Aufbruch in eine neue Welt
Wenn ich an das Kuppelzelt denke, in dem das Parlament der Menschen stattfinden wird, schwebt es in meiner Vorstellung 20 Zentimeter über dem Boden. Wie ein Traum, zerbrechlich der Glaube daran, aber untrüglich da: dass die Welt so viel besser sein könnte.
Das Gegenteil, dass alles noch tiefer sinkt, zusammenbricht, abstürzt, das kann ich in tausend Varianten runterbeten. Unsere Welt ist darauf gebaut, Medien verdienen ihr Geld damit, dass unsere Gehirne Risiken aufblähen. Es ist einfach, und in schwierigen Zeiten dürfen wir es uns nicht zu einfach machen.
Hoffnung, sagte letztens jemand, sei etwas, was ich in meinem Kopf erschaffen könne. Eine Geschichte konstruieren, aus dem Blick zurück die richtigen Teile in eine Reihenfolge bringen, und dann von da aus nach vorne denken. Schon das ist schwere Arbeit - Rebecca Solnit hat mal geschrieben, dass Hoffnung nicht der Glaube sei, dass alles gut werde, sondern die Überzeugung, dass es besser sein könnte und entsprechend zu handeln.
Was ich noch viel mehr aus der gelebten Erfahrung ziehe, ist der Glaube daran, dass der Mensch gut ist. Und so wie unsere Gesellschaft gebaut ist, arbeitet alles dagegen, dass wir diese Erfahrung machen. Eigennutz, Konkurrenz und Hass fördert sie.
Die Räume, in denen wir uns gegenseitig als gut erfahren, die können wir selbst schaffen. Im Alltag sind es die kleinen Dinge, so simpel wie einer anderen Person in der Bahn einen Sitz anbieten. Im eigenen Büro eine Stunde einführen, wo sich alle Kolleg:innen kurz mal austauschen: Wie geht’s gerade so persönlich, mit der Familie, mit der Welt? Gesellschaftlich tut es gerade so weh, mitzuerleben, was passiert, weil unsere Gesellschaften schon mal menschlicher waren.
Unter diesem Ansturm kann ich versuchen mich wegzuducken und für die meinen eine sichere Nische zu finden. Oder ich richte mich auf, und schaue, ob ich einigen etwas Windschatten geben kann. Dann zu sehen, dass auch andere neben mir aufstehen, dass ist der Moment, in dem auch gesellschaftlich wieder der Glaube an das Gute im Menschen wächst.
Deshalb schwebt unser Kuppelzelt in meiner Vorstellung zwanzig Zentimeter über dem Boden, fühlt sich unser Aufbruch in eine neue Welt so verletzlich an - weil der Sturm so stark ist, und es viel brauchen wird, seine Energie umzulenken.
Doch der Blick in die Geschichte gibt mir Hoffnung, und wenn ich nach links und rechts gucke, stehen da viele Menschen. Manchmal wanken sie im Wind, manchmal ich, aber dann stabilisieren wir uns gegenseitig.
Take me by your hand.