neuem Fenster) die Zustimmung der Bundesregierung erhalten:

Danach soll die Abgabenordnung (AO) durch § 52 Abs. 1 Nr. 27 ergänzt werden, der auf § 53 AO verweist, aber gleichzeitig den dort sehr eng definierte hilfsbedürftigen Personenkreis erweitert:

§ 52 AO Gemeinnützige Zwecke

(1) Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.
Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugute kommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel Zugehörigkeit zu einer Familie oder zur Belegschaft eines Unternehmens, oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann.
Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nicht allein deswegen vor, weil eine Körperschaft ihre Mittel einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zuführt.

(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen:

Nr. 1 bis Nr. 26 wie bisher > vgl. meinen Post #26 (Öffnet in neuem Fenster)

Nr. 27 die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke; dies ist die vergünstigte Wohnraumüberlassung an Personen im Sinne des § 53 AO.  § 53 Nummer 2 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bezüge nicht höher sein dürfen als das Fünffache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Fünffachen das Sechsfache des Regelsatzes. Die Hilfebedürftigkeit muss zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen.

§ 62 Absatz 1 Nummer 1 AO

Die neue Regelung stellt klar, dass bei der Rücklagenbildung zur Erfüllung der ideellen Zwecke auf die Planung der steuerbegünstigten Körperschaft aus der ex-ante Perspektive abzustellen ist. Damit wird für steuerbegünstigte Körperschaften mehr Rechts- und Planungssicherheit geschaffen, um insbesondere langfristigere und mittelintensive gemeinnützige Vorhaben umsetzen zu können. Bei umfangreichen und regelmäßig sehr langfristigen Investitionsvorhaben, insbesondere im Immobiliensegment, sollen erforderliche nachträgliche Anpassungen in der Planung erlaubt werden.

Ich habe aus dem Gesetzesentwurf mit Begründung und der aktuellen AO eine kleine “Zusammenfassung” erstellt:

(Öffnet in neuem Fenster)

Anmerkung: Mittlerweile (10.07.24) gibt es einen Entwurf Jahressteuergesetz II, in dem § 62 AO komplett aufgehoben wird. Was gilt nun?

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen sieht in der NWG eine weitere Säule für bezahlbaren Wohnraum.

Der Fokus liegt auf Stiftungen, gemeinnützige Vereine und bereits als gemeinnützig anerkannte Unternehmen. Hierzu gehören insbesondere Johanniter, Diakonie, Caritas, Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz, Lebenshilfe, Kirchliche Siedlungswerke, Wohnstiftungen, usw., die bereits Wohnraum als Unterstützungsleistung für Zielgruppen laut AO anbieten oder im Zuge ihrer Vermögensverwaltung Einnahmen aus Vermietung haben.

🗣 „Die NWG sorgt dafür, dass es für sozial orientierte Unternehmen nun rechtlich möglich und letztendlich auch finanziell attraktiv wird, sich bei der sozialen und langfristigen Vermietung von Wohnraum zu engagieren. … Durch den Fokus auf die Gemeinnützigkeit werden Unternehmen zudem angehalten, die erzielten Überschüsse in den Neubau, den Ankauf sowie die Modernisierung von Wohnraum zu investieren. Nach Schätzungen können sich die Steuererleichterungen – je nach aktueller Steuerlast – auf ein- bis zweitausend Euro pro Wohnung und Jahr belaufen. Ein Unternehmen mit 300 Wohnungen könnte demnach rund eine halbe Million Euro pro Jahr einsparen und beispielsweise für die Reduzierung der Miete oder Bestandsinvestitionen einsetzen.“
Zitat Internetseite https://www.bmwsb.bund.de/Webs/BMWSB/DE/themen/stadt-wohnen/wohnungswirtschaft/NWG-artikel.html (Öffnet in neuem Fenster)

Trotz der potenziellen Vorteile gibt es auch Herausforderungen.

🙄 Die Annahme, dass sozial orientierte Unternehmen aus Bereichen wie der Notunterbringung für Obdachlose oder der Altenhilfe genügend Überschüsse erzielen können, um Rücklagen für langfristige Investitionen zu bilden, erscheint optimistisch.

🙄 Eine wichtige Frage bleibt, unter welchen Voraussetzungen bestehende Vermietungsgenossenschaften von der NWG profitieren können. Da diese Organisationen bereits von der Körperschaftsteuer nach § 5 Nr. 10 KStG befreit (Öffnet in neuem Fenster)sind, ohne bestimmte Belegungskriterien oder Miethöhen einhalten zu müssen, ist der Mehrwert der NWG nicht erkennbar.

🙄 Unklar ist, ob und wie ein Übergang zwischen steuerpflichtigem (kommunalen) Wohnungsunternehmen, zu einem “wohngemeinnützigen Unternehmen” zu gestalten wäre. § 13 KStG würde dazu führen, dass stille Reserven aufzudecken sind. Das setzt keine Anreize für eine Umwandlung.

🙄 Viele gemeinnützige Unternehmen vermieten im Rahmen der Vermögensverwaltung § 14 AO. Die ortsüblichen Mieten verwenden sie für ihren eigentlichen ideellen Zweck.
Unternehmen, die den ideellen Zweck der “Wohngemeinnützigkeit” in ihre Satzung aufnehmen, müssen zu vergünstigten Mieten reduzieren. Damit fehlen ihnen Mittel (aus Vermögensverwaltung) für andere ideelle Zwecke. Ohne zusätzliche Förderungen können derzeit keine Wohnungen so günstig erworben oder gebaut werden, dass die vergünstigten Mieten kostendeckend wären.

🙄 Im Gegensatz zur EOF-Förderung soll es für die NWG keine zeitliche Belegungsbindung geben. Bei jeder Neubelegung muss die Vermietung an Menschen mit den begrenzten Bezügen (dynamisch) erfolgen. Die “Berechtigung” muss nur bei Mietbeginn nachgewiesen werden. Eine “Fehlbelegungsabgabe” für Menschen mit steigenden Bezügen gibt es nicht. Die Miethöhe ist nicht starr vorgegeben - sie soll unter den marktüblichen Mieten liegen, kann aber auch kostendeckend kalkuliert werden. Eine Querfinanzierung durch Vermietung an „Besserverdienende“ soll nicht zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen. Die Details würden erst in einer Ausführungsverordnung geklärt.

Zwischenfazit

Es bleibt abzuwarten, wie sich der Gesetzesentwurf im parlamentarischen Prozess entwickelt und zur Ausführung gelangt.

Bislang ist die NWG nur ein Minimalansatz. Perspektivisch müssen jedoch auch gezielte Fördermaßnahmen folgen, um einen echten Impuls für den gemeinwohlorientierten Wohnungsbau zu schaffen. Durch Entlastungen bei der Grunderwerbsteuer oder bei der Vergabe von Grundstücken könnte SCHWUNG in die Bereitstellung von Wohnungen kommen.


Ich habe mal versucht aufzulisten, für wen die NWG überhaupt hilfreich sein könnte:

Für wen könnte die NWG hilfreich sein? (Öffnet in neuem Fenster)
HINWEIS

🙄 Was würde die NWG den Wohnprojekten bringen, …

die kein privates Eigentum für Gruppenmitglieder schaffen wollen und stattdessen ein dauerhaft gemeinwohlorientiertes Projekt realisieren wollen?
Gibt es bald ein “wohngemeinnütziges Wohnprojekte”, das Spenden und Zuwendungen einwerben kann?
Oder passen die “selbstlose diskriminierungsfreie Förderung der Allgemeinheit” nach § 52 Abs 1 AO und der “Selbsthilfeanspruch der Gruppe” nicht zusammen?

Ich befüchte, dass Politik und Presse Erwartungen bei Gruppen geweckt werden, die bei genauer Betrachtung nicht erfüllt werden.

Ihre Angelika Majchrzak-Rummel
Rechtsanwältin, Wohnprojekt-Beraterin

https://wonderl.ink/@angelika.maj_rml (Öffnet in neuem Fenster)

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Kategorie Neuigkeiten

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