Die Kollapsbewegung ist kein Busunternehmen

Source: ideogram.ai (Öffnet in neuem Fenster)
09/06/2025
Liebe Leute,
ich wurde gerade gefragt, "ob die Kollapsbewegung auch eine sein wird, die die bürgerliche Mitte abholt". Dazu ein paar Gedanken.
To start with ist eine soziale Bewegung kein Busunternehmen. Wir kommen nicht einfach dahin, wo die Mitte ist, und bringen sie dahin, wo sie hin will.
Wo Mitte und der Bus ins nirgendwo
Erstens ist da, wo die Mitte ist, tief in der Verdrängung, d.h., sie erwartet von uns, dass wir Sachen so formulieren, dass sie bei ihr weder Angst, noch Schuld, noch Scham auslösen. Da die "bürgerliche Mitte" aber eben kollektiv für den Kollaps mitverantwortlich ist, gibt es kein Reden über Kollaps, dass in der bürgerlichen Mitte keine Schuldgefühle auslöst (vgl. meinen Text re: Weltendschmerz (Öffnet in neuem Fenster)). D.h., die Frage ist schon so gestellt, dass sie die politische Beweislast umkehrt: diejenigen, die die Wahrheit sagen, müssen sie so formulieren, dass die, die sie verdrängen, nicht irritiert sind.
Zweitens ist da, wo die Mitte hin will, nicht die kollektive Aktivierung, sondern die persönliche Entschuldung: sie will irgendwo hin, wo sie keine Angst, keine Schuld und keine Scham fühlen muss, vor allem nicht diese dauernde ethische Unzulänglichkeit, dieses dauernde Scheitern an den eigenen humanistischen Werten. Anstatt diesen Ort aber durch kollektive Verhaltensänderung zu erreichen, will sie durch eine angenehmere Kollapserzählung dahin kommen, wo sie hin will – zurück in eine Welt, die sie selbst zerstört hat. Deswegen werden wir Kollapsis immer wieder gebeten, die Realität doch bitte anders zu beschreiben, auf eine Art und Weise, die nicht so abschreckend realistisch und wahr ist, sondern so, dass mann sich mit ihr nicht so schlecht fühlen muss. Lieber eine gelegentliche Katastrophen-Luisa, als eine dauernde Kollaps-Greta.
Die Mitte und antifaschistische Militanz
Diese Tendenz der bürgerlichen Mitte, den katastrophalen Zustand der Welt immer mehr zu verdrängen erkennen wir auch in den Reaktionen auf das LA uprising, bei denen, die jetzt sagen, dass “die Gewalt doch nur Trump in die Hände spielt”: da soll der Faschismus bitte ohne Gewalt und Gesetzesbruch bekämpft werden, weil beides der Mitte so viel Angst macht, und das soll nicht.
Basically: Kollaps, Faschismus, etc., all das heißt, dass Normalität vorbei ist, dass die Welt, in der die Reichen und die globalen Mittelklassen (d.h. auch der Großteil der dt. Bevölkerung) die Gewalt und die Zerstörung und die Schwerstarbeit immer woanders hin auslagern können, vorbei ist. Jetzt erlebt die Mitte eine heillose Panik, weil alles, was ihre Welt im Kern ausmacht, in Gefahr ist. Also will sie sich im Grunde in die Passivität flüchten, weil Kampf zu anstrengend wäre, und genau dabei stört eine Kollapsbewegung, die sagt "hey, auch in der Katastrophe gibt's viel zu tun!" Und die darüber hinaus sagt, dass solidarisches Preppen eben mehr ist, als nur ein bisschen Sandsäcke schippen und linkes THW spielen: es heißt im Faschismus nunmal auch, antifaschistische Militanzkapazitäten zu entwickeln, und uns in die Lage zu versetzen, z.B. bei der Verteidigung von Geflüchtetenunterkünften gegen Naziangriffe mithelfen zu können, oder, wie in den USA, Menschen direkt vor staatlichem Terror zu schützen, indem die staatlichen Terrororgane militant zurückgedrängt werden.
______________________________________________________________________________
Ich finanziere meine politische Arbeit vor allem über diesen Blog, und wäre dankbar für Deine Unterstützung
______________________________________________________________________________
Die Mitte und ihr Entschuldung
Die Mitte will keine Bewegungen, die ihr sagen “hey, you done fucked up, and you gotta change you business as usual”. Sie mag nur Bewegungen, die sagen “Hey, wie Du bist, ist ok, mach Dir keinen Stress, wir räumen Deinen Müll weg, und Du kannst Dich gut fühlen”.
In dem Sinne: nein, die Kollapsbewegung ist keine, die "die bürgerliche Mitte da abholt wo sie steht", sondern eine, die uns alle daran erinnert, dass es für alle gut ist, wenn wir ENDLICH unsere Ärsche hochbekommen, und anfangen, SELBST für das gute Leben und die Solidarität zu kämpfen. Genau darum wird’s beim Kollapscamp (Öffnet in neuem Fenster) Ende August gehen. Und dahin wird’s dann auch Busse (Öffnet in neuem Fenster) geben :)
Mit kollapsbewegten Grüßen,
Euer Tadzio