Zum Hauptinhalt springen

Das Leben in vollen Zügen genießen

Ich habe eine Schwester. Ich bin quasi vertraglich verpflichtet, sie ab und an zu besuchen. Im Ernst: Ich mag sie sehr gerne. Ihr einziger Nachteil: Sie wohnt auf dem Land in der Nähe von Coburg. Vorteil: Da fährt eine Bahn hin. Was natürlich zu folgendem Nachteil führt: Man muss mit der Bahn fahren, wenn man mit der Bahn dort hin fährt.

Aber ich besitze kein Auto und außer einer Taxifahrt Berlin-Coburg, von der der Fahrer vielleicht noch Jahre sprechen würde, habe ich keine andere Wahl als die Bahn. Gut, Mitfahrgelegenheiten und FlixBus gäbe es noch. Aber wenn ich unbedingt modrigen WG-Geruch riechen möchte, gehe ich einfach kurz rüber nach Friedrichshain. Apropos Friedrich! Merz könnte mich auch mit seinem Privat-Jet fliegen. Nachteil: Mit Friedrich Merz eine Stunde allein im Cockpit.

 Also Bahn!

Ich will auch gar nicht erst über die allseits bekannten Umstände und Ärgernisse einer Bahnreise schimpfen. BordBistro geschlossen, kein freier Sitzplatz, diese bescheuerten Gebühren für die Reservierung eines Platzes, ausgefallene Klimaanlagen, ruckliges Wlan und natürlich Verspätungen.

Gerade Verspätungen haben in meiner Wahrnehmung in den letzten Jahren extrem zugenommen. Man kann froh sein, dass die Durchsagen auf den Bahnhöfen mittlerweile von einem Computer zusammengebastelt werden. Es wäre keinem Mensch zuzumuten, den ganzen Tag diese traurigen Meldungen vorzulesen.

"ICE 603 – nach München – hat aufgrund einer Baustelle im Gleisverlauf – eine Verspätung von – vierzig Minuten." (Wir bitten um Entschuldigung, aber sie haben ohnehin keine Wahl, weil die Alternativen Taxi, WG-Geruch oder Friedrich Merz sind.)

Würde ein Mensch so etwas den ganzen Tag vorlesen müssen, der bräuchte jeden Abend Therapie.

Aber all diese Einschränkungen, von Internet auf dem Stand von 1996 (Soll ich's wirklich machen oder lass ich's lieber sein?) bis hin zu Verspätungen, ich kann sie alle tolerieren.

Der frühere Kanzler Helmut Schmidt hat einmal gesagt, die Bundesrepublik Deutschland könne sich nur eines von beidem leisten, entweder eine Bundeswehr oder eine Bundesbahn. Und irgendwie hat man sich beide so halb geleistet. Das merkt man bis heute. Bei beiden.

-------------- Werbung -------------

Heute nur Werbung für Werbung. ¯\_(ツ)_/¯

Wenn du möchtest, kannst du Werbung in diesem Newsletter buchen. Als Unternehmen oder Organisation oder sehr reiche und eitle Einzelperson kannst du den Newslettter auch sponsern. Schreibe für Infos und Preise dazu einfach an kontakt@peterwittkamp.de (Öffnet in neuem Fenster)

------------- Werbung Ende -----------

Aber meist funktioniert es für mich persönlich irgendwie. Zumindest bei der Bahn. Irgendwo ist fast immer noch ein Plätzchen frei, zur Not im BordBistro. Internet bekomme ich ganz gut übers Handy. Und was die Verspätungen angeht: Ich plane Bahnfahrten immer mit einem Puffer von circa zwei Stunden. Will ich um 18 Uhr ankommen, peile ich 16 Uhr an. Das funktioniert ziemlich gut. So bin ich auch mit 60 Minuten Verspätungen immer noch eine Stunde zu früh. Ich komme also mit vielem bei der Bahn insgesamt ganz okay klar.


ABER WAS MICH WIRKLICH AUFREGT SIND DIE PREISE! WER SOLL DAS DENN BEZAHLEN?

Wir sind mit zwei Erwachsenen zu meiner Schwester gereist. Eine einzelne Fahrt von Berlin nach Coburg kostet tagsüber 117,60 Euro pro Person. Für weniger als zweieinhalb Stunden. Man kann – warum auch immer  – auch eine Verbindung mit insgesamt vier Stunden wählen und dafür 135,10 Euro zahlen. Ist vielleicht teurer, weil man mehr Quality Time in der Bahn verbringen darf. Alles zweite Klasse natürlich. Von erster Klasse möchte ich gar nicht erst sprechen.

Aber gehen wir mal von der günstigsten Verbindung tagsüber aus: Wenn zwei Personen ohne Bahncard in der zweiten Klasse nach Coburg und von dort wieder zurückfahren möchten, macht das insgesamt 470,40 Euro!! Viel teurer wird das Taxi auch nicht sein. Selbst mit Bahncard 50, die ja auch erst mal 244 Euro pro Person kostet, sind es noch circa 235 Euro.

Selbst wenn Kinder bis 14 umsonst reisen: Das sind doch keine Preise, bei denen Familien das Auto stehen lassen. Das ist doch komplett unsexy. Für Menschen mit geringem Einkommen vermutlich auch überhaupt nicht mehr bezahlbar.  

Wie soll Deutschland denn klimafreundlicher werden, wenn zwei Personen für eine Reise nach Coburg insgesamt 470 Euro zahlen sollen? Ich habe gerade nachgeschaut: Morgen spontan nach Mallorca zu fliegen würde für zwei Personen hin und zurück zusammen 300 Euro kosten.

Palma ist also günstiger als Coburg! Ich denke, ich weiß, wie ich mich entscheiden würde. Nichts gegen Coburg und meine Schwester, aber Malle ist nur einmal im Jahr!

Mit der vorherrschenden Preisstruktur in einem der sinnvollsten und umweltfreundlichsten Fortbewegungsmittel werden wir doch niemals die Menschen dazu bewegen können, mehr Bahn zu fahren. Das wäre aber bitter nötig. Warum, muss ich hier nicht mehr erklären.

Aber wie könnte es anders aussehen? Mein Vorschlag wäre dieser!

Kurze Strecke: 10 Euro.
Lange Strecke: 25 Euro.
Kinder bis 18: umsonst.
Bahncards sind nicht mehr erhältlich, aber ein Deutschlandticket zählt wie eine heutige Bahncard 100.

Das alles finanziell vom Staat unterstützt! Klingt unmöglich?

Wir haben Corona bezahlt. Wir haben der Bundeswehr 100 Milliarden zusätzlich versprochen. Wir sind ein reiches Land. Wir schaffen das! Wir könnten zum Beispiel damit beginnen, Flug-Kerosin zu besteuern. Nur so als Idee. Und dann 5 Jahre nach dieser Preisreform einfach mal schauen, welche direkten und indirekten Kosten aus dem abnehmenden Automobilverkehr wegfallen.

Was hätte eine solche Reform für eine Strahlkraft auf andere Länder! Dem Klima wäre geholfen. Familien wäre geholfen. Ärmeren Menschen wäre geholfen.

Vielleicht sollten wir uns einfach mal was trauen!!

So, ich muss los. Packen für Palma!

Peter


Du liest diesen Newsletter gerne und möchtest ihn unterstützen? Cool!
Dazu gibt es zwei Möglichkeiten:

1. Die Kostenlose

Leite ihn an Freunde und Bekannte weiter, die sich über den Newsletter freuen könnten. Oder sage deinen Followern in sozialen Medien, dass du ihn gerne liest und empfehlen möchtest. Das hilft mir sehr und kostet dich nur ein bisschen Zeit.

Falls du den Newsletter weitergeleitet bekommen hast oder diesen Text im Netz gefunden hast, kannst du den Newsletter hier absolut kostenlos abonnieren.


2. Die Kostenpflichtige

Werde Unterstützer*in!
Grundsätzlich freue ich mich über jeden, der hier mitliest. Das bleibt dauerhaft absolut kostenlos. Aber wer etwas für diesen Newsletter zahlen kann und möchte, darf das herzlich gerne tun. Es gibt verschiedene Pakete. Beim teuersten kann man sogar mit mir Essen gehen.


🗓️ Termine

Nächster Newsletter: In zwei Wochen.
Zahnreinigung: Zwei mal am Tag!
Mallorca: Nur einmal im Jahr.

💻 Peter Wittkamp

Hier noch eine kleine Bio, die ich natürlich selbst geschrieben habe, aber in der dritten Person, damit es so aussieht, als würde jemand anderes Biographien über mich schreiben. Das ist leider noch nicht der Fall.

Peter Wittkamp, Jahrgang 1981, ist erster Autor und Gagschreiber der heute show online. Außerdem war er jahrelang Texter und Ideengeber der mehrfach preisgekrönten Kampagne #weilwirdichlieben der Berliner Verkehrsgesellschaft BVG.   Ab und an schreibt er auch ein Buch. Zuletzt über seine Zwangsstörung mit dem Titel "Für mich soll es Neurosen regnen" (Öffnet in neuem Fenster)und den Desinformator (Öffnet in neuem Fenster).   

Daneben berät er Unternehmen und Agenturen, wenn sie etwas Kreatives, Humorvolles oder Digitales machen möchten. Außerdem ist er als Vortragsredner buchbar.

Er twittert regelmäßig als @diktator (Öffnet in neuem Fenster), postet mittlerweile aber fast lieber auf Insta (Öffnet in neuem Fenster). Sein supersüßer Sohn hält ihn fälschlicherweise für den besten Papa der Welt. Außerdem ist der feine Herr jetzt NATÜRLICH auch noch Podcaster (Öffnet in neuem Fenster).

0 Kommentare

Möchtest du den ersten Kommentar schreiben?
Werde Mitglied von Wittkamp to go und starte die Unterhaltung.
Mitglied werden