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Über merkwürdige Gegendarstellungen und jammernde Verleger

Der Übermedien-Newsletter von Alexander Graf

Übermedien-Logo und Foto von Übermedien-Chefredakteur Alexander Graf.

Liebe Übonnentin, lieber Übonnent,

manchmal ist es kurios, wie verbissen sich Journalisten gegen Medienkritik wehren. Natürlich vor allem dann, wenn die Kritik sie selbst betrifft. Ich kann das verstehen, wenn es sich um Stilfragen handelt. Nicht aber, wenn es eindeutig um journalistische Standards geht, gegen die verstoßen wird – wie beim Magazin „News4teachers“, einem reichweitenstarken Online-Medium für Bildungsthemen, über das wir kürzlich berichtet (Abre numa nova janela) haben.

Gemeinsam mit dem Magazin „Krautreporter“ hatten wir herausgefunden, dass man sich bei „News4teachers“ die Veröffentlichung einer Pressemitteilung kaufen kann, ohne dass dies dann entsprechend gekennzeichnet würde. Außerdem war der Herausgeber des Magazins für Verbände der Bildungsbranche als PR-Berater tätig, berichtete aber gleichzeitig über sie. Ebenfalls, ohne das kenntlich zu machen.    

Kritik daran ist keine Geschmackssache. Der Deutsche Presserat, dessen Kodex sich „News4teachers“ nach eigenen Angaben explizit verpflichtet fühlt, ist hier eindeutig. Bezahlte Beiträge müssen gekennzeichnet (Ziffer 7) und journalistische Tätigkeiten klar von anderen Funktionen getrennt werden (Ziffer 6).

Wie ernst es dem Presserat damit ist, hat er in einer Pressemitteilung (Abre numa nova janela) diese Woche noch einmal unterstrichen. Demnach wurde Ziffer 6 des Pressekodex mit Blick auf die Offenlegung von Interessenkonflikten noch einmal aktualisiert und ergänzt. Der Sprecher des Gremiums, Manfred Protze, sagt dazu:

„Es erreichen uns immer wieder Beschwerden, wenn Journalistinnen und Journalisten beispielsweise über den Stadtrat, einen Sportverein oder ein Unternehmen berichten, in dem sie selbst ein Amt ausüben oder PR-Arbeit leisten. Wenn Redaktionen solche objektiven Interessenkonflikte nicht zumindest offenlegen, kann dies Zweifel an der Unabhängigkeit der Berichterstattung wecken. Bereits der begründete Verdacht einer interessenbeeinflussten Berichterstattung kann die Glaubwürdigkeit der Presse beschädigen.“  

Es klingt ein wenig nach Resignation. Nach dem Motto: Wir erklären es noch mal ganz langsam. Denn neu ist in der Passage eigentlich nur die Formulierung, dass mögliche Interessenkonflikte offengelegt werden müssen. Davor stand dort, dass Journalisten bei solchen Doppelfunktionen „auf strikte Trennung dieser Funktionen achten“ müssten. Schon daraus folgt natürlich, dass man nicht über einen Verband berichten sollte, für den man auch PR-Arbeit macht. Weil man dann eben nicht ganz unabhängig, ganz neutral ist. Aber offenbar sehen das manche Kollegen anders.

Womit wir wieder bei „News4teachers“ und seinem Herausgeber Andrej Priboschek wären. Er hat in seinem Magazin auf unsere Kritik reagiert – und eine wahnwitzige Assoziationsachterbahn veröffentlicht, die so etwas wie eine Gegendarstellung zu unserer Recherche sein soll. Überschrift: „Wie mit Falschbehauptungen Stimmung gegen News4teachers gemacht wird (Abre numa nova janela)“.

Kurz gesagt: Priboschek kann mit der Kritik inhaltlich nichts anfangen und ist daher lieber der Frage nachgegangen, welche sinistren geschäftlichen Interessen von „Krautreporter“ hinter der Recherche stecken könnten. Ich erspare Ihnen weitere Details, lesen Sie aber bei Interesse gerne mal rein, es ist zumindest unterhaltsam.

Priboscheks Reaktion hat mich, andererseits, nicht überrascht. Schon im Zuge unserer Recherche hatte er auf Anfragen mit langen Mails und LinkedIn-Nachrichten geantwortet, die vor allem aus pampigen Unterstellungen und persönlichen Diffamierungen bestanden. Wir haben das im Text nicht erwähnt, weil es uns um sachlich fundierte Kritik an konkreten Beispielen ging. Im Gegensatz zu Priboschek.  

Eine Passage in seinem Text ist allerdings so lustig, dass ich sie kurz erwähnen will. In einem „Nachtrag“ verkündet er nämlich, herausgefunden zu haben, dass Übermedien den Text von Krautreporter „übernommen“ habe. Obwohl er uns seine Replik per Mail ebenfalls zur Übernahme (Branchenslang für „nachträgliche Zweitveröffentlichung“) angeboten, aber nie eine Antwort bekommen habe.

Das ist korrekt – und ein bisschen absurd. Unser Autor Bent Freiwald, der für „Krautreporter“ arbeitet, hat in seiner Anfrage an Priboschek transparent von einer „Kooperation zwischen Übermedien und Krautreporter“ geschrieben. Das steht auch wörtlich so im Text, der gleichzeitig in beiden Magazinen erschienen ist – und den Priboschek als Grundlage für seine Erwiderung ja mal gelesen haben sollte. Ich war zudem im kompletten Mailaustausch immer in Kopie gesetzt.

Wie in aller Welt ist es Priboschek also entgangen, dass Übermedien von Anfang an in die Recherche involviert war? (Ich habe übrigens nicht geantwortet, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass er das ernst meint. Aber man lernt nie aus.)

Priboschek versucht in seinem Text übrigens noch nahezulegen, dass irgendetwas daran nun ein Geschmäckle haben könnte: „‚Übermedien‘ (Selbstdarstellung: ‚Wir machen alle potentiellen Interessenskonflikte transparent‘) ist offensichtlich gut mit ‚Krautreporter‘ vernetzt“, schreibt er. Oha. Und jetzt halten sie sich fest: „Auf der Seite finden sich zahlreiche Beiträge von ‚Krautreporter‘-Mitarbeitenden.“

Das Lustige daran ist: Die Verbindung von Übermedien und „Krautreporter“ bei dieser Recherche ist genau das Gegenteil eines Interessenkonflikts. Wir berichten nicht übereinander, sondern ganz bewusst und transparent miteinander. Offenbar muss man aber einfach akzeptieren, dass es auch in unserer Branche Menschen gibt, die für Fakten unempfänglich sind. 

Neu bei Übermedien:

Screenshot eines Artikels der „Süddeutschen Zeitung“ mit der Überschrift: „Mach die Dinge, solange du kannst“. (Abre numa nova janela)
Screenshot: sueddeutsche.de

Das Märchen von den vielen Hundertjährigen (Abre numa nova janela) | Seit Jahren behaupten Medien immer wieder, dass auf Okinawa in Japan so viele Hundertjährige leben wie nirgends sonst auf der Welt. Dabei gehen sie einer Erzählung auf den Leim, die längst widerlegt ist, schreibt Fritz Schumann. (Ü)

Vorsicht und Angst führen zu medialem Rassismus (Abre numa nova janela) | Wenn es um die Opfer in Gaza geht, findet sich in deutschen Medien nur wenig Empathie. Auch wenn bei deutschen Solidaritätsaktionen Bürgerrechte eingeschränkt werden, reagieren Journalist*innen oft mit Gleichgültigkeit. Das ist unfair und beschädigt das Vertrauen in Journalismus, kommentiert Stefan Mey. (Ü)

Ein sehr kluges Quiz (mit einzigartigen Regeln) (Abre numa nova janela) | Das deutsche Fernsehen ist voller Quiz-Sendungen, die alle weitgehend gleich ablaufen. Dabei geht es ja auch anders: lustiger, kreativer, chaotischer. Kathrin Hollmer schreibt in ihrer Kolumne „Geht doch!“ über zwei Formate bei ProSieben. (Ü)

Das Tigerenten-Ritual: Warum eine Koalition keinen Vornamen braucht (Abre numa nova janela) | Alle Jahre wieder rufen Medien die große Suche nach Koalitionsnamen aus, von denen sich am Ende doch keiner durchsetzen wird. Dabei könnte es so einfach sein, findet Stefan Niggemeier. (Ü)

Note: mangelhaft. Die Probleme mit Online-Produktvergleichen (Abre numa nova janela) | Viele große Medien bieten Produktvergleiche und -tests auf ihren Webseiten an. Für die Verlage ist das ein gutes Geschäft. Aber wie seriös das ist, fragt René Martens. Das „Handelsblatt“ wurde vom Presserat unlängst gerügt. (Ü)

Ü = Exklusiv für Übonnent*innen

Ich muss gestehen: Wenig macht mich so fuchsig wie lamentierende Zeitungsverleger. Immer sind die anderen an der eigenen Misere schuld: das Internet, Facebook, der demografische Wandel, die Politik. Und nie darf das Lamento ohne Verweis auf den eigenen Wert für die Demokratie auskommen. Dass sich die Branche jahrelang digitalen Innovationen, Kulturwandel und Investitionen in Journalismus verweigert hat, wird dabei natürlich dezent verschwiegen.  

So tönte Matthias Ditzen-Blanke, Verleger der „Nordsee-Zeitung“ und Vorsitzender des Verlegerverbands BDZV, diese Woche bei LinkedIn (Abre numa nova janela): „Öffentlichkeit ist kein PR-Projekt – sondern Grundlage unserer Demokratie.“ Anlass war ein Beitrag (Abre numa nova janela) von Laura Bohlmann, Leiterin der Pressestelle bei der Stadtverwaltung Bremerhaven, in dem sie sich über den Erfolg ihres Teams auf Social Media freut.  

Ditzen-Blanke macht daraus eine Grundsatzdebatte: „Statt sich mit kritischer Berichterstattung auseinanderzusetzen, baut die Politik ihre eigene Deutungsmacht auf – mit mittlerweile sieben (!) Mitarbeitenden in der städtischen Pressestelle, finanziert aus öffentlichen Mitteln. Mehrere davon wurden direkt aus dem Journalismus, unter anderem aus der ‚Nordsee-Zeitung‘, abgeworben.“

Es ist ein altes Lied: Der arme Journalismus gegen die Macht der Pressestellen, die oft besser ausgestattet sind als viele Lokalredaktionen. Ich würde nun gar nicht widersprechen, dass es wünschenswert ist, die Kräfte wären anders verteilt. Nur, wer trägt denn daran die Schuld? Die Verwaltungen und Ministerien, die schlicht auf eine zeitgemäße und vom Bürger erwartete Kommunikation setzen – oder nicht vielleicht doch auch die Verleger?

Es ist jedenfalls ziemlich peinlich, vom Ausbau der „Deutungsmacht“ seitens der Politik zu raunen, wenn man gleichzeitig die eigene Deutungsmacht kontinuierlich abbaut. Überall werden Stellen gestrichen und Lokalredaktionen geschlossen. Gerechtfertigt wird das mit der wirtschaftlichen Situation, für die man selbst aber – Sie ahnen es schon – natürlich nichts kann.

Zudem kann man das vorwurfsvolle „abgeworben“ aus Ditzen-Blankes Post auch einfach als „geflüchtet“ übersetzen. Denn egal, ob man mit aktuellen Kollegen aus dem Lokaljournalismus spricht, oder den zahlreichen, die die Branche bereits verlassen haben: Immer hört man einstimmige Klagen über schlechte Bezahlung, mangelnde Wertschätzung, rückständige Unternehmenskulturen, hohe Arbeitsbelastung und so weiter. Aber daran ist sicher auch das Internet schuld.

Bleiben Sie uns treu!
Ihr Alexander Graf

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