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Woher du weißt, wann Schluss ist

Hier ist er wieder! Der vollkommen subjektive Newsletter über Medien, Digitalgedöns und extrem viel Privatleben. Heute sprechen wir übers Aufhören.

In der Theorie sind die Dinge immer sehr einfach: Wenn die Waden krampfen und der Bauch Kapriolen schlägt, solltest du aufhören zu rennen. In der Praxis ist das meist schwieriger.

Ich neige dazu, zu spät mit Dingen aufzuhören – Jobs, Beziehungen, Freundschaften, schlechte Gewohnheiten. Wo andere schon 5 Mal weg waren, halte ich noch die Stellung und schlage vergebens mit einer Wolldecke auf lodernde Feuer ein. Einerseits ist das meine Sozialisierung: Eltern, die seit Jahrzehnten denselben Job machen und die noch erfolgreich verheiratet sind, weil sich an allem arbeiten lässt. Freundschaften, die seit der Schulzeit halten, denn Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Das hat viel Gutes: Ich bin loyal und kann mich durchbeißen, bin Profi in langjährigen Beziehungen und habe beruflich so manches Schiff durch Krisenzeiten navigiert. Gleichzeitig tue ich mich schwer mit der feinen Linie zwischen "die Flinte ins Korn werfen" und "eine Entscheidung für mich treffen".

Wann weiß man sicher, dass etwas nicht mehr gut für einen ist?  


Es heißt, man solle aufhören, wenn der Leidensdruck zu groß ist. Aber wo ist das Barometer, an dem ich diesen Wert ablesen kann? Es gab schon Phasen, in denen mir 3 Wochen wegen einer Sache der Rücken weh tat und sich dann doch alles wieder einrenkte. Hinzu kommt, dass Wachstum manchmal Schmerzen mit sich bringt. Die ersten Proben mit der Band zum Beispiel taten weh und machten mir wenig Spaß. Ich war hoffnungslos verloren auf diesem neuen Terrain, weil ich blutige Anfängerin war. Dann kam irgendwann der Durchbruch und es flutschte. No pain, no gain und so weiter. Wachse ich gerade oder schrumpfe ich zusammen? Manchmal lässt sich das schwer beantworten.

Eine Liste, an die ich mich das nächste Mal erinnern muss, wenn ich vor einer Entscheidung stehe:


1. Wenn ich schon von "Entscheidung" rede, weiß ich, dass der Leidensdruck theoretisch schon zu hoch ist.

2. Wenn ich in Gesprächen aufhöre, etwas oder jemanden zu verteidigen, ist die Entscheidung eigentlich schon gefallen.

3. Über 2 Monate lang mindestens 2 Mal wöchentlich ernsthaft ans Aufhören denken, bedeutet, es ist allerhöchste Eisenbahn.

4. Wenn sich der Hyperfokus auf das Problem durch 3 Wochenenden am Stück zieht, ist allerhöchste Eisenbahn.

5. Wenn "Ich mache das auf jeden Fall nicht weiter, aber es steht doch noch X an" schon ein fixer Gedanke ist, dann auf X scheisen und lieber jetzt aufhören als nächste Woche.

News, um am Stammtisch nicht völlig zu versagen

  • Cool: Der rechts­extreme öster­reichische TV-Sender Auf1 (Öffnet in neuem Fenster) kündigt seine Expansion nach Deutschland an 🤡

  • Falls dein Insta-Feed nur noch aus Werbung und Bewegtbild von wildfremden Menschen besteht, siehst du die Folgen der TikTokisierung, ohne dass ich dir groß News zuspielen muss.

  • Seit 3 Monaten warte ich, dass der Hype Train stoppt, aber er rollt weiter: BeReal wird vermutlich wirklich der nächste heise Scheis. Das Prinzip der App: Jeden Tag werden die User zu einem anderen Zeitpunkt aufgefordert, ein Foto zu machen. Sind die dafür gegebenen 2 Minuten Zeit rum, hat man erst am nächsten Tag wieder eine Chance. Reizvoll, weil nicht viel Zeit zum Beschönigen bleibt.

  • Kinder, die Alexa oder Siri heißen und deswegen unter seelischer Belastung leiden, dürfen ihren Namen ändern, beschloss das Verwaltungsgericht Göttingen. Ich fühle nichts, aber auch alles.

  • Dieser Ausschnitt aus einem Interview mit Kate Bush ist everything:

(via @KeatonPatti (Öffnet in neuem Fenster))

Das war die 15. Ausgabe des vollkommen subjektiven Newsletters über Medien, digitales Gedöns und extrem viel Privatleben. Abonniert und empfehlt HEISE SCHEISE (Öffnet in neuem Fenster) euren kleinen Freundinnen und Freunden!