Passa al contenuto principale

💌

Die schlechte Nachricht zuerst: Der Sommer ist fast vorbei. Die gute Nachricht: Wir sind wieder da! Als kleines Mitbringsel haben wir ein paar Thesen im Gepäck.

Vielen Dank an dieser Stelle an alle, die sich ein Exemplar von Unlearn CO₂ (Si apre in una nuova finestra) gekauft oder das Buch weiterempfohlen haben. Mit eurer Hilfe haben wir es tatsächlich auf die SPIEGEL-Bestsellerliste geschafft. Und keine vier Wochen nach Release wurde schon die zweite Auflage gedruckt. Unglaublich!

Danke an alle Partnerorganisationen (Si apre in una nuova finestra) und an alle Steady-Mitglieder, die unsere Arbeit ermöglichen. Wenn auch Du unsere Arbeit unterstützen möchtest, kannst Du das hier tun (Si apre in una nuova finestra). Und hier geht’s zum kostenlosen Newsletter-Abo (Si apre in una nuova finestra).

#77 #Wissenschaft #Analyse #Thesen

10 provokante, sanfte, steile und hoffnungsvolle Thesen

Wir haben in der Sommerpause nicht nur Adjektive gesammelt, sondern auch Überlegungen und Beobachtungen zum Status Quo der Krise. Hier sind unsere Thesen aus dem Klimasommer 2024. ~ 9 Minuten Lesezeit

#1 Wir dürfen den grauen Herren keine Zeit mehr schenken

Du kennst bestimmt Momo von Michael Ende. Das kleine Mädchen muss gegen unheimliche graue Herren antreten, die versuchen, ihr und ihren Freund*innen Zeit zu stehlen. 

Was, wenn die grauen Herren ganz real sind? Wir finden, Menschen wie Lindner, Merz, Söder, Orban oder Trump haben eine erschreckende Ähnlichkeit mit ihnen. Sie gefährden unsere Gesellschaft nicht nur durch ihren populistischen, respektlosen und zerstörerischen Politikstil. Genauso wie die grauen Herren versuchen auch sie, unsere Zeit und Energie zu stehlen. 

Jedes Mal, wenn wir uns über eine Provokation oder eine haarsträubende Lüge von ihnen ärgern, können wir uns nicht gleichzeitig für positive Veränderung einsetzen. 

Wir haben uns vorgenommen, häufiger wie Momo zu sein und den grauen Herren keine Zeit mehr zu schenken. Wir wollen uns nicht mehr über die Provokationen und Lügen von Trump, Lindner und Co. ärgern. Wie viel Zeit würden wir gewinnen, wenn die gesamte Treibhauspost-Community ab jetzt alle diebischen Versuche der grauen Herren ignoriert.

#2 Wir brauchen eine Klima-Inspirations-Routine

Die Frage ist nur, was wir mit der neu gewonnenen Zeit alles Wunderbares anfangen können. Wir hätten da eine Idee – eine Inspirations-Routine fürs Klima (und uns selbst). 

Wir merken immer wieder, wie wichtig es ist, sich inspirieren zu lassen. Unser Ziel ist deswegen, jeden Tag mindestens eine Inspirationsquelle anzuzapfen. Was das für Dich sein könnte, weißt Du natürlich selbst am besten. Für uns sind es neben Musik (Tame Impala (Si apre in una nuova finestra) und Ezra Collective (Si apre in una nuova finestra) zum Beispiel gehören zu unseren gemeinsamen Lieblingskünstler*innen) natürlich Bücher (Si apre in una nuova finestra).

Unangefochtene Inspirationsquelle Nummer eins ist und bleibt für uns aber die Natur. Also: Wenn graue Herren das nächste Mal wieder den Newsfeed kolonisieren, direkt die Tür aufreißen und mit der Lieblingsmusik auf den Ohren und einem Buch in der Hand ins Grüne sprinten! 

#3 Wir ignorieren jetzt die Schweizer Regierung …🇨🇭👋🏽

… solange, bis sie das EGMR-Urteil (Si apre in una nuova finestra) nicht mehr ignoriert. (Deutschlands Regierung ignorieren wir übrigens schon lange. Dass sie sich nicht nur nicht an das geltende Klimaschutzgesetz hält, sondern es auch noch verwässert, ist einfach nur dreist.)

#4 Der planetare Status Quo ist jenseits von Gut und Böse

Wenn Du den aktuellen TED-Talk von Johan Rockström (Si apre in una nuova finestra) noch nicht gesehen hast, dann hol das am besten direkt nach. Aber vorher bitte einmal tief durchatmen. Die 18 Minuten sind gnadenlos. Rockström, der Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), präsentiert den Status Quo in der Klimakrise und die aktuellen, mehr als bitteren wissenschaftlichen Erkenntnisse. Mehrmals sagt er die Worte „We scientists are getting seriously nervous“.

Die Risiken wurden bislang unterschätzt. Das Klima erhitzt sich schneller, als Wissenschaftler*innen erwartet haben. Große Sorgen machen ihnen die unerklärlichen Anomalien seit 2023 (Si apre in una nuova finestra), als die Temperaturen (besonders die der Meere) plötzlich nach oben geschossen sind – „off the charts“, wie Rockström sagt.

Schon damals haben wir uns gefragt, warum kaum darüber gesprochen wird. Heute warten wir nach wie vor darauf, dass die Politik endlich in den Notfallmodus schaltet. Stattdessen wird immer weiter verdrängt. Wir merken ja selbst, wie auch wir zwischendurch immer wieder verdrängen, weil so unbegreiflich ist, was gerade passiert. Rockströms Vortrag kommt da genau richtig.

Titelbild Ausgabe #73 (Si apre in una nuova finestra)

💌 Ausgabe #73 (Si apre in una nuova finestra): Temperatur-Anomalien – Ist das Klima schon gekippt?

#5 Die Natur verdient die Hauptrolle

Das Klima hat momentan kaum mehr Screentime. Die Schlagzeilen werden von unzähligen anderen Krisen und Kriegen dominiert. Was aber noch viel krasser unter den Tisch fällt, ist die Natur. Wir befinden uns mitten im sechsten Artensterben und kaum jemand spricht darüber.

Selbst im Klimadiskurs spielt die Natur häufig nur eine Statistinnen-Rolle. Viel zu oft geht es in Scheuklappenmanier um Dekarbonisierung und CO₂-Neutralität statt um ganzheitliche Ansätze, die die anderen planetaren Grenzen und vor allem die Biodiversität mitdenken.

Wir haben uns fest vorgenommen, die Scheuklappen abzunehmen (beziehungsweise gar nicht erst aufzusetzen) und den Tieren, Pflanzen und Ökosystemen des Planeten die Hauptrolle zuzuschreiben, die sie verdienen. Apropos …

#6 Wir dürfen unsere Verbündeten nicht vergraulen

Stand jetzt hat der Planet ganze 53 Prozent der bislang von Menschen verursachten CO₂-Emissionen aufgenommen (der Rest ist in der Atmosphäre gelandet und führt zur momentanen Erhitzung). Der Planet sorgt also dafür, dass sich das Klima nicht noch deutlich drastischer als ohnehin schon erhitzt. Vieles deutet aber darauf hin, dass er da nicht mehr lange mitmacht.

Ozeane zum Beispiel nehmen 90 Prozent der Hitze auf, die durch den Klimawandel verursacht wird. Seit 2023 schießen die Temperaturen der Meere in die Höhe. Auch wenn man die Ursachen nicht kennt, fragt sich Rockström (Si apre in una nuova finestra) im erwähnten TED Talk: Bedeutet das, dass die Meere vielleicht schon bald Hitze abgeben werden, anstatt sie wie bisher aufzunehmen?

Andere Verbündete, die wir vergraulen: Wälder. Sie binden Unmengen an CO₂, geben das Gas aber auch wieder ab, wenn sie verbrennen. Und wie sie brennen. In diesem Jahr war es besonders heftig im Pantanal in Brasilien, dem weltweit größten tropischen Feuchtgebiet. 

Und in Kanada sind 2023 rund 15 Millionen Hektar Wald verbrannt. Laut einer aktuellen Studie (Si apre in una nuova finestra) ist dabei fast so viel CO₂ in die Atmosphäre gelangt, wie Indien in einem ganzen Jahr ausstößt. Wären die Waldbrände ein Land, lägen sie auf Platz vier (Si apre in una nuova finestra) der weltweit größten CO₂-Emittenten, ganz knapp hinter Indien, sowie hinter den USA und China.

#7 Abstumpfen bringt nichts

Vor wenigen Tagen hat der EU-Klimawandeldienst Copernicus bestätigt (Si apre in una nuova finestra), dass dieser Sommer der heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen war. Wenig überraschend, nachdem die vergangenen zwölf Monate immer wieder traurige Temperaturrekorde gebrochen haben. 

Trotzdem dürfen solche Meldungen niemals zur Routine werden. Wir müssen, auch wenn es mühsam ist, versuchen, sie immer wieder an uns heranzulassen, um nicht abzustumpfen. 

Gleiches gilt für die Klimafolgen, bei denen viele große Medien in den vergangenen Monaten eine wirklich unterirdische Sommerloch-Performance hingelegt haben. Die Überschwemmungen im Sudan (Si apre in una nuova finestra) oder die monatelange Hitzewelle in Indien (Si apre in una nuova finestra) waren oft wieder einmal nur eine Randnotiz.

#8 Unsere größte Sorge ist noch größer geworden

Es ist selten sinnvoll, in der Klimakrise in Superlativen zu formulieren. Im Fall der atlantischen Umwälzzirkulation kommen wir allerdings nicht drum herum. Denn wenig (oder vielleicht auch nichts) macht uns mehr Sorgen als ein Zusammenbruch der AMOC.

Im Juli haben wir über den aktuellen Forschungsstand des AMOC-Kipppunkts (Si apre in una nuova finestra) geschrieben. Die Temperaturen in Skandinavien würden ohne die Meereszirkulation um bis zu drei Grad pro Jahrzehnt fallen. Landwirtschaft würde durch Kälte und Stürme in weiten Teilen Nordeuropas unmöglich werden. 

💌 Ausgabe 75 (Si apre in una nuova finestra): Don’t Look Down – Wann kippt die AMOC?

Im Sommer sind nun zwei neue Studien als „Preprint“ (also noch nicht in einem wissenschaftlichen Journal) veröffentlicht worden. Mit ihren aufwändigen Computermodellen konnten die niederländischen Forscher*innen um René van Westen nachweisen, dass die AMOC viel schneller kippen könnte als bisher gedacht. Im aktuellen IPCC-Bericht hieß es vor zwei Jahren nämlich noch, dass ein Kippen in diesem Jahrhundert „highly unlikely“, also sehr unwahrscheinlich sei.

Wir konnten es kaum fassen, als wir die neuen Zahlen in den Studienergebnissen gelesen haben: Selbst bei moderaten Emissions-Szenarien liegt die Wahrscheinlichkeit, dass der Kipppunkt noch in diesem Jahrhundert überschritten wird, bei über 50 Prozent

Das ist eigentlich keine Information, die Du zuerst in einem nischigen Klima-Newsletter lesen solltest. Wo bleibt die politische Notstandsrede an die Nation? Wo bleiben Brennpunkte, Talkshows und Titelseiten zu dieser riesigen Bedrohung? Dass wir in nächster Zeit mit angemessener Krisen-Kommunikation rechnen können, halten wir nur leider für highly unlikely. 

#9 WANTED: fossile CEOs

Was uns nach dem Urlaub unter Palmen verlässlich auf die Palme bringt? Wenn wir lesen, dass schon wieder ein Klima-Aktivist ins Gefängnis kommen soll. Ein 65-Jähriger von der Letzten Generation, der bei einer Sitzblockade dabei war, wurde zu fast zwei Jahren Haft ohne Bewährung (Si apre in una nuova finestra) verurteilt. Erst im Juli wurde eine andere Aktivistin zu einer 16-monatigen Haftstrafe verurteilt (Si apre in una nuova finestra)

Das sind nur zwei aktuelle Fälle, die für eine beunruhigende Entwicklung stehen, bei der Klima-Aktivist*innen kriminalisiert und ihre Proteste delegitimiert werden. Laut einer Recherche von Krautreporter (Si apre in una nuova finestra) landen Klima-Aktivist*innen mehr als zehnmal so oft in Gewahrsam wie rechte und religiös motivierte Gefährder*innen zusammen. Alles in allem geht der Staat immer härter gegen Klima-Proteste (Si apre in una nuova finestra) vor. 

Kann das bitte aufhören? Unsere demokratischen Alarmglocken sollten auf voller Lautstärke läuten, wenn mit Mitteln der Terrorbekämpfung gegen legitimen und friedlichen Klima-Protest vorgegangen wird. Und das auch noch während die eigentlichen Schuldigen – riesige fossile Konzerne, die sogenannten Carbon Majors – nicht nur ungeschoren davonkommen, sondern auch noch Milliarden verdienen. (Wenn Du dazu mehr erfahren willst, lies Dir unsere Ausgabe #50 – Die wahren Klima-Verbrecher (Si apre in una nuova finestra) durch.)

Einen Konzern ins Gefängnis zu stecken, wird schwierig. Anders sieht das bei ihren CEOs aus, deren Entscheidungen unfassbares Leid und Schaden verursachen. Wieso werden sie nicht endlich persönlich dafür verantwortlich gemacht? Noch mag es utopisch klingen, dass Markus Krebber, Oliver Blume und all die anderen Männer, die die Welt verbrennen (Si apre in una nuova finestra), sich persönlich vor Gericht für ihre Taten verantworten müssen. Gerechtfertigt wäre es aber allemal.

#10 Wir müssen lernen, zu akzeptieren – ohne aufzugeben

Kannst Du Dich noch an die Zeit erinnern, als das 1,5-Grad-Ziel in aller Munde war? Dank kleiner Inselstaaten, die 1,5 Grad ins Pariser Abkommen verhandelten. Dank Fridays for Future, die so lange auf diese Grenze pochten, bis selbst einige graue Herren 1,5 Grad als Ziel ausgaben. Diese Zeit scheint lange her.

An der Dringlichkeit und Notwendigkeit der 1,5-Grad-Grenze hat sich nichts geändert, allerdings einiges an den Chancen, sie einzuhalten. Die Treibhausgas-Emissionen hätten in diesem Jahrzehnt mindestens halbiert werden müssen. Stattdessen steigen sie bis heute an.  

Das heißt auch, dass (ohne ein Wunder) mehrere Kipppunkte irreversibel überschritten werden. Es gibt kein Zurück mehr.

Wie gehen wir damit um, dass uns die Klimakrise unser Leben lang und das Leben aller Generationen nach uns begleitet? Was bedeutet es für unser Zusammenleben, für unsere Zukunftsplanung, für eigentlich alles? Wie gehen wir mit den Schuldgefühlen, der Angst, der Wut um? Wie mit den Verantwortlichen?

Wie Du siehst, haben wir gerade mehr Fragen als Antworten. Aber wir halten Dich auf der Suche nach ihnen gerne auf dem Laufenden (und freuen uns, wenn Du das auch tust).

Das waren unsere zehn Thesen, vielen Dank fürs Lesen! Wenn Du unsere Arbeit wichtig findest, freuen wir uns, wenn Du uns als Treibhauspost-Mitglied mit ein paar Euro im Monat unterstützt:

An dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch an die Gewinnerinnen unserer Verlosung zum Buch-Release von Unlearn CO₂: Anett, Gabriele und Meike! Wir schicken euch eine von den Autor*innen signierte Ausgabe zu!

Die nächste Ausgabe bekommst Du am 21. September.

Herzliche Grüße
Manuel & Julien

PS: Am Sonntag, den 8. September, feiern wir unsere Unlearn-CO₂-Buchpremiere im Pfefferberg-Theater in Berlin. Wer hier ist und Lust hat: Es gibt noch Tickets (Si apre in una nuova finestra).

Treibhauspost-Partner (Si apre in una nuova finestra)

👨🏻‍🎨 Alle Illustrationen wie immer in Handarbeit von Manuel Kronenberg.

📖 Zu unserem Buch „Unlearn CO₂ (Si apre in una nuova finestra)“ (Ullstein).

💚 Herzlichen Dank für die Unterstützung an alle Treibhauspost-Partner:

🤝 Mehr über unsere Partnerorganisationen (Si apre in una nuova finestra).

💌 Außerdem danken wir allen Mitgliedern, insbesondere Jojo B., Maria M., Stefanie S., Anne K., Johannes S., Cornelia F., Carmen S., Alexander L., Nora B., Hans W., Rajive G., Jörn A., Bettina P., Eckart v. H., Malte K., Gabriele S., Yannic W., Michael K., Susanne B., Johanna T., Harry L., Maren W., Birgit J., Max H., Jennifer S., Astrid K., Günter R., Ingke P., Derek B., Judith G., Christopher K., Martin D., Svenja G., Ruth L., Jonas K., Benedikt S., Frank W., Anna G., Brigitte K., Alex K., Hans Christian M., Elke J., Lari H., Ulrich S., Sigurd M., Peter B., Martin V., Macha B., Petra F., Birgit S. & K. F., Beate H., Antje H., Konrad H., Volker H., Markus H., Stefanie J., Oliver K., Joanna K., Klemens K., Alois K., Reto L., Johannes P., Isabel S., Sabine S., Annette T., Daniela T., Kurt W. und Anett W., die uns mit den höchsten Beträgen supporten!

Argomento Gesellschaft

0 commenti

Vuoi essere la prima persona a commentare?
Abbonati a Treibhauspost e avvia una conversazione.
Sostieni