Unerschöpflicher Redebedarf
2. Dezember 2022
Liebe Lesende,
manchmal ist Kommunalpolitik erwartbar und doch überraschend, und oft ist sie so kontrovers und vielschichtig, dass der Diskussionsbedarf nie erschöpft scheint. All das trifft auf den Beschluss der Stadtverordneten von Wildau gegen das Bauprojekt der Bauwert-AG am Dahme-Nordufer zu. Die Fraktionen SPD und CDU/FDP stimmten am Dienstag für die Aufhebung (Öffnet in neuem Fenster) des Aufstellungsbeschlusses, also jenes Beschlusses, mit dem ein Bebauungsplan-Verfahren startet.
Die Stadtverordneten haben sich damit gegen ein Projekt entschieden, um das seit Jahren gerungen (Öffnet in neuem Fenster) wurde. Genau das kritisierten Bürgermeister Frank Nerlich und Frank Vulpius (BfW/Grüne): So gehe man mit einem Investor nicht um. Thomas Wilde (SPD) erinnerte daran, dass es nicht die Stadtverordnetenversammlung war, "die den Investor eingeladen hat". Die gesamte Diskussion war von Auslassungen wie diesen geprägt: für jedes Argument ein Gegenargument. Das gilt selbst für die rechtliche Bewertung der Entscheidung. Nach den Konsequenzen des Beschlusses gefragt, sagte der Bürgermeister, dass dies ein "spekulativer Bereich" sei. Den Stadtverordneten lagen zur Entscheidung zwei sich widersprechende Rechtsanwaltsschreiben vor. Und ob die Umweltbehörde die Sanierung umgehend oder in näherer oder fernerer Zukunft anordnet, ist ebenfalls ungewiss.
Das Pro und Contra vereinte sich gar in manchem Stadtverordneten. "Als wir in der neuen Stadtverordnetenversammlung angetreten sind, waren wir zu fünft gegen die Bebauung des Dahme-Nordufers", erinnerte sich Frank Vulpius. "Es ist grotesk, dass ich nun hier sitze und mich gegen diesen Beschluss wende." Er verstehe nicht, "was auf dem Weg der letzten drei Jahre passiert ist" und warum es keine Abstimmungen mehr gab, dass das Projekt hätte fortgeführt werden können. Wie die meisten anderen Stadtverordneten wolle er jedoch nicht, sagte Frank Vulpius, "dass da in Größenordnungen gebaut wird". Das erwartete Einwohnerwachstum durch die Wohnbebauung am Dahme-Nordufer wurde in der Debatte immer wieder als Argument gegen das Projekt angeführt.
Insgesamt zeigte sich in der Debatte ein unterschiedliches Verständnis davon, wie die demokratische Meinungsbildung hätte funktionieren sollen.
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