Kann man zu viel Geld haben?
Ich habe mir in letzter Zeit häufiger Gedanken um Geld gemacht. Der Grund dafür war folgender: Ich hatte von jemandem aus so ungefähr meiner Branche gehört, der einen unglaublich lukrativen Deal abgeschlossen hatte. So einer, bei dem man sich eigentlich nie wieder finanzielle Sorgen machen muss. Fast schon zu viel Geld.
Und ich war ein bisschen neidisch. Nicht auf das viele Geld. Sondern eher, weil wir so ungefähr das Gleiche machen – ich aber einen solchen Deal leider nicht vorweisen kann. Es war kein Ergebnis-Neid sondern eher eine Art Vergleichs-Neid. So wie man jedem ein Segelboot gönnt, weil einem Segelboote eigentlich vollkommen egal sind – außer der Nachbar hat plötzlich eines!
Na ja. So ist es eben. Der hat halt einen sehr guten Deal gemacht. Kann ja bei mir noch werden, sagte ich mir. Trotzdem war es mir fast peinlich, wie häufig ich an diesen Deal dachte.
Und dann dachte ich mir, wenn ich schon so denke, denke ich doch lieber ein wenig über Geld nach.
Klar, zu wenig Geld zu haben ist nicht so schön. Arm zu sein erst recht nicht. Und die globalen Besitzverhältnisse, aber auch die aktuelle Situation in Deutschland verdienen noch mal einen eigenen Text. Hauptproblem: Wenige besitzen zu viel, zu viele besitzen zu wenig. „Finanztransaktionssteuer“ schlägt mein Hinterkopf wie so oft vor. Aber das ist wie gesagt ein ganz anderes Thema.
Aber mir ging noch etwas anderes durch den Kopf. Dazu muss ich ein wenig ausholen.
Mir geht es aktuell finanziell gut. Ich investiere in Wertpapiere, ich spende relativ häufig und ich zahle sogar in eine private Altersvorsorge ein.
Aber das war nicht immer so. Noch vor einigen Jahren hatte ich Schulden angehäuft. Studienkredit, Bafög, hier mal eine Kreditkarte zu viel, dort ein unüberlegter Kauf, ein Umzug … so etwas summiert sich schnell. Mittlerweile alles abbezahlt. Sogar die Fielmann-Brillenversicherung habe ich circa 6 Jahre nach meiner letzten Brille von Fielmann gekündigt. Nur die monatlichen 10 Euro an Unicef, die ich mir mit ungefähr 18 Jahren in der Bonner Innenstadt habe aufschwatzen lassen, laufen vermutlich bis zu meinem Lebensende weiter.
Das sind mittlerweile fast 3000 Euro. Hätte man auch Apple-Aktien von kaufen können. Long story short: Ich weiß so ungefähr, wie es ist, pleite zu sein.
📻 Hinweis Podcast
Falls euch das Thema interessiert: In Folge vier unseres Podcast „Außer Tresen nix gewesen“ (Öffnet in neuem Fenster) reden wir über das Thema „Geld“ und darüber, wie es ist, auch mal weniger davon zu haben. Hier der direkte Link zur Folge auf Spotify (Öffnet in neuem Fenster), oben der zu allen Plattformen.
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Doch wie gesagt, heute rollt der Rubel (darf man das überhaupt noch sagen?!). Aber ich besitze jetzt auch nicht endlos viel Geld.
Wenn ich mir wie Anfang Februar den Luxus erlaube, für 300 Euro in einem guten Hotel in der eigenen Stadt zu übernachten (um mal was anderes zu erleben), kann ich mir das leisten, merke die 300 Euro aber auch auf meinem Konto. Wenn ich allerdings 30 Euro im Edeka ausgebe, merke ich das zwar immer noch, weil ich nach den Pleite-Erfahrungen ein Haushaltsbuch führe, aber es macht mir nicht viel aus. Das ist angenehm.
Ich kaufe mir auch gerne etwas, bin aber auch da nicht verschwenderisch. Ich besitze zum Beispiel vier gute Mäntel. Das sind zwar im Grunde zwei zu viel – aber ich mag klassische Herrenmäntel sehr gerne. Es freut mich, für fast jeden Look den passenden Mantel zu besitzen. Außerdem trage ich kein Kleidungsstück häufiger als meine Wintermäntel. Und ich kann sie über Jahre, vielleicht auch Jahrzehnte tragen.
Das liegt auch daran, dass sie von guter Qualität sind. Keine Luxus-Fashion von Gucci oder Versace. Aber ordentlich. Eduard Dressler. Windsor. Kaschmir oder Schurwolle. Jeder dieser Mäntel kostet neu zwischen 500 und 750 Euro. Aber keinen einzigen habe ich meines Wissens für über 400 Euro erworben. Weil ich warte, bis sie im Sale sind, und dann erst zuschlage. Ich möchte keinen Mantel für 750 Euro. Aber ich möchte sehr gerne einen 700-Euro-Mantel für 350 Euro!
Schnäppchen bereiten mir Freude. Sogar, wenn ich 50 Cent auf Butter dank Lidl-Coupon spare. Die merke ich dann tatsächlich nicht mehr auf dem Konto, die werden noch nicht mal vom Haushaltsbuch erfasst. Macht mir trotzdem Spaß. Es bereitet mir auch Freude, mir einen Luxus wie die Hotelübernachtung oder ein richtig gutes Abendessen zu erlauben.
Doch ich denke, dass dieser Luxus nicht ständig stattfindet oder dass ich bei einem Mantel auf den Sale warte, sind ein Teil dieser Freude. Erst so wird es etwas Besonderes.
Luxus oder schöne Klamotten machen vermutlich mehr Spaß, wenn sie nicht unendlich und jederzeit problemlos verfügbar sind. Das ist vielleicht ein Vorteil daran, nicht unglaublich reich zu sein.
Wie viel Freude macht eine Übernachtung in einem großartigen Hotel, wenn es die hundertste Übernachtung des Jahres ist. Ob sich Jeff Bezos noch über eine Auster freut? Erwirbt Elon Musk seine Mäntel im Sale?
Selbst wenn! Egal, wie günstig Elon Musk seine Mäntel kauft, das Schnäppchengefühl wird bei mir größer sein als bei ihm, weil ich in Relation zu meinem Vermögen einfach mehr spare!
Ich vermute also, es kann auch einen großen Vorteil haben, sich nicht alles leisten zu können. Wenn man dann noch die Dinge, die man sich problemlos leisten kann, nicht als gegeben hinnimmt, sondern sich darüber freut, dass man zum Beispiel jeden Tag genug Geld für Essen, ein Glas Wein und ein Netflix-Abo hat, ist das schon mal keine allzu schlechte Gabelung auf dem Weg zur finanziellen Zufriedenheit.
In diesem Sinne freue ich mich tatsächlich häufig darüber, dass ich einfach so 30 Euro bei Edeka ausgeben kann. Und dank gleich vier guter Wintermäntel friere ich nicht einmal auf dem Weg dorthin. Und wenn doch, buche ich mir ein Zimmer im nächsten Hotel!
Auf den Deal des Kollegen bin ich trotzdem noch neidisch!
Peter
P.S.
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📻 Podcast
Nach dem Lesen ist vor dem Hören! Wir haben einen feinen, kleinen Podcast. Er heisst "Außer Tresen nix gewesen". Wir reden sehr persönlich aber nie bitterernst über die großen Themen des Lebens. Bisher gibt es sechs Folgen. Von Tod über Geld bis hin zu Zeitreisen und Aliens. Den Podcast könnt ihr hier hören! (Öffnet in neuem Fenster) Wir freuen uns über Abos und Bewertungen.
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Hamburg. Dienstag, 21. März.
Ich moderiere ich die Lesung »It’s okay not to be okay« – Warum das Thema »Mentale Gesundheit« uns alle angeht mit den Autorinnen Angelina Boerger und Eva Biringer. Mehr Infos hier (Öffnet in neuem Fenster).
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💻 Peter Wittkamp
Hier noch eine kleine Bio, die ich natürlich selbst geschrieben habe, aber in der dritten Person, damit es so aussieht, als würde jemand anderes Biographien über mich schreiben. Das ist leider noch nicht der Fall.
Peter Wittkamp, Jahrgang 1981, ist erster Autor und Gagschreiber der heute show online. Außerdem war er jahrelang Texter und Ideengeber der mehrfach preisgekrönten Kampagne #weilwirdichlieben der Berliner Verkehrsgesellschaft BVG. Ab und an schreibt er auch ein Buch. Zuletzt über seine Zwangsstörung mit dem Titel "Für mich soll es Neurosen regnen" (Öffnet in neuem Fenster)und den Desinformator (Öffnet in neuem Fenster).
Daneben berät er Unternehmen und Agenturen, wenn sie etwas Kreatives, Humorvolles oder Digitales machen möchten. Außerdem ist er als Vortragsredner buchbar.
Er twittert regelmäßig als @diktator (Öffnet in neuem Fenster), postet mittlerweile aber fast lieber auf Insta (Öffnet in neuem Fenster). Sein supersüßer Sohn hält ihn fälschlicherweise für den besten Papa der Welt. Außerdem ist der feine Herr jetzt NATÜRLICH auch noch Podcaster (Öffnet in neuem Fenster).
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