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Und was kommt in die Zeitung?

Hallo.

Das ist die dritte Ausgabe von „Newsgierig“, dem Newsletter zur Arbeit von Journalistinnen und Journalisten (kurz: Journos). In kleinen Häppchen bekommst Du bis Ende August 2024 direkten Einblick in die Welt der Medien.

Die Frage heute lautet: Wie wählen Redaktionen Themen aus?

🤓 Zum Einstieg eine kleine Erinnerung: Journos entwickeln Themen (Öffnet in neuem Fenster), die mehrere Menschen betreffen. Denn Medien bedienen ein größeres Publikum, für das die Berichterstattung interessant sein soll.

Das Thema soll sich vom Gewohnten unterscheiden. Es gibt den alten Leitsatz (sinngemäß aus dem Englischen übersetzt):

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„Wenn ein Hund einen Menschen beißt, ist das kein Stoff für eine Nachricht. Wenn ein Mensch einen Hund beißt, sehr wohl.“

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Denke bitte nochmal an das Beispiel aus der vergangenen Woche (Öffnet in neuem Fenster). Die Leitfrage war: Warum sinkt die Lebensqualität in unserer Region?

Nun käme die Probe aufs Exempel - Fragen nach der Machbarkeit. Können die Journos die Leitfrage auch recherchieren? Wie kommen sie an wichtige Dokumente? Sprechen betroffene Menschen aus dem Wohnviertel mit ihnen? Können Bewegtbild-Journos die anschließende Recherche auch für das Fernsehen erzählen, weil sie vor Ort Aufnahmen machen dürfen?

Insa van den Berg, Frau mit Brille, runzelt die Stirn, hochgezogene Schultern, angewinkelte Arme, offene Handflächen.

All das müssen Medienleute bedenken.

Wenn wir Journos auf diese Fragen Antworten gefunden haben, können wir in der Redaktionskonferenz für unser Thema trommeln. Gemeinsam erörtern die Redaktionsmitglieder, was es an Themen gibt. Denn für alles Wichtige wird der Platz im Magazin oder die Sendezeit nicht ausreichen.

Um auszuwählen, helfen sogenannte Nachrichtenfaktoren. Dahinter verbirgt sich eine Liste von Umständen, die viele Menschen neugierig machen. Zum Beispiel:

  • Nutzen,

  • Prominente,

  • Fortschritt,

  • Gefühle,

  • räumliche (direkt vor der Haustür) oder soziale Nähe (vergleichbare Lebenssituation).

Neben dem Nachrichtenwert (Öffnet in neuem Fenster) ist vor allem entscheidend, ob das Thema für das Publikum eines Mediums bedeutsam ist. Leserinnen der ZEIT interessiert häufig etwas Anderes als Zuschauer von VOX. Unsere mögliche Recherche zur Zufriedenheit im Wohnumfeld könnte unter Umständen für das Publikum eines Regionalmagazins etwas sein; für eine überregionale Berichterstattung ist es eher weniger geeignet.

🤨 Ach was, denkst Du jetzt vielleicht.

Denn wenn Du zum Beispiel MDR Sputnik hörst, Nachrichten bei Spiegel online oder bei der Neuen Osnabrücker Zeitung durchklickst, entdeckst Du das vermeintlich Gleiche. Das liegt daran, dass Journos Zeitgeschichte dokumentieren, damit die Gesellschaft Ereignisse besser einordnen kann und sich an Vergangenes erinnert. Ich habe den Hauptzweck „Informieren“ ja in Folge 1 (Öffnet in neuem Fenster)schon erläutert.

Wenn also im Bundestag heftig diskutiert wird, dann können Redaktionen (außer von Fachmedien) das nicht ausklammern.  

Und, ja, auch der althergebrachte Satz „Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten“ hat weiterhin Bedeutung. Je dramatischer die Folgen eines Problems, umso mehr Nachhall wird es auch in verschiedenen Medien finden. Inzwischen berichten jedoch etliche Journos lösungsorientiert. Der sogenannte konstruktive Journalismus beantwortet die Frage nach dem „Wie könnte es weitergehen?“ und soll zum Weiterdenken anregen.

Wer letztlich entscheidet, was es ins Programm schafft? Das hängt an der jeweiligen Redaktion. Manchmal ist es die Chefin vom Dienst, mal eine Ressortleiterin, mal die Mehrheit. Aber dass ein Redaktionsleiter Journos vorschreibt, was später in dem Beitrag stehen soll, ist der Ausnahmefall und ein schwerwiegender Eingriff in die Pressefreiheit – dazu ein anderes Mal mehr.

Mir hat übrigens noch nie jemand angeordnet, wie ich zu berichten habe. Und so weit werde ich es auch nicht kommen lassen. 😇

Bis nächste Woche!

Viele Grüße von Insa

Wer hier schreibt?

Ich bin Insa van den Berg.
Journalistin, Seminarleiterin, Moderatorin, Sachbuch-Autorin.
Neugierig, stur, streng, aber zumeist freundlich im Ton.

Ich arbeite seit mehr als 20 Jahren für verschiedene Medien und Medienkanäle, bin bei Zeitungen groß geworden, schreibe für Online-Magazine. Ich kenne eine Menge schwarzer Schafe in diesem Beruf und etliche brillante Kolleginnen und Kollegen.

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