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Wie käuflich sind Journos?

Hallo.

Das ist die vierte Ausgabe von „Newsgierig“, dem Newsletter zur Arbeit von Journalistinnen und Journalisten (kurz: Journos). In kleinen Häppchen bekommst Du bis Ende August 2024 direkten Einblick in die Welt der Medien.

Die Frage heute lautet: Wie (un-)abhängig sind Medien? Oder mit den Worten von “Newsgierig”-Leser Mark: Was sind die “Triebfedern der vierten Macht”?

🔄Kurze Wiederholung zum Einstieg: Wenn Du nicht alles für Dich Interessante bei allen Medien entdeckst, dann hängt das meistens damit zusammen, dass es für die Zielgruppe der Zeitung oder des Senders weniger bedeutsam ist und/oder dass es auf dem Ausspielweg (also als Fernsehbeitrag) nicht funktioniert. (Öffnet in neuem Fenster)

Auch wenn einige Journos sich als Wächter der Demokratie verstehen, mega-idealistisch sind und Finger in Wunden legen (Öffnet in neuem Fenster): Die Arbeit an Recherchen und das Bereitstellen von Informationen kosten Zeit und Geld.

Damit sind wir bei Abhängigkeit Nummer 1️⃣: Medienunternehmen wollen und müssen Geld verdienen, um recherchieren und veröffentlichen zu können. (Das ist beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk unterschiedlich – dazu ein anderes Mal mehr.)

Versuche von Einflussnahme

Klaro versuchen Politiker, Geschäftsführerinnen, Lobby-Leute, Angehörige von gemeinnützigen Organisationen und zunehmend auch Privatpersonen Einfluss auf Medien-Berichterstattung zu nehmen. Das klingt jetzt erstmal vielleicht krasser, als es im Normalfall ist.

Der Standard dieser Einflussnahme ist nämlich das Versorgen mit Informationen, die Journos dann kritisch überprüfen. Üblicherweise stellen Behörden diese Infos bei Pressekonferenzen vor oder die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit verschickt Pressemitteilungen an Redaktionen.

Alle, die eine Redaktion oder Journos von sich aus und auf egal welchem Weg kontaktieren, haben ein Anliegen, ein Interesse.

Es kann sein, dass sie auf das neue Produkt ihrer Firma hinweisen wollen in der Hoffnung, dass Medien darüber berichten. Dass sie sich wünschen, dass Journos auf den Tag der offenen Tür aufmerksam machen. Dass sie sich mit ihrem Wissen in ein besonderes Licht rücken wollen – natürlich bestenfalls ein in ihren Augen gutes. Und dagegen ist auch gar nichts einzuwenden! Denn die Zusammenarbeit von Journos und anderen Menschen ist die Basis für Berichterstattung.

⚠️Ein Problem wird es, wenn Menschen außerhalb des gesetzlich Möglichen Einfluss nehmen wollen – zum Beispiel, weil sie Journos Gewalt androhen, sie zu bestechen versuchen oder auch wenn Journos die herangetragenen Informationen nicht aufmerksam prüfen und auf die dahinterliegenden Interessen abklopfen. Seriös arbeitende Journos machen das.

Hintergrundgespräche und Sperrfristen

Das heißt nicht, dass Journos immer zähnefletschend vor ihren Gesprächspartnerinnen sitzen und in Wunden bohren müssen. Es gibt sogar häufig sogenannte Hintergrundgespräche (Öffnet in neuem Fenster), in denen vertraulich und oft auch sehr wertschätzend über Probleme beispielsweise innerhalb einer Fraktion oder eines Teams gesprochen wird. Das soll dazu dienen, dass die Journos bestimmte Entscheidungen besser nachvollziehen und dementsprechend einem Publikum erklären können. (Heißt noch lange nicht, dass sie die Entscheidung auch gut finden müssen!)

Und in diesen Hintergrundgesprächen sagen einflussreiche Menschen auch, was Journos alles besser nicht veröffentlichen? Nö. Du 🦊 hast natürlich erkannt, dass das eine Fangfrage war.

Was es gibt, ist eine sogenannte Sperrfrist (Öffnet in neuem Fenster), bis zu der bestimmte Informationen nicht öffentlich gemacht werden sollen. Es gibt außerdem Sonderfälle von zeitlich begrenzten Nachrichtensperren wie beispielsweise bei Entführungen, um das Leben der Geiseln nicht zu gefährden.

Bitte warten! ⏳

Es gibt noch eine Reihe anderer Aspekte zur (Un-)Abhängigkeit von Journos – zum Beispiel die Autorisierungspraxis oder das kostenfreie Zustellen von Rezensionsexemplaren. Aber um den Rahmen dieser Newsletter-Folge nicht zu sprengen, vertröste ich Dich und verweise auf die noch folgenden Ausgaben.

🧐Nicht überzeugt?

Kann ich verstehen. Als Journo zweifele ich ja selbst ständig alles an. Oh, ich sehe vor meinem inneren Auge mein Umfeld hartnäckig nicken…

Und wenn ich dann mal wieder meine, nur ich hätte es (was auch immer) durchschaut, dann denke ich an den wissenschaftlich erforschten „Andere-Leute-Effekt (Öffnet in neuem Fenster)“ zur verzerrten Wahrnehmung. Das Phänomen stammt aus der Medienpsychologie und beschreibt die Tendenz zu glauben, dass die Anderen beeinflussbarer seien als wir selbst. 😉

Wie ist es bei Euch?

Und welche Medien nutzt Ihr?

Bis nächste Woche!

Viele Grüße von Insa

Insa van den Berg, Frau mit roten Haaren und Brille, sitzt an einem Tisch und macht sich mit einem Füller Notizen in einem Heft.

Wer hier schreibt?

Ich bin Insa van den Berg.
Journalistin, Seminarleiterin, Moderatorin, Sachbuch-Autorin.
Neugierig, stur, streng, aber zumeist freundlich im Ton.

Ich arbeite seit mehr als 20 Jahren für verschiedene Medien und Medienkanäle, bin bei Zeitungen groß geworden, schreibe für Online-Magazine. Ich kenne eine Menge schwarzer Schafe in diesem Beruf und etliche brillante Kolleginnen und Kollegen.

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