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Kogge. Eine Momentaufnahme 


Wir schreiben das Jahr 2018. Eine Zeichnerin feiert ihren Geburtstag in einer Bar, die ein Jahr später nicht mehr existieren wird. Es läuft "Dead Souls" von Joy Division … Im Hintergrund ein Kickertisch, abgedunkelter Druck mit dem Bild einer freizügigen Dame mir verklärtem Blick im Goldrahmen und andere Bargäste. Gedämmtes Licht. Die Stimmung ist laut, fröhlich, unbeschwert. 

Auf der Bar steht der legendäre überlebensgroße Flamingo, der singen kann, aber die Bar leider auch nicht retten wird. Dabei weiß man schon, dass es nicht mehr lange dauert. Über einer Tür hängt eine Zeittafel, die die Stunden bis zum Ende zählt.

Die Kogge in der Bernhard-Nocht-Straße war ein  beliebtes, belebendes Fleckchen Hamburgs. Ein Ort der Begegnungen und des Tischfußballs, etwas abseits des üblichen Trubels in St. Pauli. Gleichzeitig ein Hotel mit Kultstatus, in dem gern Bands auf ihrer Tour übernachteten. Dank der Kombination konnte man immer wieder Musiker aus allen möglichen Ländern treffen.

Noch vor der Pandemie hat die  Kogge ihren Schiffbruch erlitten. Gekapert von der Gier der Investoren und der Nachlässigkeit der Stadt … Ach Hamburg, manchmal bist Du so grausam. 

Geblieben sind nur Erinnerungen an die Nächte mit  Freunden, an den Flamingo und an die Indie-Fresse-Abende mit richtig  gutem Indie. An die tollen Sprüche auf dem Klo und an das Essen, das von  der Kombüse nebenan direkt an die Bar geliefert wurde. 

In  dieser Nacht habe ich auf dem Tresen Gäste mit einem Kugelschreiber auf  die schmalen Bestellzettel mit Jever-Werbung skizziert. Die Zeichnungen gibt es immer noch … irgendwo … vielleicht. Den Tresen nicht mehr.

Tschüß und bis nächste Woche

Julia Zeichenkind

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