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Dahme-Nordufer: Real-Labor für Wildau?

1. September 2023

Liebe Lesende,

wann ist es Zeit, sich Gedanken über die weitere Entwicklung des eigenen Ortes zu machen? Diese Frage stellte sich am Mittwoch bei einem Ideenworkshop zum Dahme-Nordufer im Wildauer Rathaus. Über dem Workshop hing das Damoklesschwert des Gerichtsverfahrens der Bauwert AG gegen die Wildauer Wohnungsbaugesellschaft (Wiwo) - das just am Mittwochmorgen vorsichtig positive Signale in Richtung Wiwo gesetzt hatte. Das Urteil wird am 20. September verkündet.

Bauwert hatte unter Berufung auf Vorverträge gegen die Wiwo als Vertragspartner geklagt, nachdem die Stadtverordneten im November das Bebauungsplan-Verfahren für ein großes Wohnprojekt des Investors am Dahme-Nordufer gestoppt (Öffnet in neuem Fenster) hatten und der Kauf von Grundstücken durch Bauwert infrage gestellt war. Wildaus Bürgermeister war nun bei der Verhandlung am Cottbuser Landgericht anwesend. Die Richter hatten sich nach seiner Einschätzung tendenziell zugunsten der Wiwo ausgesprochen. Die Urteilsverkündung wurde jedoch auf den 20. September vertagt, wie das Landgericht mitteilt. Wesentlichster Punkt war aus Sicht von Frank Nerlich die Tatsache, dass für einen Vormerkungsanspruch zum Kauf der Grundstücke ein Eigentumsübertragungsrecht vorliegen müsse. "Das ist hier offenbar nicht gegeben", so der Bürgermeister.

Der Workshop sei vor dem Gerichtstermin geplant worden, sagte Frank Nerlich. Eingeladen waren Stadtverordnete, Sachkundige Einwohner, weitere Fachleute aus Wirtschaft und Wissenschaft, der Jugend- und Seniorenbeirat, Vereinsvorsitzende sowie die Bürgermeister Jörg Jenoch und Sven Herzberger aus Nachbarkommunen Eichwalde und Zeuthen. Wichtig sei, so Frank Nerlich, "dass wir uns mit dem Grundstück Dahme-Nordufer auseinandersetzen", schließlich sei es eines der letzten Filetgrundstücke mit einer Größe von rund acht Hektar. "Da sollten wir nicht nur Unternehmern vertrauen, die gute Konzepte haben, die ihnen in den Kram passen", sagte er. "Wenn von beiden Seiten der Wille zur Entwicklung besteht, dann kann man das alles tun." Doch genau dies sei vonseiten der Stadtverordneten zuletzt nicht signalisiert worden. Nun gehe es darum zu überlegen, was auf so eine Fläche gehöre und was nicht. Der Workshop sollte als Auftakt verstanden werden, anschließend könnten sich die Bürger einbringen.

An sechs Thementischen konnten sich die Anwesenden mit ihren Ideen einbringen: Bildung, Wissenschaft, Wohnen, Wirtschaft, Tourismus und Sport. Zuvor gab es Impulsvorträge von Wilfried Kolb aus der Stadtplanung im Rathaus, der auf die Historie (Öffnet in neuem Fenster) des Grundstücks und des Bauwert-Projektes einging, sowie von Isabell Mayer vom Büro Mayer-Wittich, die Möglichkeiten der Prozessgestaltung beschrieb und Beispiele aus anderen Kommunen zeigte. Ideen gab es viele, am visionärsten waren jene vom Tisch Wissenschaft. Man müsse bei der Entwicklung des Gebietes die Technische Hochschule Wildau (TH) einbeziehen, sagte deren Präsidentin Ulrike Tippe. Neben dem Bedarf etwa an Hotels oder Kurz-Wohnmöglichkeiten für Veranstaltungen und Forschende der TH verwies sie auf den wachsenden Bedarf an seniorengerechten Wohnungen und Wohnplätzen für Studenten. Beides könne Hand in Hand gehen - und mithilfe der Forschungsergebnisse der TH könnten beispielsweise Modelle zum smarten Wohnen für eine möglichst lange Eigenständigkeit im Alter entwickelt werden. "Wir haben die Expertise dazu, quasi in einem Real-Labor gemeinsam mit den Menschen Dinge zu entwickeln", sagte sie.

Workshop zur Ideenfindung zum Dahme-Nordufer in Wildau. Foto: D.Ziemer

Allen Teilnehmenden war der Tenor gemein, dass unbedingt ein gemischtes Gebiet aus Wohnen, emissionsarmem Gewerbe, Freizeit, Bildung und mehr entstehen solle - das eine gemischte Alters- und Sozialstruktur hervorbringe. Einige Teilnehmer zogen eine schrittweise Entwicklung vor, so beispielsweise Wiwo-Chef Sven Schulze und TH-Präsidentin Ulrike Tippe. Dabei ließe sich durch den Verkauf von Teilflächen für kleinere Projekte die notwendige Sanierung der Altlasten teilweise finanzieren, so der Wiwo-Chef. "Wir können das aus eigener Kraft stemmen", sagte er. Ulrike Tippe verwies darauf, dass in Zeiten zahlreicher Krisen niemand wisse, was in fünf Jahren ist. "Da wäre es gut, agil vorzugehen: klein anfangen, mit den Betroffenen etwas entwickeln, Schritt für Schritt weitergehen."

Ronni Krzyzan vom Bürgerbündnis Wildau fand das "Ansinnen des Abends gut". Allerdings gehe es nicht nur um die Frage "Was wünsche ich mir?", sondern "Wie können wir das bezahlen?" und, angesichts des ausstehenden Gerichtsurteils, "Können wir da überhaupt etwas machen?" Ihr wie manch anderem erschien der Zeitpunkt der Ideensammlung verfrüht. Sven Herzberger zeigte sich als Bürgermeister der unmittelbar an das Dahme-Nordufer angrenzenden Gemeinde "glücklich über die Impulse, die es gab". Aus der Ferne betrachtet habe er sich in den vergangenen Monaten schon gefragt, ob nun gar nichts am Dahme-Nordufer passieren solle. "Es war interessant zu sehen, was die Wildauer wirklich meinen, was da entstehen soll", sagte er. Mark Scheiner, Stadtverordneter der CDU, fand: "Es war ein guter Anfang für die Zukunft, in der am Dahme-Nordufer etwas entsteht. Ds ist für die Wildauer und für umliegende Kommunen entscheidend.

Das Bürgerbündnis Wildau lädt am 15. September zum zweiten Bürgerstammtisch ein, auf dem das Thema Stadtentwicklung diskutiert wird. "Wir wollen schauen, welche Entwicklung für Wildau zeitgemäß ist", kündigt Ronni Krzyzan an. "Wir haben ja gehört, dass das Insek von 2013 ist, das müsste fortgeschrieben werden." In der Tat haben die Stadtverordneten im Mai den Bürgermeister beauftragt (Öffnet in neuem Fenster), die Möglichkeiten und den Aufwand einer Evaluierung und Fortschreibung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (Insek) zu prüfen. Eingeladen sind Wilfried Kolb aus der Stadtverwaltung, Isabell Mayer, deren Büro die Infrastrukturstudie der Stadt Wildau erstellt hat, der Stadtplaner Dogan Yurdakul sowie "für die Draufsicht auf Wildau", wie Ronni Krzyzan sagt, der Zeuthener Bürgermeister Sven Herzberger und die erste Beigeordnete des Landkreises Dahme-Spreewald Susanne Rieckhof. Dass es sich bei den letzteren beiden um zwei Kandidierende für das Amt des Landrates handelt, lässt die Einladung (Öffnet in neuem Fenster) unerwähnt.

+++ Wieviel Europa steckt in den Regionen? Diese Frage wird regelmäßig vor Europawahlen gestellt (am 9. Juni 2024 ist es wieder so weit (Öffnet in neuem Fenster)) - und hier (Öffnet in neuem Fenster) und da (Öffnet in neuem Fenster) beantwortet. Warum sich die Begeisterung vieler Bürger für die Europäische Union dennoch in Grenzen hält, wurde am Montagabend auf einer Podiumsdiskussion der Europa-Union Dahme-Spreewald diskutiert (Öffnet in neuem Fenster): "Wieviel Europa steck in LDS?"

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