Zum Hauptinhalt springen

Die Schläue schwingt im Subtext mit

Der vollkommen subjektive Newsletter über Medien, Digitalgedöns und extrem viel Privatleben. Heute geht es darum, dass ich Leute verprügeln will, wenn die KI mir etwas vorliest.

Kennst du die beschissenen Playlists, die in Fitnessstudios laufen? Es scheint, als gäbe es extra für Fitnessstudios ganz besonders beschissene Playlists, die es sonst nirgends gibt und bei denen die Plastik-Upbeat-Songs mit ganz besonderer Sorgfalt handverlesen wurden. Das Gute an diesen bekackten Playlists ist, dass man so aggro davon wird, dass man körperlich wirklich alles gibt. Genau dafür hat man diese erbärmlichen Playlists geschaffen.

Einen ähnlichen Effekt haben Texte auf mich, die von der KI vorgelesen werden. Die Möglichkeit, einen Artikel als Audio zu hören, ist eine super Sache. Ich nehme das Angebot auch wirklich gerne wahr. Wenn ich den Artikel dann aber anhöre, habe ich nach etwa 3 Minuten das starke Bedürfnis, jemanden zu vermöbeln.

Sprachsynthese ist ein Big Deal. Bald sollen CEOs ihre Ansprachen für internationale Teams simultan in allen Sprachen halten können und Podcasts kann man dann unter anderem dank Spotifys Voice Translation (Öffnet in neuem Fenster) einfach via KI in der Sprache der Wahl hören. Praktisch. Allerdings erinnere ich mich an genug Ansprachen meiner ehemaligen Chefs, die schon in der gemeinsamen Landessprache für reichlich Missverständnisse gesorgt haben. Noch dazu schwingen die wichtigsten Botschaften meist im Subtext mit, im Dialekt, in der linken Augenbraue. Nicht umsonst ist Übersetzung ein eigenes Handwerk, für das in der Literaturbranche jährlich Preise vergeben werden.

Der wichtigste Grund, warum ich mich für die Audioversion eines Textes entscheide, ist, dass es mir weniger abverlangt, jemandem zuzuhören, als einen Text zu lesen. Die Stimmung eines Textes, die ich mir beim Lesen selbst erarbeiten muss, wird bei Audio direkt mitgeliefert. Die KI nimmt mir diese Arbeit nicht ab. Also, Süßmo: Weck mich auf, wenn Sprachsynthese endlich geil ist.


News, um am Stammtisch nicht zu versagen

ByteDance alias TikTok macht keinen Hehl daraus, das Liebesleben seiner Mitarbeitenden mitgestalten zu wollen – schließlich stärkt's die Bindung! So gibt es im internationalen Intranet eine Art Datingbörse, in der man Verwandte und Frendz (mit Gewicht und Größenangabe) vorstellen kann. Eine Kommentarfunktion ermöglicht das gemeinschaftliche Auswerten. (Forbes (Öffnet in neuem Fenster))

Angeblich wird LinkedIn immer komischer (Öffnet in neuem Fenster). Aber eigentlich sind einfach nur immer mehr Leute da, die früher nie ins Internet geschrieben haben und jetzt ihre ersten erbärmlichen Rehkitz-Schritte damit machen. Übrigens komplett altersunabhängig. Eigentlich muss man das mit Liebe und Wohlwollen betrachten. Was ich 2009 getwittert habe, geht auch auf keine Kuhhaut. Unterstütze-ich-Emoji. Übrigens: Im Artikel oben steht, die Virusjahre hätten normalisiert, dass man im Arbeitskontext Ängste äußern und sich verletzlich und menschlich zeigen dürfe. Legendenbildung.

Ich habe in Berlin noch kein einziges Tubegirl (Öffnet in neuem Fenster) gesehen – obwohl ich gerne würde! Der Trend ist eigentlich nicht der Rede wert: Ein Chick tänzelt in einer U-Bahn herum, die Haare wehen im Fahrtwind, im Hintergrund gucken Leute. Genauso viral wie die Originale gehen die Videos der Fahrgäste, die die Protagonistinnen aus ihrer Perspektive, quasi "Behind the Scenes", filmen, was immer ein bisschen albern aussieht. Einige bewundern die Tubegirls für ihren Mut, andere machen sich lustig. Ich sag mal so: Ich find's besser, sich bewusst mutprobenmäßig ein bisschen zum Süßhorst zu machen, als die überspitzte Lolita-Laszivität und die aggressive Ignoranz der Welt um einen herum vollkommen ernst zu meinen.

Bifi sucht Menschen, die sich für 150 € Flocken Salamiwerbung in die Bude hängen (bifi-zuhause.de (Öffnet in neuem Fenster)). Scholz & Friends steckt dahinter. Next level shit, wenn wir über den Begriff authentische Werbung reden. Nur'n kleiner Gag oder wegweisend für die Offline-Werbung der Zukunft? Dagegen spräche, dass viele angesichts der zunehmenden Vereinsamung der Welt ja nicht mal mehr Besuch bekommen...

Dein Hintergrund bei Zoom entscheidet, ob du ein Lauch bist oder nicht. Eine Unter­suchung von Psychologinnen der Uni Durham (SZ (Öffnet in neuem Fenster)) hat ergeben, dass Bücherregale dich vertrauens­würdiger aussehen lassen als eine weiße Wand. Gut gepflegte Topf­pflanzen kommen gut an, virtuelle Hinter­gründe wie Strände sind lame. Verdammt, endlich sagt es mal jemand! Eine Untersuchung der HEISE SCHEISE hat nämlich außerdem ergeben, dass ein blurry Hintergrund einfach ultra beschissen ist. Ist dir selbst deine bescheuerte Wand mit einem Tisch dran zu privat, um sie vor fremden Blicken zu verbergen? WAS IST MIT DIR? WHY DO YOU HATE PEOPLE? Hat hier gerade eine KI was vorgelesen, DENN I KÖNNT SCHON WIEDER AUSRASTE!!!!112

Das war die 39. Ausgabe des bitterbösen Newsletters über Netzwelt, Medien, neues Arbeiten und extrem viel Privatleben. Wie du siehst, habe ich mich zu keinerlei wichtigen Themen geäußert. Das liegt einerseits daran, dass meine Seele bei den aktuellen News zu schwarz wird und ich einen gewissen humorigen Sicherheitsabstand brauche, um mich überhaupt zu veräußern. Andererseits gibt es sehr viele gute Leute, die den wichtigen Stoff beackern. Lass mich deine Blaupause sein! Eine HEISE SCHEISE ist leicht wie Milka Luflée! Die Schläue schwingt im Subtext mit! Folgst du mir schon bei Insta (Öffnet in neuem Fenster) oder Bluesky @Kleinod?