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WeinLetter #44: Das große Rheinhessen-Wein-Special

Liebe Wein-Freund*in,

Du liest den WeinLetter #44. Heute gibt's: Das fulminanteste, ehrlichste Rheinhessen-Special der Welt! Der Grund war das fulminanteste, ehrlichste Rheingau-Special der Welt im WeinLetter #38 (Opens in a new window)! Denn wer R(heingau) sagt, muss auch R(heinhessen) sagen. Ich kannte das ungeschriebene Gesetz noch nicht. Wurde aber zur Einhaltung quasi ermahnt. Also: Ich habe hier zunächst die ersten zwölf Weine aus dem Rheingau vorgestellt, die ich getrunken habe, seit ich in Wiesbaden arbeite. Jetzt ist der Rhein schnell überquert - also ärgerten sich die Ingelheimer, Mainzer oder Westhofener unter meinen Leser:innen: Jetzt doch bitte Rheinhessen! Also stelle ich hier zwölf Weine von zwölf Weingütern aus Rheinhessen vor, die ich nach den zwölf Weinen aus dem Rheingau getrunken habe. Und zwar in chronologischer Reihenfolge. Auch diesmal darunter: Best Buys, Best Buys unter 10 Euro - und wieder zwei No Buys! Ich bin gespannt: Welches Anbaugebiet schreit als nächstes auf? Etwa sauer, Pfalz? Nur zu! +++ Empfehlt (und shared) diesen WeinLetter bitte weiter. Unterstützt den WeinLetter gerne auch finanziell und werdet aktives Mitglied! (Opens in a new window) Aber vor allem:

Trinkt friedlich!

Euer Thilo

Wer Rheingau sagt, muss auch Rheinhessen sagen: Blick vom Brudersberg bei Nierstein FOTO: DEUTSCHES WEININSTITUT

Das sind meine zwölf Rheinhessen-Weine

von Thilo Knott (Text und Fotos)

Warning! Dies ist eine höchst persönliche Liste an Weingütern  und Weinen aus Rheinhessen. Es gilt das Prinzip: Die ersten zwölf Weine aus Rheinhessen, die  ich getrunken habe, nachdem ich zwölf Weine aus dem Rheingau getrunken habe. Es ist keine Bestenliste, keine Rangfolge, keine Hitparade. Mein  Geschmack muss nicht Dein Geschmack sein. Also: Probiert es aus - und  habt Spaß dabei! Und jetzt kommen die Weingüter.

1. Weingut Hofmann

Die Deutschen können Chardonnay! Der "Steinberg" vom Weingut Hofmann kann das ganz besonders gut

Der Wein: Chardonnay “Steinberg”, trocken, 2017, 13,5 % vol. alc., 25 Euro ab Hof.

Das ist schon ein hervorragender Chardonnay, den das Weingut Hofmann hier produziert. Ich hatte bei einem Berliner Weinhändler sogar noch frühere Jahrgänge, 2017, ergattert als den aktuellen (2020). Und die Reifung tut dem „Steinberg“ sehr gut. Es verleiht ihm noch mehr Struktur, Tiefe, Länge. Geschmacklich ist er auf der Stein(obst)-Karte. Aprikose, nasser Kieselstein. Und eine Mineralität! Die kommt vom Kalkstein-Boden. Und da hier auch Löss im Untergrund ist, ist er auch noch cremig. Die komplexe Struktur rührt von 35 Jahre alten Reben, spontaner Vergärung im Barrique und einem langen Feinhefe-Lager.

WeinLetter #37: Alles über den Aufstieg des deutschen Chardonnay liest Du hier! (Opens in a new window)

Ich halte Chardonnay gerade für die spannendste klassische Rebsorte in Deutschland. Gerade diese mineralisch ausgebauten Chardonnays aus dem Holzfass haben den größten Sprung gemacht und weisen ein immenses Potenzial auf. Benchmark ist dabei der Chardonnay „Alte Reben“ des Weinguts Bernhard Huber. Der ist famos – und vielen "französischen" Burgunder zumal für den 40-Euro-Preis überlegen. Der „Steinberg“ kommt da bei weitem noch nicht ran, aber er zeigt, wie gut die deutschen Chardonnays mittlerweile auch in der Breite geworden sind. Fazit: Best Buy!

2. Weingut Lisa Bunn

Einzellage in Nierstein: Lisa Bunns feiner Hipping-Riesling

Der Wein: Riesling Hipping, trocken, 2018, 12 % vol. alc., 35 Euro ab Hof.

Die Lage Hipping ist eine Einzellage (23 Hektar) im Roten Hang der rheinhessischen Gemeinde Nierstein. Wittmann, Kühling-Gillot, Klaus Peter Keller sind Weltklasse-Weingüter, die hier Top-Rieslinge produzieren. Und es gibt eine Reihe an Zweite-Reihe-Weingüter, die hier Parzellen bewirtschaften. Lisa Bunn und ihr Mann Bastian Strebl zum Beispiel. 2011 sind sie in das elterliche Weingut eingestiegen und haben es umbenannt. Es hieß Margarethenhof. Und ja, das gibt’s zuhauf. Es firmiert jetzt unter Lisa Bunn.

Den 2018er hat sie mir Anfang 2021 geschickt, weil ich in einem der ersten #WeinLetter über den rasanten Erfolg von Winzerinnen in Deutschland (Opens in a new window) geschrieben hatte. Ich habe ihn eineinhalb Jahre lang liegenlassen, aber dann doch aufgemacht zu Kabeljau. Er hat eine feine Mineralität, entsprechende Länge – geschmacklich liegt er dezent bei Quitte. Für seine 35 Euro ab Hof für den 2021er ist er jetzt auch preislich aufgestiegen. Aber gut. Die Top-Weingüter liegen bei der Lage klar drüber. Deshalb ist er eine Alternative. Ich habe die „Hipping-Situation“ in der Pfalz mit der Lage Kirchenstück in Forst. Wer die 200 Euro für das Grand-Cru-Kirchenstück des Weinguts Bürklin-Wolf nicht ausgeben will, wird beim Weingut Spindler deutlich niedriger im Preis fündig – bekommt aber dennoch Lage und Qualität. Fazit: Buy!

3. Weingut Bastian Beny

Va Beny! Bastian Benys Blanc de Blancs 

Der Schaumwein: Blanc de Blancs, Nature, 12 % vol. alc., 2019, 25 Euro ab Hof.

Ich trinke die Weine von Bastian Beny vom ersten, produzierten Schluck (Opens in a new window) an. Er steht für eine Generation, die nicht nur produziert, sondern auch nachdenkt – und im Ergebnis nachhaltig produziert. Bevor Bastian Beny die Weißburgunder-Trauben für den „Blanc de Blancs“ geerntet hat, hat er die Weinberge „angepackt“. Sein Vater hat konventionell Fassweine abgeliefert, er stellt auf bio-dynamische Produktionsweise um – und lässt die Weinberge sich zunächst erholen (Mehr liest du im WeinLetter #28 über die Newcomer Bastian Beny und Peter Wagner). Er geht deshalb auch nicht sofort in die Selbständigkeit, sondern baut sein Weingut langsam auf – im Hauptberuf ist er noch Winzer bei Klaus Peter Keller.

Dass sein erster geernteter Wein ein Schaumwein wurde, hat mit Bastian Benys Praktikum beim Sekthaus Griesel während des Studiums in Geisenheim zu tun. „Wir haben 500 Liter mit der Hand gelesen“, sagt Beny. Das ergab den Grundwein aus 100 Prozent Weißburgunder. Die Böden sind Kalk und Löss, ausgebaut wurde er im Holz- und Edelstahlfass. Nach zehn Monaten Fasslager und 18 Monaten Hefelager auf der Flasche hat man einen richtigen Trinkspaß im Glas. Er ist wahnsinnig frisch, hat eine angenehme Säure. Er ist stoffig, die Hefe ist nicht aufdringlich und wirkt überhaupt nicht üppg. Dass der Blanc de Blancs ein Nature ist, merkt man überhaupt nicht – insofern ist er ein äußerst gelungener Nature. Da kommt noch viel. Fazit: Best Buy!

4. Susanne Wild (Weingut Pfannebecker)

Oh Hirsch, where are thou?

Der Wein: Riesling, 7,29 Euro in der LPG in Berlin-Kreuzberg für Mitglieder, 8,89 Euro normaler Ladenpreis.

Ich kaufe ja manchmal tatsächlich nach Etikett. In meinem Bio-Supermarkt LPG blickte mich immer wieder dieser Hirsch aus dem Regal an. Man findet nicht sonderlich viele Informationen zu diesem Wein. Ist das jetzt der Name der Winzerin? Oder heiß es: „Susanne - Pause – Wild“. Weshalb das Konzept so ein bisserl suggeriert, im Bereich „Nature“ angesiedelt zu sein. Aber das Konzept ist mir als Privatkonsument schleierhaft.

Auch auf der Homepage des Weinguts Pfannebecker in Worms-Pfeddersheim gibt es keinen Hinweis auf diesen Wein. Gut, jetzt ist es raus: Das sehr gute Bio-Weingut Pfannebecker von Max und Susanne (!) Pfannebecker ist die Wiege dieser Wild-Reihe, die auch noch Chardonnay oder Grauburgunder beinhaltet. Mit einem Hirschen hat dieser Riesling nun leider nix zu tun – er mümmelt eher vor sich hin wie ein Hase. Fazit: No Buy!

5. Weingut Neef Emmich

Ein gutes Beispiel von 5,5 Prozent: Rheinhessicher Spätburgunder von Neef Emmich 

Der Wein: Bermersheimer Spätburgunder, trocken, 2018, 14 % vol. alc., 16,50 Euro ab Hof (Jahrgang 2020).

Rheinhessen ist weiß. Rund drei Viertel der Rebflächen des größten Anbaugebiets in Deutschland sind weiß. Es dominierten 2020 laut Statista Riesling (18,4 Prozent), Müller-Thurgau (14,9 Prozent) und der erste Rote, der Dornfelder (12,2 Prozent). Der wilde Rheinhessen-Mix hält lediglich an Platz sieben den Spätburgunder vor mit einem 5,5 Prozentanteil.

Bei zwölf Weinen kommt mir der Spätburgunder aus dem Weingut Neef Emmich gerade recht. Der Ortswein ist nicht überragend, aber gut gemacht mit klassischen Aromen wie Brombeere und Cassis. Er ist zudem ausgesprochen würzig. Passt. Fazit: Buy!

6. Weingut Karl May

Karl-May-Festspiele im Korks in Frankfurt am Main

Der Wein: Weißburgunder Osthofen, Ortswein, trocken, 13 % vol alc., 2021, 11,90 Euro ab Hof.

Ich war mit dem Alt-Hohenloher und Neu-Iren Michael in Frankfurt/Main in einer Weinbar Absacker trinken vor seinem Abflug nach Dublin. Die Weinhandlung mit Ausschank heißt Korks und liegt direkt vor seiner Haustüre. Gegenüber, im Second-Hand-Laden bzw. Vintage-Shop, wurde weit nach Feierabend noch kräftig ein- und ausgeladen. Man kennt sich hier im Eck.

Also, und das war dann unser Spättalk: Darf man Karl May noch trinken? Kleiner Scherz um 23 Uhr. Man sollte sogar, wenn man auf Weißburgunder steht – was ich übrigens nicht tue. Ich favorisiere bei den deutschen Winzer:innen die Burgunder-Rebsorte Chardonnay. Wenn ich Weißburgunder trinke, dann von Battenfeld-Spanier (ich komme darauf noch zurück), vielleicht mal aus Südtiroal, den „Winkl“ der Kellerei Terlan finde ich famos. Aber dieser Ortswein aus Osthofen vom Weingut Karl May – der trank sich hervorragend. Er ist ausgebaut im Stückfass und Tonneau, hat deshalb leichte Gerbstoffe. Geschmacklich ist er bei gelbem Kernobst - und nussig. Also darf man? Ja, May! Fazit: Buy!

7. Weingut Wittmann

Der Westhofener vom Weingut Wittmann spielt absolut in der Ersten Lage

Der Wein: Westhofener Riesling, Aus den ersten Lagen, 2020, trocken, 12,5 vol. alc., 26 Euro ab Hof.

Aulerde, Kirchspiel, Morstein. Das sind die Grand-Cru-Lagen in Westhofen. Es sind auch die Lagen, aus denen das Weingut Wittmann seine Großen Gewächse zaubert und die Phalanx mit anführt, die trockenen, schlanken Riesling aus Deutschland so groß machte wie die dicken, edelsüßen Kumpels. Eine solch geartete geografische Dichte an hervorragenden Lagen wie in Westhofen ist dann schon ein Zeichen dafür, dass der „Westhofener“ des Weinguts jetzt nicht die schlechteste Idee ist. Der „Westhofener“ also gehört für mich zu den Top-10-Riesling-Basisweinen in Deutschland. Ein ganz vorzüglicher Ortswein, sicherlich nicht günstig, der aber alles mitbringt, was man sich im „Basissegment“ so vorstellen kann. Die Trauben kommen ja aus besten Lagen. Handwerklich ist er sehr gut gemacht: Säurestruktur, Salzigkeit, Länge sind top. Das ist bei meinem 2020er im Glas alles angelegt, weil ich diesem Jungspung locker 10, 15 Jahre zutraue, in denen er noch viel besser wird.

Ich bin bei Riesling trocken-pfälzerisch sozialisiert. Die Spätburgunder-Ader wurde während meines Studiums in Freiburg gelegt, die Pfalz-Riesling-Linie ergab sich aus zahlreichen familiären Weintouren. Für mich kommt deshalb die Spitze der Ortsweine aus Ruppertsberg, Wachenheim oder Forst. Bevorzugt von Weingütern wie Bürklin-Wolf. Davon lagere ich Ortsweine im Keller ein – und da setze ich jetzt auch den Ort Westhofen auf die Karte. Fazit: Best Buy!

8. Weingut Arndt F. Werner

Die Wiege des bundesrepublikanischen Frühburgunders steht in Ingelheim

Der Wein: Ingelheimer Frühburgunder, Ortswein, trocken, 2019, momentan nur als Lagenwein Ingelheimer Lottenstück (24,80 Euro) erhältlich.

Ich liebe Frühburgunder. Die besten Frühburgunder habe ich vom Weingut J. J. Adeneuer von der Ahr getrunken, es gibt hier sogar einen Basis-Frühburgunder und obendrauf ein Großes Gewächs von der Lage „Sonnenberg“. Das ist großes Burgunder-Kino. Oder der Großkarlbacher Resérve-Frühburgunder vom Pfälzer Weingut Philipp Kuhn. Ahr, Pfalz – und Rheinhessen: Das sind flächentechnisch die Frühburgunder-Plätze 1 bis 3.

Rheinhessen spielt beim Frühburgunder sogar eine besondere Rolle – genauer gesagt: Ingelheim. In den 60ern war diese Mutation des Spätburgunder fast ausgestorben. 15 Hektar existierten noch. Doch Ingelheim hat sie wiedergeboren: Das Weingut Julius Wasem Rodensteiner Hof fungierte als Erhaltungszüchter, die Forschungsanstalt Geisenheim begann dann in den 70ern mit der systematischen Klonselektion und dem Aufbau. Der Frühburgunder des Weinguts Arndt F. Werner hat dieses typisch samtige dieser Rebsorte, er schmeckt nach Kirsche, hat leichte Rauchnoten. Der Frühburgunder wurde von der Organisation Slow Food in die „Arche des Geschmacks“ aufgenommen. Doch sie wird immer rarer, weil die Erträge oft sehr überschaubar sind. Also zugreifen. Fazit: Buy!

9. Weingut Bibo Runge

Trinken, nicht Desertieren! Ein guter alkoholfreier Schaumwein von Bibo Runge

Der Wein: Deserteur, Riesling alkoholfrei, trocken, 12:50 Euro.

Es gibt eine Parallele zwischen dem Rheingau-Wein-Special im WeinLetter #38 und diesem hier. In beiden chronologischen Abfolgen der zwölf Weine taucht ein alkoholfreier auf. Im Rheingau war es der „Eins. Zwei. Zero.“ des Weinguts Leitz. Er fiel unter die Kategorie „No Buy“, er war aber auch gleichzeitig der Anlass, warum ich mich mit dem Phänomen entalkoholisierte Weine und Schaumweine beschäftigte (WeinLetter #43) (Opens in a new window). Und auf diesen Vertreter gestoßen bin – den alkoholfreien Riesling-Blubber vom Weingut Bibo Runge. Es war der einzige Vertreter dieser Weinspezies, die mir schmeckte und annähernd schmeckte wie ein Riesling-Sekt. Fazit: Buy!

PS: Ich habe das Weingut Bibo Runge nach Rheinhessen versetzt! Es liegt tatsächlich aber in Oestrich-Winkel. Also im Rheingau. Sorry! Ich lasse ihn jetzt aber trotzdem drin. Man muss den Schaumwein dann eben in Mainz oder Westhofen trinken...

10. Weingut Battenfeld-Spanier

Frisch und kraftvoll: Alte Reben, im Holz ausgebaut, starker Riesling!

Der Wein: Riesling Réserve Alte Reben, trocken, 2016, 12 % vol. alc., ab Hof nicht erhältlich, liegt bei ca. 20 Euro im Netz.

Eine der großen Leistungen von Oliver Spanier ist, dass er mich wirklich dazu gebracht hat, regelmäßig Weißburgunder zu trinken (siehe oben). Ich mache mir nicht sonderlich viel aus dieser Rebsorte, doch sein Weingut Battenfeld-Spanier produziert einen Weißburgunder R (steht für Réserve), der auf der Feinhefe lagert und in gebrauchten Barriques aus Frankreich ausgebaut wird. Das Kennzeichen sind: Frische mit einer dezenten Holznote. Ich greife jetzt also häufiger zum Weißburgunder.

Aus dieser R-Serie ist mir über eine Zweitmarktbestellung der Riesling Réserve Alte Reben aus dem Hause Battenfeld-Spanier aus 2016 ins Glas gekommen. Auch hier ist die Holznote nur dezent vorhanden, aber für Struktur und Kraft verantwortlich. Sechs Jahre in der Flasche gereift, würde ich ihm noch mindestens weitere sechs Jahre geben. Er hat kaum Alterungserscheinungen, null Phenole zum Beispiel, nur der Honigschmelz ist darauf zurückzuführen. Das ist wirklich frisch – und kraftvoll. Fazit: Best Buy!

11. Weingut Juliane Eller

Der DB-Auburgunder von Juliane Eller fällt heute leider aus

Der Wein: Juwel. Grauburgunder, Gutswein, trocken, 2021, 12,5 % vol., 0,25 l Flasche, 7,90 Euro ab Deutsche Bahn.

Wenn man sich nach getaner Arbeit erst in den Regionalzug von Wiesbaden-Schierstein nach Frankfurt am Main begibt, dann weiter im ICE nach Berlin-Südkreuz fährt, hernach zwei Stunden mit nicht stabilem ICE-WLAN gearbeitet hat, dann ist die Schmerzgrenze nicht mehr so groß, wenn es um die Wein-Auswahl im ICE-Bordrestaurant geht. Die war, von den Namen her, ja gar nicht mal ohne: Ich erinnere mich noch an die 0.25-Liter-Abfüllungen „Gaudenz“ vom Weingut Knipser oder einen Spätburgunder von einer der besten Genossenschaften - Königschaffhausen-Kiechlinsberg.

Das Angebot von 2019 an besteht aus einem Riesling vom Weingut Leitz, einem Grauburgunder in der Juwel-Reihe von Juliane Eller, einer roten Württemberger Cuvée vom Weingut Christian Hirsch und einem trockenen Rotkäppchen-Sekt. Ich hatte den Grauburgunder – und war komplett enttäuscht. Ich tippte auf: über längere Zeit zu warm gelagert. Oder ist diese Spezial-Abfüllung einfach nicht gut? Er war äußerst matt, läpperte so vor sich hin. Mir fehlten Struktur und wenigstens ein paar typische Frucht- oder vegetative Noten (Birne, Rosinen, Paprika etc.). Um zu vergessen, stellte ich sofort ein Großes Gewächs Grauburgunder von Hans-Peter Wöhrwag in den Kühlschrank. Ist aus Stuttgart-Untertürkheim. Schade für Rheinhessen! Fazit: No Buy!

12. Weingut Fleischmann

Sieht gut aus, riecht gut, schmeckt gut!

Der Wein: Chardonnay „S“, trocken, 12,5 % vol. alc., 6,20 Euro ab Hof.

Nach dem Bahn-Flopp kommt mir als nächster "Rheinhesse" dieser Chardonnay gerade recht. Er ist vom Weingut Fleischmann – und auf der Flasche prangt der Goldene Preis der DLG (Deutsche Lebensmittelgesellschaft). Jetzt muss man wissen, dass DLG nicht das Gegenteil, aber doch ein großer Unterschied ist zu all dem Punkte-Prunk.

Geschmack, Geruch, Aussehen oder Konsistenz – das sind die DLG-Krieterien. Und Gold heißt: fehlerfrei in diesen Kategorien. Die Weine werden sogar im Labor untersucht. Was hier prämiert wird, ist also Handwerk. Und das gefällt mir, weil es eben auch eine Bodenständigkeit in dieser Landwirtschaftsbranche repräsentiert. Nicht jeder ist ein – Vorsicht, Namenswitz! – Künstler. Der Fleischmann-Chardonnay „S“ jedenfalls sieht gut aus, riecht und schmeckt gut. Nicht mehr, nicht weniger. Fazit: Best Buy unter 10 Euro!

Rheinhessen in Zahlen

27.159 Hektar aufgeteilt in die Bereiche Nierstein, Bingen und Wonnegau GRAFIK: DEUTSCHES WEININSTITUT

Die Geografie: Das Weinanbaugebiet Rheinhessen liegt südlich des deutlich kleineren Gebiets Rheingau. Es verläuft zwischen Mainz im Norden und Worms im Süden und besteht aus den drei Bereichen Nierstein, Bingen und Wonnegau.  

Die Rebfläche: Mit 27.159 Hektar ist Rheinhessen Deutschlands größtes Weinanbaugebiet. Die größten Weingemeinden in Rheinhessen sind Worms (1.644 Hektar), Westhofen (818 Hektar) und Nierstein (806 Hektar).

Der Rebspiegel: Die bestockte Rebfläche teilt sich auf in 73 Prozent Weißwein und 27 Prozent Rotwein. Riesling ist führend, aber nicht dominant. Rheinhessen verfügt über einen recht bunten Rebsorten-Mix. Hier ist das Ranking: 1. Riesling: 19 Prozent (5.156 Hektar), 2. Müller-Thurgau: 15 Prozent (3.953 Hektar), 3. Dornfelder: 12 Prozent (3.216 Hektar), 4. Grauer Burgunder: 8 Prozent (2.147 Hektar), 5. Silvaner: 7 Prozent (1.990 Hektar), 6. Spätburgunder: 5 Prozent (1.480 Hektar).

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