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Halb Deutschland geht zur Klimawahl

Hallo Netzwerk,
Hallo Kolleg*innen!

Es lässt sich inzwischen nicht mehr ignorieren: Die Politik hat in den Wahlkampfmodus geschaltet – am 9. Juni wird das neue EU-Parlament gewählt. Sollten rechte Parteien dort so gut abschneiden wie befürchtet, steht (nicht nur) die gesamte europäische Klima-Politik auf dem Spiel. Umfragen sehen die AfD – bekanntlich die einzige der größeren Parteien in Deutschland, die den Klimawandel leugnet – derzeit bei 16 Prozent. Bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September könnte sie sogar stärkste Kraft werden.

Bei solchen Aussichten ist es kein Wunder, dass sich die Berichterstattung auf die Wahlen in Europa und Ostdeutschland konzentriert. Eine Sache sollten deutsche Medien trotzdem nicht ganz unter den Tisch fallen lassen: In diesem Superwahljahr 2024 finden in 8 von 16 Bundesländern außerdem Kommunalwahlen statt! Thüringen macht am 26. Mai den Anfang, zwei Wochen später folgen (zeitgleich mit der Europawahl) Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Mecklemburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

In tausenden deutschen Kommunen werden dann neue Stadt- und Gemeinderäte, Kreistage, vielerorts auch Landrät*innen und Bürgermeister*innen gewählt. Geht es um das Klima, denken wohl die wenigsten zuerst an deutsche Lokalpolitik. Dabei trägt diese in Wahrheit eine enorme Verantwortung. Die neugewählten kommunalen Gremien müssen in den nächsten fünf Jahren vor Ort umsetzen, was in Berlin oder Brüssel beschlossen wurde, können umgekehrt aber auch vieles blockieren. Grund genug, um zu sagen: Die Kommunalwahl ist auch eine Klimawahl.

Beim Netzwerk-Call im Mai werfen wir daher einen Blick ins Lokale. Welche Rolle spielt Klimapolitik in den Kommunen – und die Kommunen bei der Klimapolitik? Welche Aufgaben und Befugnisse haben die Städte, Gemeinden und Landkreise beim Klimaschutz, der Klima-Anpassung oder dem Katastrophenschutz? Und was bedeutet das für den (lokalen) Klimajournalismus?

Einen Überblick zu diesen Themen gibt Aline Pabst. Sie ist Teil des Netzwerk-Kernteams und kümmert sich als Lokaljournalistin bei der Saarbrücker Zeitung seit Jahren um alle Themen rund um Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit. Beim anschließenden Austausch interessieren uns besonders eure Erfahrungen und Ideen: Wie bringt ihr die Dimension Klima in der Berichterstattung zur Kommunalwahl unter?


Dafür treffen wir uns am Donnerstag

2. Mai,

12 – 13.30 Uhr (ausnahmsweise mittags!)

hier (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) auf Zoom.

Meeting-ID: 612 6910 6591

Passwort: 097971

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Monatliche Medienkritik des Netzwerks

Kein anderes Schlagwort beherrschte im April so die Klima-Debatte in Deutschland: „Fahrverbote“ – ab Sommer, jedes Wochenende! Ein Horrorszenario, mit dem Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) Druck auf die Grünen auszuüben versuchte. Weil sie die Novelle des Klimaschutzgesetzes (KSG) blockierten, müsse er von heute auf morgen 22 Millionen Tonnen CO2 im Verkehrssektor einsparen, um die Vorgaben des derzeit gültigen Gesetzes einzuhalten, behauptete er am 12. April in einem Interview mit dem Deutschlandfunk (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).

In vielen Kommentaren wurde diese Drohung richtig eingeordnet. „Ist das ernsthaft ihr Niveau, Herr Wissing?“ (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) fragte sogar die Wirtschaftswoche. Denn natürlich verfolgte Wissing damit einen bestimmten Zweck – und auch das Datum war kein Zufall, denn nur drei Tage später stellte der Expertenrat für Klimafragen seinen „Prüfbericht zur Berechnung der deutschen Treibhausgasemissionen für das Jahr 2023“ vor. Das Ergebnis war zu erwarten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), zum dritten Mal in Folge schnitt der Verkehrssektor desaströs ab.

Erfolgreich war der Ablenkungsversuch unseres Verkehrsministers dennoch, denn kurz danach einigten sich die Ampel-Parteien tatsächlich auf die hochumstrittene Novelle des KSG. Mit der Änderung, die voraussichtlich im Mai im Bundestag verabschiedet wird, werden die Sektorziele aufgegeben und die deutschen Emissionen in ihrer Gesamtheit betrachtet (eine ausführliche Analyse findet ihr in Ausgabe #19 des Podcasts Climate Gossip (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)).

„Fahrverbote sind vom Tisch“ wurde anschließend groß vermeldet – was zeigt, dass die Medien auf Wissings Kampagne nicht nur hereinfielen, sondern sie sogar mittrugen, denn schließlich existierten diese Fahrverbote nur in seinem Kopf. Ist die Frage, ob Deutschland mit der KSG-Novelle seine Klimaschutzziele erreichen kann, nicht die viel wichtigere? Wir im Netzwerk finden schon. Leute, das muss besser werden! Besonders im Wahlkampf sollten wir Journalist*innen uns nicht so leicht für die Agenda eines Ministers und seiner Partei einspannen lassen.


Erinnerung: Deutscher Preis für Klimajournalismus

Im letzten Newsletter haben wir es verkündet: Das Netzwerk Klimajournalismus vergibt zusammen mit dem Netzwerk Recherche zum ersten Mal den „Deutschen Preis für Klimajournalismus“! Seitdem haben uns viele positive Rückmeldungen und schon dutzende tolle Bewerbungen erreicht. Dafür sagen wir Danke! Aber auch: bitte mehr davon! Ihr habt noch bis 31. Mai Zeit, um Beiträge in den Kategorien „Hauptpreis“, „Investigativ“ und „Lokal“ einzureichen. Für unseren „Ehrenpreis“ könnt ihr außerdem Kolleg*innen für langjähriges Engagement im Klimajournalismus vorschlagen.

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Mehr Informationen: www.klimajournalismuspreis.de (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Einsendeschluss: 31. Mai 2024


Makeover des Netzwerk-Slacks

Schon jetzt freuen wir uns riesig darauf, eure Arbeiten zu lesen, sehen und hören. Dafür müsst ihr natürlich nicht jede einzelne für den Preis einreichen. Kommt einfach in den Slack-Kanal des Netzwerks! Wir haben ihn in den letzten Wochen einem kleinen Makeover unterzogen. Der neue Kanal ist jetzt übersichtlicher, neu ist der Channel #medienkritik, in dem Beispiele für problematische Berichterstattung zur Klimakrise geteilt und zur Diskussion gestellt werden. Im Channel #zeigmal ist Platz für eure Arbeit. Egal ob große Reportage oder kleine Kolumne: Schamlose Eigenwerbung ist hier nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht! Wenn ihr bei eurer Recherche nützliche Quellen, Tools oder Datenbanken benutzt habt, die auch Kolleg*innen weiterhelfen könnten, schreibt sie gerne dazu.

Noch nicht dabei? Alle Journalist*innen (auch in Ausbildung) sind herzlich willkommen. Eine kurze Mail genügt: netzwerk@klimajournalismus.de (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)

Aline Pabst für das Netzwerk Klimajournalismus


PS: Ihr wollt mehr aus dem Netzwerk Klimajournalismus lesen? Der Newsletter (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) des Netzwerk Klimajournalismus Österreich informiert jeden Monat über Termine, Stipendien, Ressourcen und Klimajournalismus, der aufgefallen ist. Und unser Newsletter Onboarding Klimajournalismus (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) hilft euch, in den Klimajournalismus einzusteigen und am Ball zu bleiben.


Themenideen und Links:

Passend zum Thema Wahlen: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat das Abstimmungsverhalten der deutschen EU-Abgeordneten bei 30 ausgewählten Gesetzesvorhaben aus dem Bereichen Naturschutz, Klima und Umweltschutz der letzten fünf Jahre ausgewertet (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Wenig überraschend landet die AfD auf dem letzten Platz (und das, obwohl sie mit dem Slogan „Naturschutz ist Heimatschutz“ wirbt). Aber auch andere Parteien stimmten nicht ganz so umweltbewusst ab, wie sie es ihre Wähler*innen glauben machen wollen.

Zum 15. April 2023 gingen die letzten deutschen Kernkraftwerke vom Netz. Ein Jahr später haben sich sämtliche Warnungen der Atom-Lobby nicht bewahrheitet: Weder kam es zu Blackouts, noch mussten Kohlekraftwerke hochfahren, um den Ausfall kompensieren. Im Gegenteil, wie die Website Energy Charts (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) zeigt: Der Anteil der erneuerbaren Energien ist so hoch wie nie zuvor. Die Website ist hilfreich, um Behauptungen der Politik schnell überprüfen zu können. Initiiert wurde sie von Bruno Burger, der auf X mit Zahlen und Fakten gegen Desinformation kämpft (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Die Süddeutsche Zeitung widmete ihm anlässlich des Jahrestags des Atomausstiegs ein Porträt (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) (Abo).

Bei der Aufregung um die Novelle des Klimaschutzgesetzes ging es fast unter: Das Solarpaket 1 kommt. Das sieht unter anderem Erleichterungen bei der Inbetriebnahme von Balkonkraftwerken vor (taz-Bericht (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)). Über 400.000 dieser Mini-PV-Anlagen gibt es in Deutschland inzwischen. Und in eurem Wirkungsbereich? Über diesen Link (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) gelangt ihr direkt auf die Seite des Marktstammdatenregisters der Bundesnetzagentur mit der Voreinstellung „Steckerfertige Solaranlagen“ und „in Betrieb“. Ihr könnt die Suche weiter nach Bundesland, Landkreis, Gemeinde o.ä. verfeinern und die Zahlen für eure Berichterstattung nutzen. Bitte beachten: Viele Besitzer*innen melden ihre Balkonkraftwerke nicht an, obwohl das eigentlich Pflicht ist, die wahre Zahl dürfte deshalb mindestens zwei- bis dreimal höher liegen. Durch Nachmeldungen können sich die Daten außerdem ändern.

Der Winter endete dieses Jahr deutlich früher als normal – jedenfalls, wenn man die Jahreszeiten nicht an einem bestimmten Kalenderdatum festmacht, sondern an der natürlichen Vegetation. Das zeigt die „phänologische Uhr“ des Deutschen Wetterdienstes (DWD) für Deutschland und die Bundesländer, die ihr über diesen Link (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) erreicht. Mit „vieljähriges Mittel“ ist der Durchschnitt der letzten 30 Jahre gemeint. Sinnvoller ist es allerdings, die Werte des aktuellen Jahres mit älteren Durchschnittswerten zu vergleichen, da dadurch viel deutlicher wird, wie stark die Klimakrise in den letzten Jahrzehnten bereits zu Verschiebungen geführt hat. Daten der Referenzperioden 1961 bis 1990 bzw. 1991 bis 2020 könnt ihr beim DWD erfragen (Mail an phaenologie@dwd.de (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)).

Der Berliner Think Tank „Das progressive Zentrum“ hat in Auftrag von Campact in Zusammenarbeit mit der Universität Mainz die Medienberichterstattung zur Novelle des Gebäudenenergiegesetzes analysiert. Die Studie „Aufgeheizte Debatte? Eine Analyse der Berichterstattung über das Heizungsgesetz – und was wir politisch daraus lernen können“ erschien vergangene Woche (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Obwohl die Autoren nur Print- und Online-Medien auswerteten und die Fragestellung stark eingeschränkt ist, lohnt sich ein Blick.


Termine, Stipendien und Weiterbildung: