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Macht und Autorität - das Gegenteil von Gewalt und Zwang

Wenn Organisationen sich transformieren müssen (vielleicht ja sogar wollen…), führt kein Weg daran vorbei, Macht und Autorität zu reflektieren. Meine Gedanken können dafür ein Ansatzpunkt sein.

Autorität ist eine Form von Macht, darin sind sich die meisten Forschenden einig. Aber Autorität ist nicht gleichzusetzen mit Macht.

Ich forsche und publiziere zu einer neuen Form der Autorität, der “Transformativen Autorität”. Diese entsteht durch eine Beziehung zwischen Menschen und geht dann in einen Prozess über. Der Prozess besteht so lange, wie diese Menschen über freiwilliges Führen und Folgen gleichwertig miteinander verhandeln.

Wie Autorität konkret Wirkung entfaltet, entscheidet vor allem die Haltung eines Menschen zu Macht und Autorität. In diesem Kontext sind drei Haltungsausprägungen bekannt: die autoritäre, antiautoritäre und transformative.

Wenn ein Mensch über anderen steht (als Haltung), sie ihm “gehorchen” müssen, nennen wir das autoritäre Autorität. Die „Autorität” erzwingt in diesem Fall das Folgen - etwa durch Androhung von Strafen. Das ist eine bekannte, traditionelle Haltung zu Autorität - und gleichzeitig der fruchtlose Versuch, mithilfe von Gewalt Macht auszuüben. Gewalt? Ja - damit meine ich hier keine körperliche Gewalt, sondern psychische, vor allem Beschämung und Ausgrenzung. Das sind die modernen Formen von Gewalt in Organisationen.

Autorität nimmt den Gegenpol zu Gewalt ein - eine Herleitung, die auf der Machttheorie des Philosophen Byung-Chul Han basiert. Auch Hannah Arendt argumentiert ähnlich: Autorität und Zwang schließen sich aus: sobald eine Autoritätsperson Gewalt nutzt, um Gehorsam zu erzwingen, versagt Autorität.

Wenn wir in Unternehmen heute über Selbstbestimmung und Freiheit sprechen, ist das schön und gut - aber wie viel Freiheit kann es überhaupt geben, wenn Führungskräfte per Funktion das Recht haben, Autorität (im Sinne von Zwang) auszuüben? Wenn man von  „Commitment“ spricht, aber “Gehorsam” meint? Das große Interesse an alternativen Hierarchiemodellen, wie beispielsweise Holokratie oder Kollegiale Führung, zeigt die Suche danach, wie die Fragen von Zwang oder Macht (strukturell) anders gedacht werden können.

Was wäre, wenn wir Autorität nicht als Gegensatz von Macht interpretieren, sondern als den hilfreichen, den mit Freiwilligkeit verbundenen Teil?

Was wäre, wenn wir dazu beitragen, dass sich Menschen in Organisationen ertüchtigt erleben, Konflikte würdewahrend zu bearbeiten, und diese Erfahrungen als Bürger:innen in die Gesellschaft tragen?

Was wäre, wenn Autorität essentielles Thema eines Transformationsprozesses wäre?

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Übrigens: Unter dem Titel “Die Macht der Autorität” erscheint (Anfang 2024) bei SpringerGabler ein Beitrag dazu von mir, im Rahmen des Tagungsbands der Changetagung 2024 (Öffnet in neuem Fenster).

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