Zum Hauptinhalt springen

Guten Morgen! Hier kommt dein Überblick über die Bundespolitik-Recherchen der Woche. Inklusive Tipps zum Lesen, Sehen und Hören. Ich habe in mehreren  Nachrichtenredaktionen gearbeitet und schaue jetzt immer die Medien durch, damit du das nicht musst. Starte gut in die Woche!

Die Recherchen

Greensill: Finanzskandal betrifft Länder & Kommunen

Die Investitionen vieler Städten, Gemeinden und Bundesländer (Öffnet in neuem Fenster),  die ihr Geld bei der Bremer Bank Greensill angelegt hatten, sind in  Gefahr. Ihr droht nämlich die Zahlungsunfähigkeit, nachdem bereits ihre  Muttergesellschaft kürzlich Insolvenz angemeldet hat. “Während die  Einlagen von Privatanlegern in Höhe von rund drei Milliarden Euro über  den Einlagensicherungsfonds geschützt sind, müssen sich institutionelle  Investoren und Kommunen auf Verluste einstellen”, schreibt das Handelsblatt (Öffnet in neuem Fenster). Die Bank darf derzeit kein Geld mehr auszahlen.

Betroffen sind etwa Thüringen, Eschborn und Schwalbach (beide Hessen), Monheim  (Nordrhein-Westfalen), Osnabrück (Niedersachsen), Weissach  (Baden-Württemberg) sowie das Amt Mitteldithmarschen  (Schleswig-Holstein). Wie beim Wirecard-Betrug steht unter anderem die  Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in der Kritik,  weil sie ihre Kontrollpflicht vernachlässigt haben soll. Auch die  Wirtschaftswoche hat sich mit dem Fall beschäftigt und das “Protokoll eines Skandals” (Öffnet in neuem Fenster) erstellt (€).

https://twitter.com/OlafStorbeck/status/1369974115113852928 (Öffnet in neuem Fenster)

https://twitter.com/finanzwende/status/1370346305688588289 (Öffnet in neuem Fenster)

AfD-Spendenskandal: Ex-Parteichefin erhebt Vorwürfe

“Der  Milliardär und Immobilienunternehmer Henning Conle hat  AfD-Spitzenfunktionären nach Angaben der ehemaligen Parteichefin Frauke  Petry anonyme Spenden angeboten”: Das berichten das ZDF-Politikmagazin Frontal 21 (Öffnet in neuem Fenster) und Correctiv (Öffnet in neuem Fenster).  Anonyme Spenden sind nicht erlaubt. Bei einem der Treffen soll auch  Jörg Meuthen, einer von zwei Bundessprechern (Vorsitzenden) der Partei  heute, dabei gewesen sein. aktuell. Sowohl Conle als auch Meuthen ließen  Fragen zu dem Thema den beiden Medien zufolge unbeantwortet.

Dokumente  der Bundestagsverwaltung würden zeigen, Conle habe anderthalb Jahre  nach dem Treffen mit Petry 2017 über “verdeckte Wege” dem Kreisverband  der AfD-Politikerin Alice Weidel 132.000 Euro gespendet, heißt es  weiter. Gegen eine deswegen von der Bundestagsverwaltung verhängte  Strafzahlung (rund 400.000 Euro) klagt die Partei aktuell. Die AfD macht  in den vergangenen Jahren immer wieder wegen mutmaßlich illegaler  Parteispenden (etwa auch in Form von Werbekampagnen) Schlagzeilen und  musste in dem Zusammenhang bereits Bußgelder zahlen.

https://twitter.com/jsachse/status/1370688556209963012 (Öffnet in neuem Fenster)

https://twitter.com/janboehm/status/1369347523027103745 (Öffnet in neuem Fenster)

Bundestag: Neuer Vorwurf gegen Georg Nüßlein

Der ehemalige stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union war laut WDR (Öffnet in neuem Fenster) “an Verhandlungen zu einem Gesetz beteiligt, von dem er persönlich  profitieren dürfte”. Es geht um eine Änderung im  Erneuerbare-Energien-Gesetz, derzufolge Betreiber kleiner  Wasserkraftwerke bis zu zehn Jahre lang eine Ausgleichszahlung von drei  Cent pro Kilowattstunde bekommen sollen. Nüßlein besitze selbst ein  solches Kraftwerk, heißt es in dem Bericht. Auf die Frage, ob er selbst  diesen konkreten Punkt verhandelt habe, teilte sein Anwalt mit, man  könne sich derzeit nicht äußern. Das Ermittlungsverfahren gegen ihn und  vier weitere Beschuldigte wegen des Korruptionsverdachts im Zusammenhang  mit Maskengeschäften (siehe Enthüllt #3)  läuft noch.

“Auch Steuerhinterziehung soll im Raum stehen”, so die Tagesschau (Öffnet in neuem Fenster).  Ein Verhaltenskodex für CSU-Abgeordnete - inzwischen ist Nüßlein nicht  mehr in Partei und Fraktion - untersagt Interessenkonflikte. Nachfragen  dazu, ob es sich bei dem vorliegenden Fall um einen Verstoß dagegen  handelt, beantwortete die CSU-Landesgruppe im Bundestag nicht. Die  Süddeutsche Zeitung schreibt, der nach der sogenannten Verwandtenaffäre  2013 – “Abgeordnete vor allem der CSU hatten auf Staatskosten  Familienmitglieder beschäftigt” – aufgestellte Kodex habe “eher einer  Attrappe” geähnelt. “Ungereimtheiten” gibt es laut SPIEGEL (Öffnet in neuem Fenster) darüber hinaus bei einer mutmaßlich illegalen Zahlung in Thüringen, wo  die CDU “womöglich vor einem Parteispendenskandal” stehe.

https://twitter.com/correctiv_org/status/1370407904524767236 (Öffnet in neuem Fenster)

https://twitter.com/tazgezwitscher/status/1370294747693211650 (Öffnet in neuem Fenster)

Union: Umstrittene Nähe zu Aserbaidschan & Kasachstan

Politiker:innen  von CDU/CSU pflegen seit langer Zeit Kontakte nach Aserbaidschan “und  zu Kasachstan, das eine ebenso autoritäre und korrupte Führung hat”: Das  schreibt das ARD-Politikmagazin Kontraste (Öffnet in neuem Fenster) unter der Überschrift “Kuscheln mit Diktatoren”. Die jetzt  zurückgetretenen Bundestagsabgeordneten Mark Hauptmann und Nikolas Löbel  (beide CDU) etwa seien “schon vor Jahren mit pro-aserbaidschanischen  Positionen” aufgefallen. Viele entsprechende Aktivitäten seien nicht  illegal, aber würden in einen Graubereich fallen oder als  “Kontaktpflege” gelten. Thomas Bareiß (CDU), Staatssekretär im  Bundeswirtschaftsministerium, soll sich laut Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) (Öffnet in neuem Fenster) (Öffnet in neuem Fenster)ebenfalls für Aserbaidschan eingesetzt haben.

“Mit  jeder positiven Äußerung eines westeuropäischen Politikers, die die  regierungsnahen Medien verbreiteten, gerät die Opposition weiter in die  Defensive”, heißt es über die politische Lage in dem Land. Gegen Karin  Strenz (CDU) – die “mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 19.000 Euro die  höchtsmögliche Strafe des Bundestages für Abgeordnete” bekam – und den  ehemaligen Abgeordneten Eduard Lintner (CSU) laufen Ermittlungen (siehe Enthüllt #4). Sie stehen unter Korruptionsverdacht. Strenz ist des Weiteren –  wie auch der Bundestagsabgeordnete Manfred Grund (CDU) – im Vorstand der Deutsch-Kasachischen Gesellschaft (Öffnet in neuem Fenster).

https://twitter.com/jan_wiebe/status/1370056066441093123 (Öffnet in neuem Fenster)

https://twitter.com/hmtillack/status/1369943679004250114 (Öffnet in neuem Fenster)

Illegales Glücksspiel: Gießener Urteil mit Signalwirkung

Die  frühere Betreiberin eines Onlinecasinos muss einem Spieler Verluste in  Höhe von rund 12.000 Euro zurückzahlen. “Der Anwalt des Spielers hatte  argumentiert, dass das Casino-Angebot in Deutschland verboten gewesen  sei, da der Anbieter hierzulande keine Lizenz hatte”, so NDR und Süddeutsche Zeitung (Öffnet in neuem Fenster).  Hintergrund des vom Landgericht Gießen gefällten Urteils, dass der  Anwalt als “Meilenstein” für zukünftige Entscheidungen bezeichnete, ist  das Problem Spielsucht. Mehrere Milliarden Euro sollen Spieler:innen bei  ähnlichen Unternehmen verloren haben, die nun womöglich zurückgefordert  werden könnten.

Zum 1.  Juli soll ein neuer sogenannter Glücksspielstaatsvertrag in Kraft  treten: Onlinecasino-Anbieter dürfen sich dann in ganz Deutschland um  eine Lizenz bewerben. Viele würden – was rechtlich umstritten sei –  faktisch bereits seit Oktober von den Aufsichtsbehörden geduldet, heißt  es in dem Bericht. Das Thema war Ende November 2020 auch Thema in Jan Böhmermanns Sendung “ZDF Magazin Royale” (Öffnet in neuem Fenster).

https://twitter.com/zdfmagazin/status/1330917629314396175 (Öffnet in neuem Fenster)

https://twitter.com/NDRinfo/status/1370057398124171264 (Öffnet in neuem Fenster)

Weitere Recherchen

Monitor (ARD): EU darf künftig Waffen liefern (Öffnet in neuem Fenster)
-> Deutschland könnte durch Pläne der Europäischen Union Probleme im  Zusammenhang mit seinen eigenen Grundsätzen für Waffenexporte in  Drittstaaten bekommen.

Bayerischer Rundfunk: Gravierende Sicherheitslücke bei beliebter Schul-App (Öffnet in neuem Fenster)
-> Bayerns Datenschutzbeauftragter schlägt eine Zertifizierung für Bildungsapps vor, um zukünftige Fälle zu vermeiden.

Frontal 21 (ZDF): Korruption bei VW-Tochter Scania in Indien (Öffnet in neuem Fenster)
-> Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat angekündigt, sie werde  wegen der aus einem internen Bericht hervorgehenden Geschehnisse  Vorermittlungen einleiten.

taz: Alles völlig normal (Öffnet in neuem Fenster)
-> Trotz seiner  Verurteilung vor Gericht ist der Fall eines Soldaten des Kommandos  Sonderkräfte (KSK), der Bundeswehr-Munition in seinem Garten vergraben  hatte, noch immer nicht ganz aufgeklärt (siehe Enthüllt #2).

Tagesspiegel: Spahn will Presse-Auskünfte aus Berliner Grundbüchern einschränken lassen (Öffnet in neuem Fenster)
-> Der Gesundheitsminister beschwerte sich bei der  Landesdatenschutzbeauftragten, nachdem Journalist:innen über den  Kaufpreis seiner Villa berichtet hatten (siehe Enthüllt #3).

Die Medientipps

In ihrem Buch “Ausbruch” (Öffnet in neuem Fenster) schildern Katja Gloger (Stern, Reporter ohne Grenzen) und Georg Mascolo  (Rechercheverbund NDR, WDR, Süddeutsche Zeitung) den Umgang der  Bundesregierung mit der Corona-Pandemie und ihren Folgen. Ihr Werk decke  unter anderem mithilfe vertraulicher Dokumente “bisher unbeschriebene  Zusammenhänge auf”, so der Verlag.

Das Buch hat 336 Seiten und kostet 22 Euro.

Wolfgang M. Schmitt und Ole Nymoen betreiben den Podcast “Die Neuen Zwanziger” (Öffnet in neuem Fenster) und haben das Buch “Influencer” (Öffnet in neuem Fenster) veröffentlicht. Für sie handelt es sich dabei um “symptomatische Sozialfiguren unserer Zeit”. Auch im Podcast “Crème de la Meme” (Öffnet in neuem Fenster), der sich mit Internetkultur beschäftigt, geht es in einer aktuellen Folge um Instagram – und wie die “rechte Szene” es nutzt.

Das Buch hat 192 Seiten und kostet 15 Euro.

Jean Peters schreibt in seinem Buch “Wenn die Hoffnung stirbt, geht’s trotzdem weiter” (Öffnet in neuem Fenster) über seine Erfahrungen als Teil des “Peng!-Kollektivs” (Deutschlandfunk-Interview (Öffnet in neuem Fenster)).  Dieses erregt immer wieder mit kreativen Protestaktionen  Aufmerksamkeit. Es bezeichnet sich selbst als “ein explosives Gemisch  aus Aktivismus, Hacking und Kunst im Kampf gegen die Barbarei unserer  Zeit”.

Das Buch hat 256 Seiten und kostet 21 Euro.

“Schleppende Digitalisierung, veraltete Lehrpläne und -formen”: Darum geht es in der Dokumentation “Schulen im Corona-Stress” (Öffnet in neuem Fenster).  Thema sind beispielsweise die Unterschiede zwischen den einzelnen  Bundesländern und das Problem Föderalismus, das sich nicht nur in der  Pandemie zeigt. Im Zentrum steht dabei die Frage: Was muss sich ändern  im deutschen Bildungssystem?

Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) bietet in ihrer Mediathek (Öffnet in neuem Fenster) verschiedene Dokumentationen, Dokuserien und einen Spielfilm an. Zum Beispiel über  “Europas Muslime”, “Die Opfer des NSU”, die Geschichte des Kapitalismus,  die “Löschteams” sozialer Netzwerke sowie die Geschichte der  afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung von früher bis zu Black Lives Matter heute.

Die Auskunft

Dank des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) (Öffnet in neuem Fenster) kann jede:r in Deutschland Anfragen an öffentliche Stellen stellen, auch du (Öffnet in neuem Fenster). Jede Woche stelle ich eine Recherche vor, für die das IFG genutzt wird.

Das  Bundesinnenministerium, das Horst Seehofer (CSU) leitet, ist seit 2018  auch für “Heimat” und “Bau” zuständig. Ein Journalist hat nachgefragt,  was die Umbenennung die Steuerzahler:innen kostete.

https://twitter.com/WDRinvestigativ/status/1369633756156465152 (Öffnet in neuem Fenster)

Das noch

Seit Jahren wird die  Bundesregierung dafür kritisiert, sich zu sehr von externen Beratern  abhängig zu machen. Im Verteidigungsministerium kam es unter der  damaligen Ministerin Ursula von der Leyen (CDU), heute Präsidentin der  EU-Kommission, in dem Zusammenhang sogar zu einem Skandal (Öffnet in neuem Fenster). Neue (vorläufige) Zahlen zeigen: 2020 sind die Kosten für solche Leistungen einmal mehr gestiegen (Öffnet in neuem Fenster).  Der Bundesrechnungshof warnt schon lange, entsprechende Unternehmen wie  McKinsey könnten die Gesetzgebung in ihrem Interesse oder dem anderer  beeinflussen.

Die Unterstützung

Ich investiere jede Woche viele Stunden, um die wichtigsten Infos für dich zusammenzustellen. Wenn du magst, kannst du mich finanziell bei Steady (Öffnet in neuem Fenster) (monatlich) oder Paypal (Öffnet in neuem Fenster) (einmalig) unterstützen. Das würde mir helfen. Danke!

Das war’s für heute. Wenn dir der Newsletter gefällt, erzähle gerne deinen Freund:innen davon. Alte Ausgaben kannst du hier nachlesen (Öffnet in neuem Fenster). Wenn du täglich interessante Links bekommen möchtest, folge mir auf Twitter (Öffnet in neuem Fenster). Wenn du Tipps oder Verbesserungsvorschläge hast, melde dich. Bis nächste Woche!

Ich freue mich über Rückmeldungen!

0 Kommentare

Möchtest du den ersten Kommentar schreiben?
Werde Mitglied von Enthüllt – Der Politik-Newsletter und starte die Unterhaltung.
Mitglied werden