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Guter Lastenrad ist teuer

Ich habe gestern ein Buch nahezu beendet. Na ja … eher ein Büchlein. Arbeit war es trotzdem. Diese Zeit hat mir gefehlt, um den Newsletter zu schreiben. Den ich eigentlich meist Donnerstag beginne, aber da war auch schon wieder irgendwas und abends auch noch Weihnachtsfeier. Freitagnachmittag habe ich dann noch einen Podcast für eine Seite aufgenommen, die sich mit der Zwangsstörung (Öffnet in neuem Fenster) befasst, so dass das Buch in den Abend rutschte und in die Kneipe musste ich natürlich auch noch.

Was ich sagen will: Es ist gerade relativ viel. Wie eigentlich immer im Dezember. Erst recht mit drei verschiedenen Jobs, mehreren Büchern, Podcast, Newsletter, einem nicht gerade inaktiven Instagram-Account (Öffnet in neuem Fenster) und Kind. 

Ich habe also wenig Zeit und bin auch fast schon wieder "auf dem Sprung", was eine sehr schöne Formulierung ist, wie mir gerade auffällt. Deshalb mache ich es mir heute etwas leichter. Ich veröffentliche einen Text, den ich schon mal im Tagesspiegel veröffentlicht (Öffnet in neuem Fenster) habe. Es ist ein ganz besonderer Text. Denn diese Kolumne sorgte dafür, dass ich zu Berlins bekanntestem Lastenrad-Hasser wurde. Was jeder Grundlage entbehrt!! Denn in der Kolumne geht es eigentlich um Vaterschaft und all die merkwürdigen Dinge, die man für sein Kind macht. Und nur beinahe in einem Nebensatz … aber lest selbst.

Gut, ich wäre nicht ich, wenn ich den damals beginnende Ärger mit der Lastenrad-Community nicht auch mit mehr oder weniger pointierten Spitzen weiter provoziert hätte.

Aber im Grunde bin ich komplett unschuldig!

Trotzdem möchte hier in aller Deutlichkeit sagen: Ein Lastenrad ist eine sehr gute Alternative zum Auto. Ich gönne es jedem. Viele meiner besten Freunde und sogar mein Bruder fahren eines. Es ist gesund, relativ umweltfreundlich und gerade für Eltern sehr praktisch. Und außerdem ist es ein ausgezeichnetes Verhütungsmittel. Denn mit Lastenradfahrer*innen will man nun wirklich keinen Sex haben. Die pflanzen sich nur untereinander fort, das aber anscheinend sehr erfolgreich, sonst bräuchten sie ja kein Lastenrad für Ann-Sophie, Finn-Maximilian und Dörte-Kopernika-Emma-Lena.

Langfristig natürlich schwierig mit einem so engen Gen-Pool. Na ja.

Hier der Text.

Ich bin Vater. Und obwohl meine Freundin oder vielmehr meine Ex-Freundin – aber das ist eine ganz andere Geschichte – sich deutlich mehr um das Kind kümmert – auch das ist eine andere Geschichte – kenne ich mich ein bisschen aus mit dem Kind.

Es gibt Tests im Internet, die zeigen sollen, wie wenig manche Väter über ihr Kind wissen. Aber ich schneide da relativ gut ab. Ich kenne die aktuelle Windelgröße und ich kenne ungefähr die Kleidergröße. Ich weiß sogar, wie mein Kind heißt und wann es geboren ist. Kein Scherz, so etwas in der Art wird da wirklich abgefragt.

Was sind das denn für Väter, die so etwas nicht wissen? „Mein Kind heißt Leon oder Luis, auf jeden Fall etwas mit L und ist ungefähr im Sommer oder Herbst 2017 geboren. Seine Kleidergröße ist klein und die Windelgröße liegt grob zwischen zwei und sechs.“ Na ja …

Ich auf jeden Fall komme generell ganz gut mit Kindern klar. Nicht nur mit meinem Sohn, eigentlich mit allen Kindern. Kinder mögen mich. Ich nehme die Welt nicht so ernst und begreife sie gleichzeitig als riesiges Wunder. Das gefällt denen. Denn genau so verhalten sie sich selbst. Ich mag außerdem lauter ungesunde Sachen, Dinosaurier und Zeichentrickfilme, dafür aber nicht Zähneputzen. Ich popele – wenn niemand hinsieht – in der Nase und finde Pupsen oft lustig.

Andere Erwachsene denken vielleicht, ich bin ein bisschen infantil, aber Kinder begreifen: Das ist einer von uns!

In meiner Vaterrolle habe ich auch kein Problem damit, mich komplett zum Affen zu machen. Eigentlich ist das sogar die wichtigste Sache, wenn man Kinder hat: Man sollte keine Problem damit haben, ständig peinliche, entwürdigende oder unangenehme Dinge zu tun. Das ist die halbe Miete der Puppenstube.

Ich putze breit verteilte Fäkalien vom Hintern und sogar aus den feinen Fältchen des Hodensacks. Ich lege mich widerwillig neben ihn, bis er endlich nach zwei Stunden eingeschlafen ist. Ich lese Bücher vor, die mich überhaupt nicht interessieren. Ist mir vollkommen egal, ob aus dieser Raupe mal ein Schmetterling wird, wenn sie nimmersatt Zeug in sich hereinstopft.

Ich habe akzeptiert, dass mein Kind gerne Duplosteine aus Kisten wirft, aber der umgekehrte Weg meist meine Aufgabe ist. Wenn er unbedingt das dreckige Lieblingsshirt anziehen will, ziehe ich es ihm eben an, obwohl andere Menschen im Restaurant sicher denken, ich wäre ein Rabenvater. Und natürlich mag der feine kleine Herr nur zwei Gemüsesorten: Pommes und Püree.

Okay, okay. Dann gibt es heute Abend eben Fritten mit Kartoffelstampf. Und zwei Eis zum Nachtisch. Und zum Einschlafen noch fünf mal diese unglaublich langweilige Geschichte von der Bimmelbahn Henriette, die nichts macht, außer doof in der Gegend herumzufahren. Ich hasse Henriette! Aber ich mache alles für meine persönliche kleine Raupe Nimmersatt.

DOCH EINE SACHE MACHE ICH NICHT! Da weigere ich mich. Diesen Luxus wird er nie erfahren. So kaputt bin ich noch nicht.

In Berlin sieht man immer mehr von diesen „praktischen“ Lastenrädern. Väter und Mütter packen ein bis drei Kinder meist im vorderen Teil des Fahrzeugs in eine Art Loge, in der die Kleinen dann durch die Stadt gefahren werden. Das ist sicher auch wirklich super praktisch. Aber da mache ich keinesfalls mit. Ich fahre schon ohnehin nicht gerne Fahrrad, und erst recht nicht werde ich mein Kind wie früher die Könige in einer Sänfte durch Neukölln kutschieren.

Ein Lastenrad ist für mich die letzte Kapitulation vor dem Kind. Man macht doch ohnehin schon so ziemlich alles, was es will, und dann soll man ihn noch in einer überdimensionierten Kiste am Landwehrkanal entlang hofieren? Während man selbst schwitzt und bestimmt überall anstößt? Nicht mit mir!

Der soll laufen. Oder schnell seinen Führerschein machen. Oder sich ein Taxi nehmen. Wobei da natürlich fraglich ist, woher er als Dreijähriger das Geld dafür bekommt. Muss er sich halt einen Job suchen. Vielleicht benötigt ein Berliner Unternehmen gerade dringend jemanden, der sehr gut Duplo aus Kisten schmeißen kann.


In Liebe für alle Menschen und Lastenradfahrer*nnen

Peter

P.S.
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P.P.S.
Ich habe jetzt einen Podcast. Er ist sehr gut. Hört gerne rein (Öffnet in neuem Fenster). Erste Folge: Dating. Zweite Folge: Tod.


Über mich:
Hier noch eine kleine Bio, die ich natürlich selbst geschrieben habe, aber in der dritten Person, damit es so aussieht, als würde jemand anderes Biographien über mich schreiben. Das ist leider noch nicht der Fall.

Peter Wittkamp, Jahrgang 1981, ist erster Autor und Gagschreiber der heute show online. Außerdem war er jahrelang Texter und Ideengeber der mehrfach preisgekrönten Kampagne #weilwirdichlieben der Berliner Verkehrsgesellschaft BVG.

Ab und an schreibt er auch ein Buch. Zuletzt über seine Zwangsstörung mit dem Titel "Für mich soll es Neurosen regnen" (Öffnet in neuem Fenster)und den Desinformator (Öffnet in neuem Fenster). Daneben berät er Unternehmen und Agenturen, wenn sie etwas Kreatives, Humorvolles oder Digitales machen möchten. Oder alles zusammen.   

Er twittert regelmäßig als
@diktator (Öffnet in neuem Fenster), postet mittlerweile aber fast lieber auf Insta (Öffnet in neuem Fenster) und sein supersüßer Sohn hält ihn fälschlicherweise für den besten Papa der Welt.

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