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Alle sind einsame Hausfrauen aus deiner Umgebung

Das Internet ist so voll mit Content wie nie. Aber es fühlt sich leerer an als je zuvor. Ein paar Wenige posaunen ins Netz – und Millionen schauen ihnen stumm dabei zu. Fast wie damals vorm Fernseher! In einem Paralleluniversum versuchen Content Creator verzweifelt, unter sich und ihren Fans in Kontakt zu bleiben.

(Foto von 2009, aber vor der HEISE SCHEISE sehe ich noch immer so aus.)

Vor einigen Jahren saß ich als Marketingleitung im Management bei Steady (Öffnet in neuem Fenster). Bei Steady kann man seinen Podcast, sein Magazin oder Newsletter durch regelmäßige Beiträge seiner Fans finanzieren. Das ist gut, denn so können unabhängige Leute unabhängig bleiben und ihre wertvolle Arbeit nachhaltig finanzieren. Ich habe für diese Sache sehr gerne gearbeitet. Noch ein bisschen lieber bin ich aber selbstständig.

Schon damals™ haben viele unabhängige Content Creator den Wunsch geäußert, sich besser untereinander vernetzen und Synergien nutzen zu können. Einsamkeit ist als Creator ein reales Problem! Neue Leute zu erreichen sowieso. Auch die Fans wünschen sich in aller Regel eine möglichst enge Verbindung. Viele freuen sich zum Beispiel, wenn sie bei Insta auf die Enge Freunde-Liste gesetzt oder in einen dieser unsäglichen Chats eingeladen werden. Warte, ich muss mal kurz hoch auf die Makro-Ebene.

Ich habe schon oft darüber geschrieben, dass ich das Gefühl habe, die Tech-Riesen entwickeln gegenläufig zum eigentlich Nutzerbedürfnis. Das liegt daran, dass Du und Ich nicht ihre Zielgruppe sind. Die Werbeindustrie ist es. Am Ende sind die neuen Produkte aber so magnetisch und süchtigmachend, dass Du und Ich uns dann eigentlich gar nicht beschweren mögen.

Während Meta gerade 28 AI-Bots rausballert und Virtual Reality noch lange nicht vom Tisch ist, arbeitet ein anderer Teil des Internets verzweifelt daran, näher zusammen zu rücken und in möglichst menschlichen Kontakt zu treten. Einerseits siehst du das daran, dass Chats wieder die Social Plattform der Stunde sind. Andererseits siehst du es bei den Unternehmen, die Infrastruktur für Content Creator bauen. So hat Patreon (eine fast gänzlich unbekannte amerikanische Version von Steady) die Event-Plattform Moment gekauft. Immer mehr Leute promoten ihre eigenen Events: Seit letztem Jahr sind die Verlinkungen zu Eventbrite um 200% gestiegen (Linktree Creator Report 2023 (Öffnet in neuem Fenster)). Patreon hat außerdem kürzlich versprochen, mehr Events für Creators veranstalten zu wollen. Steady plant eins am 3. November. Hab allerdings nix dazu online gefunden. Aber ich bin ja auch nicht mehr Marketingleitung. 😘


News, um am Stammtisch nicht zu versagen

Das Internet wird mit Desinformation zum Krieg geflutet. Während fast alle Plattformen schwitzen, chillt Telegram hart: Man wolle auch weiterhin alle kriegsbezogenen Inhalte hosten, seien sie doch eine Top-Informationsquelle für die Berichterstattung. Dass Telegram zur Verstärkung von Propaganda missbraucht würde, halte CEO Pavel Durov für unwahrscheinlich. (Golem (Öffnet in neuem Fenster))

X hat eben erst Leute aus dem Team geballert, die gegen Desinformation vorgehen. Auch ein Tool, das bei der Sichtung hilft, wurde abgeschnitten. Hoppli! Musk selbst ist kürzlich auf Desinformation hereingefallen – und löschte einen Tweet, in dem er seinen Followern Journalisten empfahl, die Desinformation (und in einem Fall sogar antisemitische Ansichten) teilten. Oder geschah's am Ende in voller Geistesgegenwart? Wundern würde es nicht.

Bei TikTok indes wurden 105 Werbe­anzeigen von Politiker­:innen oder Parteien auf TikTok gesichtet – das Gros kommt von SPD und AfD. Laut Richtlinien ist Parteiwerbung bei TikTok eigentlich verboten. Eigentlich. (Stiftung Neue Verantwortung (Öffnet in neuem Fenster)).

Schon länger trompetet die USA gegen TikTok. Wären die wahren Gründe nur so edelmütig, wie sie erst einmal klingen. Wir erinnern uns: TikTok gehört ByteDance, ByteDance gehört China. Letzte Woche klagte jedenfalls zuletzt wieder Utah, weil TikTok bei Kindern zu einem zerstörerischen Suchtverhalten führe. Schon seit Anfang des Jahres arbeitet der Bundesstaat daran, die Nutzungsdauer von Social Media für Menschen unter 18 zu limitieren. Nächstes Jahr soll's losgehen. (Associated Press (Öffnet in neuem Fenster))

Ist LinkedIn ein Happy Place für Teenager? LinkedIn wird angeblich immer beliebter – sogar bei der Gen Z. The Cut (Öffnet in neuem Fenster) hat mit Teenagern gesprochen, die schon früh das Netzwerken beginnen und LinkedIn als die einzige ironiefreie Zone des Internets zu schätzen wissen. Keine Rants, kein düsterer Humor – und nur positive Emoji-Reaktionen zur Auswahl. Traum! Als Grund zur frühen Nutzung werden aber auch wirtschaftliche Sorgen genannt: Der Arbeitsmarkt wandle sich schnell, da müsse man früh mitmischen.

Du schätzt meinen Newsletter? Dann schau dir vielleicht mal das männliche Pendant dazu an. MINUSMACHEN (Öffnet in neuem Fenster) ist der heilsame Newsletter über die Abgründe der Tech-Industrie und zertrümmerte Männerseelen. Eine seltenes Kleinod in der deutschen Newsletterlandschaft.

Kann Twitter alias X endlich gehen – und die 28 AI-Bots von Meta direkt mit in die Hölle nehmen? Das war die 40. Ausgabe des bitterbösen Newsletters über Netzwelt, Medien, neues Arbeiten und extrem viel Privatleben. Lies doch ein paar alte Ausgaben (Öffnet in neuem Fenster) oder promote zur Feier dieser runden Ausgabe meinen Newsletter bei LinkedIn! Ich bin auch dort (Öffnet in neuem Fenster). Übrigens vermisse auch ich Austausch – und freue mich wie bolle über jede Antwort auf meine Ausgaben.